Kapitel 3

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Mist, war sein erster Gedanke, ehe er sich so schnell er könnte verdrückte. Fuoco riss die Tür auf und stürmte raus, doch der Waldgeist ließ nicht zu, dass er ein so einfaches Spiel mit ihm hatte.
Der laute Lärm hinter dem Jungen verdeutlichte ihm auf eine Weise, die ihm lieber erstarrt geblieben wäre, dass nur wenige Meter fehlten, ehe er der Armeise folgen würde. Eine grausame Aussicht, die ihn noch schneller rennen ließ. Zum wiederholten Male an diesem Tag verfluchte er menschliche Fortbewegungsmittel. Wofür waren Beinchen wie diese gut? Kämpfen - man endet auf dem Boden, Rennen - man ist langsamer als ein verdammter Waldgeist auf Stöckchen, Klettern - vorher erwischt der einen, Laufen - tut nach einer Weile einfach weh.  So mehr Zeit er damit verbrachte umso mehr war er sich sicher, sie hatten keinen Nutzen, außer euch möglichst schnell wieder von der Welt verschwinden zu lassen.
Keuchend erreichte er schon bald den Waldrand, doch eine Pause erlaubte er sich nicht. Der schottrige geschwungende Pfad, welcher sich nun in großen Bögen durch ein Weizenfeld schlängelte, dessen Halme von einem Windhauch in glänzende goldene Wellen verwandelt wurden, wirbelte Staub auf und brachte seine Lungen zum brennen.
Nach wenigen weiteren Schritten stolperte Fuoco und fiel mit dem Gesicht auf den Boden, wo seine Nase sofort zu schmerzen begann. Einige Bluttropfen waren unter ihm auf dem Boden zu sehen. Ein Weiterer, noch einer.
Nass und warm fühlten sich seine tastenden Finger an, Blut benetzte ihre Spitzen, mehr als ein Wimmern konnte er sich nicht leisten, denn hinter ihm könnte er ein Brüllen hören.
"Naturfreund!"
Nun von rasender Wut, blutender rasender Wut erfasst richtete er sich wieder auf. "Deinet wegen ist mein Anlitz verunstaltet!"
Der Waldgeist sah nicht so aus als würde ihn das interessieren. Sekunden nachdem er sich noch über Nasenbluten beschwert hatte, musste er vor einem messerscharfen Tentakel ins Feld ausweichen. Es folgte schon ein nächster, der nur knapp sein Gesicht verfehlte und ihm so einen neuen Haarschnitt verpasste. Der einzelne Stein im Gesicht des Geistes sah ihn, so weit das möglich war, tödlich an.
Ihm war es ein Rätsel. Immer wollte ihn jeder töten wenn er so schwach war. Warum wusste er nicht, schließlich zeugte er denen, die es verdient hatten, den nötigen Respekt. Menschen, abstoßende missglückte Werke des Lebens, zählten selbstverständlich nicht auf diese kleine Liste. Seeschlangen, Riesen, Elfen und Einhörner, diese Wesen glänzten vor Stärke und Magie.
Waldgeister ab heute nicht mehr -
Er weichte wieder einem Angriff aus, ehe der Mann sich aufrappelte und erneut losrennen wollte.

"Ähm...was?" Direkt vor ihm stand ein kleines pumliges Wesen auf zwei Beinen, dessen Waschbärnase sich knapp vor Fuocos Knien befand.
Es schnupperte, zuckte mit den Pfoten und stürzte sich anschließend auf ihn. Es stürzte sich auf ihn, alias kuschelte sich an sein Bein. Angewidert wurde das Tier von ihm wieder weggetreten. Das Ding hatte sehr wahrscheinlich Flöhe oder noch schlimmer, Tollwut.
Der Waschbär sah ihn traurig an und krabbelte vorsichtig wieder zu ihm. "Vergiss es! Bleib weg!", knurrte der Drache und hob drohend wieder den Fuß "Da lass ich mich ja lieber von meinem besonders wortgewandtem Freund zerschneiden!"
Als er auf seinen Verfolger zeigen wollte, musste er verwundert dessen Verschwinden feststellen. Leider blieb ihm nicht viel Zeit um darüber nachzugrübeln. Ein stechender Schmerz durchzog plötzlich seinen Hinterkopf und alles verschwomm.
Er viel nicht in Ohnmacht, er war ja kein Schwächling, doch als mehrere ein Meter große Wesen aus allen Richtungen des Feldes auf ihn zukamen, fand er das so langweilig, dass er kurz die Augen schloss und sich auf den Boden legte.
Er wurde nicht Ohnmächtig!

Knock bumm bumm...
Knock bumm bumm...
"Wa..." Knock bumm bumm . Er wurde von dem Rhythmus aus dem Schlaf gerissen "Was soll der Krach?!"
Knock bumm bumm
"Fresse!"
Um ihn herum war ein kleiner Wald und durch die Stämme konnte er das Feld sehen, welches in der Abendsonne leuchtete. Es sah aus wie flüssiges Gold, das sich bis zum Horizont erstreckte, wo die rötliche Sonne sich ihm entgegenstreckte.
Die Blätter der Bäume funkelten in allen Farben des Herbstes, fichtengrün, apfelrot, rostbraun, maisgelb...
Nun erkannte er auch woher das Geräusch kam. Unzählige funkelnd violette Augenpaare starrten ihn aus den Baumwipfeln an. Die Geschöpfe hoben eines ihrer vier klauenbesetzten Beine im Takt und ließen sie auf die Rinde schlagen, sodass der Rythmus entstand. Ihr starrer Blick aus den im Vergleich zu ihrem Körper riesigen Augen war auf ihn geheftet.
Es gab wenige Situationen in denen er gelernt hatte die Klappe zu halten. Auge zu Auge mit mehreren Dutzend Oculi war ein genau solcher Moment. Ein Moment in denen man doch ein wenig Sorge um seine Existenz hat. Nicht das Fuoco sich nicht gegen diese Dinger behaupten konnte. In seiner Drachengestahlt könnte er den ganzen Wald in Brand setzen und sie mit seinen Klauen zerreißen.
Das Problem war nur, dass er kein Drache war. Das menschliche Gefühl von Angst, das Drachen natürlich nicht kannten, ließ seine Glieder zittern. Kalter Schweiß rinn seinen Nacken hinab, was ihm eine Gänsehaut verursachte.
Er hatte keine große Lust als unerkenntliche Menschenmasse zu enden, an die sich nie jemand erinnern wird, geschweige denn Lobhymnen zu ihren Ehren komponieren wird, die auf riesigen Festen gesungen werden.
Kinder, die in Drachenkostümen herumlaufen und sich wünschen so groß und mächtig zu sein, wie er es seid dem Tag seiner Geburt war. Feuerwerke - der Himmel hell erstrahlt, als würde er brennen.

