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Namjoon

„Ich weiß noch genau, als ich ihn das erste Mal gesehen habe. Es war auf dem Campus und er hat sich orientierungslos umgesehen, er hatte keine Ahnung wo er hinmusste. Er war doch gerade erst hergezogen."

Schwärmend starre ich die Decke der Bar an und drehe langsam mein Glas in den Händen.

Der Barkeeper nickt nur nachdenklich und bedient weiter die Gäste.

Ich weiß, dass er mir wahrscheinlich nicht so richtig zuhört, aber ich brauche jemanden zum Reden.
Es ist jetzt schon über ein halbes Jahr her, dass Jin einfach weggegangen ist.

Und die gemeinsame Zeit, die ich mit ihm hatte, fühlt sich auf einmal noch viel wertvoller an.

„Er hatte immer so ein Faible für dieses eine Müsli, welches so schrecklich ungesund ist. Aber ich habe es ihm trotzdem immer gekauft."

Ich lege überlegend meinen Kopf in meine Hände.
„Wenn ich ihm mehr Müsli gegeben hätte, wäre er dann wohl bei mir geblieben?"

Der Barkeeper seufzt leise und schiebt mir ein Glas mit klarer Flüssigkeit entgegen.
„Trinken Sie ein bisschen Wasser. Geht aufs Haus."

Ich muss bei seinem Witz schwach Lächeln, aber schüttele trotzdem nur langsam den Kopf.
„Ich bin nicht betrunken. Ich bin einfach nur traurig."

Ich ernte ein mitleidiges Lächeln, ehe der Barkeeper weiter seine Gäste bedient. Schluck für Schluck leere ich mein anderes Glas, ziemlich sicher das ohne Wasser, und spüre, wie mir die brennende Flüssigkeit im Magen landet. Vielleicht hätte ich etwas essen sollen.

„Wenn Sie einen Tipp von mir wollen: Kein Mann der Welt ist es wert, dass so lange um ihn getrauert wird."
Der Barkeeper lächelt mich an.
Ich schüttele den Kopf.

„Jin ist es tausendmal wert. Jede einzelne Träne."

VodkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt