Ich wusste nicht, ob ich schon rein gehen, oder ob ich lieber draußen auf Houston warten sollte.
Mein Kleid flatterte im Wind und durch den Schlitz an den Beinen, kam die Kälte bis hoch an den Unterleib gekrochen.
Meine Güte, wir haben Oktober, nicht Dezember. Wie kann es schon so kalt sein.
Gerade als ich mich dazu entschlossen hatte, drinnen auf mein Date zu warten, wurde ich von hinten an der Schulter an gestupst.
"Isa?"
Ich drehte mich um und hatte erst einmal eine von einem weißen Hemd bedeckte Brust vor mir. Erschrocken von der plötzlichen Nähe wich ich einen Schritt zurück und verhedderte mich prompt in meinem bodenlangen Kleid, stieß dabei gegen den Stuhl hinter mir, der daraufhin scheppernd zu Boden fiel. Beinahe wäre ich ihm mit dem Hintern voraus gefolgt, hätte mich nicht eine starke Hand davor bewahrt.
"Nicht so hastig", vernahm ich eine Stimme, die mich leicht erregte. Houston. Ich nahm einfach mal an, dass mein gut aussehender Retter, der nebenbei bemerkt meinen Namen kannte, mein heutiges Date war.
Er hielt immer noch meine Hand, hatte mich aber in der Zwischenzeit zu sich gezogen und seinen anderen Arm um meine Taille gelegt.
Deutlich spürte ich die Wärme, die von ihm ausging und nahm den angenehmen Geruch von Männerdeo wahr. Für einen kurzen Moment gab ich mich meinen weiblichen Hormonen hin, die mich dazu bewegten, mich noch ein wenig näher zu ihm zu beugen, um an ihm zu schnüffeln, wie ein Hund beim Zeitunglesen.
Der Gedanke daran warf mich zurück in die Gegenwart, wo ich mich abrupt von meinem Gegenüber los riss."Hallo, ich bin Isa." Oh man, Isa. Geht's noch langweiliger?, schalt ich mich selber.
Mit seinen haselnussbraunen Augen blickte er mich einen Augenblick lang verwirrt an, blinzelte ein paar Mal und lächelte dann freundlich. Die Wärme, die ich gerade noch körperlich gespürt hatte, fand ich jetzt in Houstons Augen wieder.
Er war schon ganz ansehnlich, mit seinen braunen Haaren, die oben länger gewachsen waren, als an den Seiten. Haare, durch die ich nur zu gerne mit meinen Fingern durchfahren wöllte."Hey, ich bin Houston. Freut mich dich kennen zu lernen." Seine samtene, tiefe Stimme überzog meinen Körper mit Gänsehaut und ich stellte mir vor, wie diese Stimme mich dazu brachte laut schreiend zu kommen.
"Gleichfalls. Dann lass uns mal rein gehen, bevor ich noch mehr flachlege." Kaum ausgesprochen, wollte ich die Worte auch schon wieder zurück nehmen.
Und Houston ließ das Fettnäpfchen, in welches ich getreten war, natürlich nicht unbemerkt, sondern nutzte es als Steilvorlage für: "Wir können auch gleich zu mir gehen, wenn du noch was flachlegen willst, Baby."
Haha, witzig, du Witzbold.
Aber ein Blick in sein schmunzelndes Gesicht zeigte mir, dass er mich nur auf ziehen wollte."Damit warten wir noch bis zum zweiten Date, Baby", zwinkerte ich ihm zu und zog mich damit gekonnt aus der Affäre.
"Das nehm ich wörtlich", antwortete er schelmisch und geleitete mich hinein ins Restaurant.
Irrte ich mich oder flirteten wir hier gerade? Aber ehrlich gesagt, hatte ich das kleine Geplänkel gerade sehr genossen.
_ _ _ _ _"Dein Po vibriert." Grinsend zog Houston eine Augenbraue hoch, so als wolle er sagen, wie unanständig ich doch sei. Da ich ein Kleid an hatte, lag es unter meinem Oberschenkel auf dem Stuhl.
