KAPITEL 9

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"Nein das hat sie dir nicht erzählt!" rief ich aufgebracht.

"Doch hat sie." lachte sie. Gott war ihr Lachen schön.

"Das sollte nie jemand erfahren..."

Ich hatte wirklich Angst was sie jetzt von mir denken würde.

"Bin ich dir jetzt zu strange?" fragte ich vorsichtig.

"Gott nein, das ist mega süß."

Sie hat süß gesagt. Ich, Maren Lieblich, süß. Ich musste ausgesehen haben wie der letzte Volltrottel, denn sie lachte erneut.

Zur Aufklärung, Liv's Mum arbeitete in irgendeinem Laden, keine Ahnung welcher, jedenfalls gab es dort diese Kostüme an Fasching. Tja und weil sie wusste dass ich Superhelden LIEBTE, hatte sie mir ein Spiderman Kostüm mitgebracht und ich schwörte euch, es war der Hammer! Das Ding war hauteng und mein ganzer Körper steckte drin, also mein Kopf war auch bedeckt und hinten war ein Reißverschluss, wodurch man mich eigentlich nicht mehr erkennen konnte.

Jedenfalls war ich so glücklich und aufgedreht und absolut irre deswegen, hab es mir natürlich sofort angezogen und bin in Liv's Garten wie Spidey höchstpersönlich darin rumgerannt. Und da Lara irgendwie daheim erzählt hatte dass wir Kontakt hatten, hat Lara's Mutter mit Liv's Mutter über mich geredet und da die Story noch nicht allzu lange her war, hat Liv's Mum sie natürlich sofort rausgehauen. Danke Dagmar! Und Lara's Mutter hat sie dann Lara erzählt. Ich hasste diese beschissenen Dörfer.

Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Also so ein Bild sollte sie wirklich nicht von mir haben.

"Hey komm, mach dir keine Gedanken, ich find's witzig." wollte sie mich beruhigen.

"Ja du, du wurdest auch nicht hinter deinem Rücken des Grauens blamiert." schmollte ich gespielt, ließ mich aber recht schnell von ihrem Lachen anstecken.

Wir hatten uns derweil an einen Holzzaun vor dem Fußballplatz gesetzt und lehnten nun an dessen. Komischer Zufall dass wir jetzt wieder beinahe auf einem Fußballplatz sind. Unsere Schultern berührten sich leicht, weswegen sich eine beruhigende Wärme in mir ausbreitete.

"Fandest du es eigentlich komisch dass ich dich auf Snapchat geaddet habe?" fragte ich sie gerade heraus.

Ich merkte wie sie etwas verlegen wurde, was ihre schön gebräunte Haut dennoch leicht rot werden ließ. Keine Ahnung wieso ich sie so unglaublich fand.

"Nein, gar nicht, du hattest noch meine Nummer oder? Damals als wir noch in Heubach waren?"

"Oh... Nein eigentlich nicht." meinte ich nur. Hoffentlich dachte sie jetzt nicht ich sei ein Stalker. Was ich aber auch irgendwie war, zugegebenermaßen, aber nicht so extrem wie es immer in den Filmen gezeigt wurde. Nur online!

"Aber wie-" setzte sie an, wurde aber sogleich von Sila unterbrochen.

"Ach da bist du, ich hab dich schon die ganze Zeit gesucht! Das Feuerwerk beginnt gleich. Komm!" rief sie freudig.

Ich sah kurz zu Lara, sah in ihren Augen was ich dachte. Ich wollte und ich sollte jetzt nicht gehen. Und auch wenn es vielleicht bisschen gemein war, versuchte ich Sila abzuwimmeln indem ich vielleicht ein bisschen log.

"Geh doch schonmal vor, ich komm gleich."

"Okey, wir sind bei dem Kinderkarussel." quiekte sie freudig und tänzelte davon. Ich liebte sie, aber manchmal war sie echt schwer von Begriff.

Plötzlich stand Lara auf und streckte mir ihre Hand entgegen, welche ich einfach ergriff. Sie zog mich hoch und mit sich, dabei hielt sie meine Hand fest und machte keine Anstalt diese loszulassen.

Ich hatte nicht vor nachzufragen wohin sie mich zog, ich hatte Angst ihr Mut könnte sie dann verlassen und sie würde es sich doch anders überlegen. Irgendwann, irgendwo in der Menschenmenge, stoppte sie. Direkt vor den Boxautos. Dann zog sie mich die eine metallische Stufe hoch, damit wir mehr sahen. Der Platz war perfekt, wir fielen nicht auf, weil hier so viele waren und dadurch war es privat für uns. Und wir hatten perfekte Sicht.

Der zweite Knall ertönte, dass bedeutete es würde sogleich beginnen und da waren sie. Die ersten roten Funken, grün, dann gelb. Im Laufe des Feuerwerks stellte sie sich hinter mich, legte die Arme um mich, es war perfekt, sie war perfekt. Ein Schauer durchfuhr mich. Mein Herz schlug doppelt so schnell. Keiner sagte etwas.

Ich lehnte meinen Kopf an ihre Schulter und roch ihr Parfüm. Eine süße Note, aber nicht zu stark, ich liebte es. Ich legte meine Hände auf ihre, ihre viel zu weichen Hände. Sie konnte nicht menschlich sein. Alles an ihr war, ich konnte es nicht erklären. Ich spürte es einfach.

Egal ob uns jemand sah, in diesem Moment gab es bloß uns. Und dann, dann war es vorbei. Der Zauber endete mit dem Feuerwerk und ich wusste was das bedeutete. Die Menschen begannen nach Hause zu gehen. Es war immer so. Immer wenn das Feuerwerk endete, endete das Fest. Ich drehte mich um, sah ihr in die Augen. Ich wollte sie sehen, wieder und wieder und wieder. Aber ich hatte Angst, Angst es würde nicht klappen, es würde sich verlaufen.

In zwei Tagen würde ich auf das Sommercamp von den Pfadfindern gehen, wie jedes Jahr seit 10 Jahre. Dann würden wir uns zwei Wochen nicht sehen, wer weiß wann sie in den Urlaub ging. Also brauchte ich eine Versicherung. Ich nahm ihre Hand, sah mir ihre silberne Casio Uhr an und entfernte sie einfach.

"Die leih ich mir aus." schmunzelte ich, sah ihr ein letztes Mal in die Augen, drehte mich um und lief zu meinen Freunden.

Komm kurz für immer.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt