Die seltsamen Wege unserer Liebe ↠ zum Ende

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Und beinahe hätten heute nun sieben Worte dieses Wiedersehen, mein Leben und meine liebsten Erinnerungen zerstört.
Denn als ich dich in dem kleinen Laden der Stadt wiedersah, in welchem ich nun arbeitete, hatte es mir nur kurz die Sprache verschlagen, bevor ich dich ganz wie selbstverständlich in freudiger Erwartung und aufkeimenden Erinnerungen schwelgend angesprochen hatte.
„Hey Nathan, schön dich zu sehen", hatte ich gesagt. „Darf ich kurz mit dir sprechen?" Du hattest mich verwirrt angesehen, nicktest jedoch stumm. Also nahm ich all den Mut zusammen, denn ich in all den Jahren zuvor nie hatte aufbringen können, nicht mal in dem einen, ganz besonderen, als wir täglich denselben Weg gingen, was stellvertretend für unser weiteres Leben hätte stehen können, glaubte man meiner inneren Romantikerin, die selbst nach all der Zeit keine Ruhe gefunden hatte.

Ich gestand mir meine damalige Schwärmereien für dich erneut vor mir, doch diesmal mit dem entscheidenden Unterschied, dass ich sie auch dir gegenüber eingestand. Es war ein aufregendes Gefühl, welches mich ganz erregt hatte. Innerlich aufgewühlt und unter Gänsehaut ließ ich die Worte nur so aus meinem Mund purzeln, erinnerte an die vielen lustigen, verrückten, schönen und freudigen Momente unserer gemeinsamen Schulwegzeit und brachte endlich die entscheidenden Worte heraus.

„Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt und auch wenn ich es dir zu der Zeit nie sagen konnte, so will ich es doch nicht so zwischen uns stehen lassen." Du schautest mich weiterhin nur stumm an, dein Blick war nicht zu deuten. Hatte ich doch bereits zuvor geglaubt, nervös zu sein, wurde ich es da erst so richtig.
Unsicher, was ich noch sagen sollte, ohne die Wirkung der Worte vollends zu zerstören, die durch die folgende Stille bereits erdrückt schienen, wagte ich mich nur langsam mit einem „Nathan?" aus dem Schweigen hervor. Ich wusste selbst, wie unkreativ und einfallslos diese Frage daher kam, wusste allerdings im Gegenzug auch nichts wirklich besseres. Ich war dem Zweifel schon nahe, da machtest du endlich auch den Mund auf.

Zuerst war ich erleichtert, doch das, was dann folgen sollte, gab mir den Rest und ließ dem aufkeimendem Zweifel seinen freien Lauf, um sich zu entfalten. „Aber ich habe dich nie zuvor gesehen."
Das waren also die sieben Worte gewesen, welche mir fast den Glauben an die Liebe und an die schönste Zeit meiner Jugend nahmen.

In diesem Moment war es beinahe, als hätte ich verlernt zu atmen. Die Schockstarre löste sich selbst dann noch nicht, als du mir plötzlich mit diesem schiefen Lächeln vorsichtig näher kamst, welches dich wieder wie den Jungen wirken ließ, in den ich mich vor fünf Jahren verliebt hatte. Und während sich unsere Lippen fanden, gab ich mir wirklich jede erdenkliche Mühe, nicht in die Knie einzusinken.
Du hattest mein Leben für einen Moment beinahe am Boden zerstört, doch warst auch du es der, nur wenige Wimpernschläge später, genau dieses wieder zusammengekratzt, vom Boden aufgehoben und all meine heimlichen Hoffnungen und Träume hatte wahr werden lassen.
In diesem Augenblick fühlte es fast so an, als wäre ich in meiner ganz eigenen Liebesgeschichte.

Und nun sitzt du lachend neben mir, während ich das hier aufschreibe, festhalte, für irgendwann einmal, vielleicht für schwerere Zeiten, um uns dann wieder daran zu erinnern.
Deinen kleinen Spaß habe ich dir natürlich längst verziehen, auch wenn ich mich dazu entschlossen habe, dich diesbezüglich noch etwas länger zappeln zu lassen. Aber mal ehrlich, nach all den Jahren, die es gebraucht hat, damit wir unsere Gefühle zueinander offenlegen, dürfte das jetzt auch keine allzu große Rolle mehr spielen. Für einen kurzen Moment hattest du mich glauben lassen, dass meine Wahrnehmung fernab der Realität gelegen hatte, als ich von der festen Überzeugung ausging, dass wir beide die Zeit und unsere gemeinsamen Wege nie vergessen würden. 
Doch war es letztendlich nicht mehr, als der Anflug jugendlichen Leichtsinns gewesen, der dich dazu verleitet hatte. Desselben jugendlichen Leichtsinns, der auch das Fundament gewesen war, auf welchem unsere seltsamen Wege zur Liebe begonnen hatten und des jugendlichen Leichtsinns, der auch immer das bleiben würde, dass mich und dich verband, selbst wenn wir älter werden würden.

Denn die Liebe war der Zeitgeist der Jugend, der Geschmack des Lernens, das Ergebnis des Muts und der Höhepunkt menschlichen Zusammentreffens - und so lernten wir den Mut zu schätzen, den Menschen anzunehmen und die schwere Leichtigkeit der Jugend zu verstehen. 

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