"Willst du nicht ran gehen?", fragte er, als ich immer noch keine Anstalten gemacht hatte, um den Anruf entgegenzunehmen.
"Nein, ich bin hier. Mit dir. Da muss ich nicht ans Handy gehen."
Lächelnd wollte er über den Tisch hinweg, worauf das mittlerweile bestellte Essen stand, nach meiner Hand greifen, als mein Handy erneut vibrierte.Erst lang, dann einmal kurz.
Seufzend zog der bestaussehende Mann in der Umgebung seine Hand wieder zurück und ließ mich selbst ebenfalls aufseufzen.
Jetzt erst bemerkte ich, wie sehr ich mich auf diese Berührung gefreut hatte.
Kopfschüttelnd holte ich mein Handy hervor und wollte sehen, wer mich an meinem freien Abend störte.Rafael hatte zweimal versucht mich anzurufen, mir dann letztendlich nur eine Nachricht geschickt.
Verwirrt, von ihm zu hören, öffnete ich die Nachricht.
Rafael achtete meine freien Stunden und gab mir nur zu meinen Arbeitsstunden die Kundendaten durch.
Sorry Isa, dass ich dich störe, aber dein neuer Kunde ist wichtig und muss dringendst erledigt werden.Komisch, mal schauen, welachen besonderen Kauz ich bekomme.
Gerade kam noch eine Nachricht rein. Wahrscheinlich war es die mit den Daten, also öffnete ich sie und fluchte.Ein Räuspern ließ mich den Kopf heben und sah in das fragende Gesicht von Houston.
Schnell ließ ich das Handy sinken und fuhr mir rasch durchs Haar. Eine Angewohnheit, wenn ich nicht weiter wusste, die meine Haare zusehends verunstalteten."Alles gut", versuchte ich ihm und mir wahrscheinlich auch die Unsicherheit zu nehmen. Er merkte mir aber an, dass der Inhalt der Nachricht mich aufgewühlt hatte.
"Wir können das Essen einpacken lassen und zu mir gehen, oder ich fahre dich nach Hause."
Vermutlich dachte er, wenn er mich zu sich einlade, könne ich mich von dem soeben Erfahrenen ablenken, dabei wäre das so ziemlich das letzte, was helfen würde.Meine Gedanken schwirrten in Windeseile in meinen Kopf herum und ich musste schnell eine Antwort finden.
"Ich komm mit zu dir?" Ich fuhr mir wieder durch die Haare und packte mit der anderen Hand mein Handy fester.
Wenn mich das mal nicht in Teufels Küche bringt.
Houston nickte, war sich anscheinend aber nicht sicher, ob das die richtige Entscheidung war, da ich scheinbar fragend drein blickte.
Um meinen Entschluss zu bestätigen, stand ich auf und sagt:
"Geh du und lass das leckere Essen einpacken. Ich warte draußen auf dich." Gezwungen lächelte ich und trat hinaus in die Oktoberkälte.
"Verdammt, verdammt, verdammt", murmelte ich vor mich hin, als ich alleine auf dem Gehweg kleine Kreise lief, um einen klaren Gedanken zu fassen.
Dabei hatte ich mich so auf dieses Date gefreut und gedacht, dass daraus vielleicht doch mehr werden hatte können, aber dann kam diese beschissene Nachricht.
Houston Rodriguez
26 Jahre, Oakbay 34
Geht oft in "die Bar"
Weitere Daten bekommst du am Montag, aber schau ihn dir schon mal an.Da hast du mir aber was eingebrockt, Rafael, dachte ich bitter, als mich mein Kunde mit dem Essen in der Hand zu seinem Auto führte.
Während ich Houston dabei betrachtete, wie er vorne um das Auto herum lief, um auf der Fahrerseite einzusteigen, hoffte ich in der Stille, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
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Houston
General FictionIch liebte. Ich vertraute. Ich vergaß. Ein Fehler, der niemals hätte passieren dürfen. Er kostete mich meinen Job, mein Herz und beinahe mein Leben. Tipp fürs nächste Mal: Vergiss niemals, wer du bist!