Stundenlang machte ich mir Gedanken.
Was wenn Jamila wirklich noch da war? Wenn sie gar nicht tot ist? Was wenn die versucht haben, sie wieder zu beleben? Dieser Ort ist mir noch immer unheimlich, wer weiß was hier überhaupt vorgeht. Immerhin ist Lilith auch ein fehlgeschlagenes Experiment.
Sie hat es als eine der wenigsten geschafft, überhaupt alt genug zu werden, um ein eigenes aktives Gewissen zu entwickeln. Irgendetwas davon hatte sie mir doch auch erzählt? Und im Unterricht war das auch mal ein Thema.
Damals, bevor das hier zu einer Klinik, mit einem schulischen Zweig, wurde, war das hier ein Laboratorium. Lilith's leibliche Mutter war eines der Testobjekte, sie hätte gar nicht leben dürfen, doch das tat sie schlussendlich. Und dann entstand Lilith aus ihr und... was auch immer in sie eingepflanzt wurde.
Ich hätte besser aufpassen müssen, jetzt interessiert es mich doch, da ich Lilith nun persönlich kenne.
Nach einer weiteren langen Weile der Ruhe, in der ich Lilith's Atem zuhörte, war ich schlussendlich doch eingeschlafen. Wenn auch nicht für lange.
Durch das Klingeln eines Weckers wurde ich auch wieder wach. Ungewohnt. Normalerweise weckt mich die laute, klare Stimme von James, oder das Licht das er an macht, wenn er mich "sanft" wecken möchte.
Ein leises Knurren erklingt neben mir, welchem ich ein genauso unglückliches "Guten Morgen" schenke und mich strecke.
"Gut geschlafen?", frage ich.
"Mmh."
"Müde?"
Lilith hebt den Kopf abrupt an und guckt mich mit zerzausten Haaren vorm Gesicht an, als hätte ich die dümmste Frage gestellt die sie je gehört hat.
"Wie spät ist es?"
"6 Uhr dreißig", antwortet sie, das Gesicht wieder im Kissen vergraben.
"Es ist kalt", fügt sie kurz darauf hinzu. "Dann komm her." Mit diesen Worten hebe ich meinen Arm, um ihn um sie zu legen, wenn sie sich entsprechend hinlegt. Abgesehen davon, dass es viel zu früh ist, steigt wieder Nervosität in mir auf, die mich wünschen lassen, einfach wieder zu schlafen. Sie hebt den Kopf an und dreht sich zu mir, um den Arm um meine Taille zu werfen. Aber nicht, ohne nochmal die Decke etwas höher zu ziehen.
Wieder dieses Schweigen.
Ich mag es zwar, wenn es ruhig ist. Ich hasse es aber, wenn es ein peinliches Schweigen ist oder ein schweigen, dass einen zum Nachdenken bringen kann.
Es vergeht nicht viel Zeit, bis der nächste Wecker ertönt, woraufhin ich von Lilith's Seite aus ein lautes, unerfreutes Schnaufen höre. Eine gute Minute später setzt sie sich neben mir auf und streckt die Arme: "Ich will nicht", sind ihre einzigen Worte darauf.
Ich schenke ihrem Wecker einen kurzen Blick und bin genauso unglücklich wie Lilith - Es ist bald Frühstückszeit und das bedeutet, wieder bei einer riesigen Gruppenversammlung der Irren ums Essen kämpfen. Zumindest, wenn die Idioten wieder dabei sind.
"Ich geh kurz ins Bad", erwähnt Lilith bevor sie müde in dieses taumelt, und kurz darauf mit einer Zahnbürste im Mund und einer Haarbürste in der Hand wieder heraus.
Dieses Bild bringt mich zum schmunzeln: "Nicht, dass sich noch jemand in dich verliebt."
"Ha, ha." Ein frisches Shirt aus der Kommode gepackt, geht sie schon wieder zurück ins Bad und schließt die Tür hinter sich.
Ein komisches Gefühl, so neben einer Frau aufzuwachen und dann in ihrem Bett zu liegen, während sie im Bad ist. Ist es das, was man in einer Beziehung normalerweise hat? Natürlich ist es das, was man in einer Beziehung normalerweise hat, wie soll das denn sonst laufen, Joey?
Plötzlich tauchen Kopfschmerzen auf, ich halte mir mit einer Hand den Hinterkopf fest, wo es gerade so schrecklich schmerzt, und ein lautes fiepen ertönt. Wieso jetzt schon wieder? Ich hatte das seit Wochen nicht mehr, kann das nicht warten? Mist, dann muss ich schon wieder nach unten ins Labor. Ach Fuck, Labor, ich wollte noch Scy vor dem Frühstück antreffen.
"Lilith?", rufe ich während ich aus dem Bett steige und zur Badezimmertür gehe, um sie besser zu hören.
"Waaas?", singt sie zurück.
"Ich geh noch kurz in mein Zimmer, wir sehen uns beim Frühstück."
"Ok."
"Dann bis gleich?" - "Bis gleich."
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PSYCHOCALL || Horror/ Mystery || Nathaniel B. Black
Horror"Auf der vorgegebenen Skala von 1 bis 4, für wie gefährlich schätzen Sie mich ein?" - "Mein Lieber, du bist eine 5." ----- "An jenem Tag eröffnete Sir Vladimir Mogk eine Einrichtung, auf dessen Grund ihr nun steht. Ursprünglich war dies eine gewöhnl...