"Ich hab dich was gefragt!" Eine provokante Mädchenstimme riss ihn aus dem Tagtraum über seinen Ruhm. Verwundert blinzelte er, bis das Mädchen mit wilden platinblonden Locken vor ihm klarer wurde. Ihre Augen waren zu Schlitzen verengt, sodass man fast nur noch das stechene Blau ihrer Iris sah, und ihre schmalen blassrosa Lippen aufeinander gepresst. Nach einigen Sekunden merkte sie wohl seine Ratlosigkeit und fragte ihm gleichen strengen Tonfall "Wer bist du?!"
Einige Herzschläge mehr gingen herum, ehe die Antwort leise und piepsig kam "Feuer"
Sie lachte kurz auf, wobei er ihre etwas krummen, aber schneeweißen Zähne sah. "Lasst uns lieber alleine meine Freunde. Ich glaub er mach dich sonst noch in die Hosen" Die Oculi hörten auf ihren Befehl, wie Armeisen auf den ihrer Königin. Sie verschwanden über die Bäume und ließen den Jungen und das Mädchen alleine.
Mehrere Momente starrten sie sich an, naja vielleicht starrte Fuoco auch sie an, denn sie warf ihre wilde Mähne zurück und knurrte "Hör auf zu glotzen"
Schnell sah der Junge wieder weg. Erst als sie um ihn herum ging, hob er den Blick wieder um sie beobachten zu können. Ihre dünne Gestalt bewegte sich fast wie ein Geist auf der Erde. Man hörte ihre Schritte nicht, sah nur wie die Erde ein wenig nachgab, als ihr Fuß sich niedersenkte.
"Deine Nase ist grässlich", sagte sie schließlich und rümpfte dabei die ihre. Er konnte ihr dabei leider nicht wieder sprechen. Er fühlte die Kruste auf seiner Oberlippe, vom Nasenbluten, bei dessen Vorstellung er selbst fast würgen musste. Sobald er irgendwo Wasser sehen würde, wäre einmal Waschen das wichtigste auf seiner To-do Liste.
"Ich bin übrigens Tamy und der Grund warum du noch lebst. Ich finde ewige Untergebenheit ist da eine gute Bezahlung" als hätte sie bereits eine Zustimmung bekommen, hielt sie ihm ihren Bogen hin, der bis jetzt auf ihrem Rücken angebracht gewesen war "Trag"
Frustrierend war die Tatsache, dass er ihn nahm. Er hatte gesehen, wie sie Oculi, hunderte, kommandiert hatte, da musste er so lange mitspielen, bis er unbemerkt verschwinden könnte. Sie lächelte zufrieden "Brav Kleiner"
Kleiner?! Egal wie stark jemand war, niemand nannte ihn klein! Er nahm das erste was er hatte, ihren Bogen, und schlug ihr damit voll ins Gesicht. Sie sah kurz ziemlich verdutzt drein, anschließend funkelte das Mädchen ihren Gegenüber an und schlug ihm auf die eh schon verstümmelte Nase. Im nächsten Moment saß Fuoco auf dem Boden und hielt sich die wieder blutende Kartoffel. Tamy, wie sich die Blondine vorgestellt hatte, zeigte keinen Funken Mitleid, als sie ihn wieder hoch zerrte "Hast du so wenig Ehre das du deinen Retter angreifst?!"
"Ich bist nicht mein Retter" keifte er, während er nach ihr trat "Und klein, Kleiner, Zwerg, Kobold, Winzling, Blümchen, Baby, Sprössling und Bienchen bin ich auch nicht!"
Sie richtete sich zur vollen Größe auf, sodass sie ihn nun um einige wenige Zentimeter überragte. "Wie du sagst Mäuschen, jetzt komm gefälligst. Ich habe keine Lust auf dein Gezicke"
Ehe er überhaupt antworteten konnte war sie schon zwischen den Bäumen verschwunden und ein einzelnes Monster biss ihm ins Bein, damit Fuoco ihr folgte.
Das Mädchen war schnell einzuholen, denn sie legte nur ein langsamen Gang an, bei dem sie mehrmals stehen blieb und Steine aufhob, die sie gegen einige der alten Bäume warf. Mit einem hölzernen Klack traffen die Geschosse ihr Ziel und vielen anschließend auf den Boden, wo sie liegen blieben.
Die Rinde, bedeckt von vertrocknetem Moos und Flechten in matten gelbbraun, hatte nun eine Druckstelle in eine der weichen Pflanzendecken, die sich um sie schlangen.
Von den letzten trockenen Tagen ächzte jeder Grashalm nach Wasser und die Pflanzen streckten sich Richtung Himmel, der inzwischen langsam von tiefgrauen Wolken erobert wurde, welche noch vor wenigen Minuten nicht zusehen gewesen waren, doch dann am Horizont aufmarschiert sind, als müssten sie in eine erbittere Schlacht gegen eben diese ziehen.
Schwüle, mitgebracht von den dunklen Vorreitern, kündigte Regen an.
Tamy führte sie weiter bis um sie herum große Felsen, von Endmoränen der alten Zeiten, auftauchten und der Weg steiniger wurde. Sie zogen sich in eine Spalte zwischen zwei besonders Großen dieser Zeugen vieler Sonnen- und Mondwanderungen zurück, ehe Draußen die ersten Tröpfchen gefolgt von strömenden Regen die Umgebung ertränkten.
Er rollte sich zusammen und schloss die Augen.
Lange dachte er noch nach, worüber wusste er selbst nicht genau, bis er schließlich langsam immer mehr in eine andere Welt abtauchte, begleitet von Orkester des Wassers und dem ruhigen Atmen seiner Begleiterin

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