Viago's Blog Für Den Modernen Vampir

#4

Hallo, liebe Leser und Leserinnen!

Ja, ich sage Leserinnen, weil Chiara mir empfohlen hat Frauen zu erwähnen. Ich will progressiv sein, zumindest bemühe ich mich. Aber in wie fern können Vampire sich entwickeln? Stecken wir nicht einfach fest in der Zeit?
Ich habe darüber nachgedacht, als ich mit Kaleb seine Familie besuchen gegangen bin. Sein Urenkel ist mittlerweile 25 und hat auch Kinder. Die Blonde ist seine Ehefrau, Élena ist ihr Name. Kaleb war ein bisschen enttäuscht zu hören, dass sie nicht jüdisch sind, sondern Atheisten. René, so heißt er, glaubt nicht an Gott, aber an Wissenschaft. Es dauerte ein bisschen, bis wir verstanden was er macht, Influencer auf Instagram klingt kompliziert und das ist es auch. Ich habe mich nie für Technologie interessiert, weshalb ich nicht bewandert bin auf diesen Gebiet. Wir vier trafen uns in einem Café, das für Brunch bekannt ist, zurecht will ich meinen!

Kaleb redete viel über Annette, seine Liebe in Deutschland. Annette ist geflohen nach Frankreich, schwanger mit Kalebs Sohn. Ich kann verstehen warum er nervös war vor dem Treffen, denn sein Sohn ist mittlerweile über 70 und Kaleb sieht nicht älter aus als 20. Er sieht sogar jünger aus als René. Es machte die gesamte Situation komisch, sich zum Essen zu treffen und nichts zu essen. Irgendwie war man das gewohnt, doch unsere Begleitung war schüchtern, was Essen betraf. „Ihr habt keinen Hunger? Oh, nein, ich mein jetzt nicht…“ war einer der ersten Sätze aus Élenas Mund. Hätte sie sich meinen Blog durchgelesen! Der Blog war auch das einzige, womit ich wirklich was anfangen konnte. René hat einen Blog über europäische Küche und reist manchmal nach Asien dafür. Er war erstaunt zu hören, dass ich noch nie in China war. „Ich hatte noch keine Zeit!“ erwiderte ich ihn. Seine Antwort war ein ungläubiges Gesicht. In den letzten zweihundert Jahre  hatte ich keine Zeit um nach China oder Japan zu fliegen. Japan war jedoch eine Zeitlang gesperrt, die haben sich einfach abgeschottet.

In diesem Café hatten sie zum Glück Kokoswasser, was alles weniger komisch machte.  Sie fragten viele Fragen über Renés Familie. Über den Krieg und das Anwesen. Kaleb wird normalerweise traurig wenn er darüber redet. Seine Kindheit war vernichtet worden, das Anwesen der Familie Aichenblatt war vernichtet worden in der Kristallnacht mit ihm das Leben bevor dem Krieg. Es freute mich zu sehen, wie er in Erinnerungen schwelgte. Er ist in einem guten Alter für Vampire, nicht zu jung um leichtsinnig zu sein und nicht zu alt um in Erinnerungen verloren zu gehen. Er könnte noch leben als Mensch. René kam auch auf seine Kinder zu sprechen. „Louis ist zwei, Madeleine zwei Monate.“, erzählte er, während er Fotos von kleinen schwarzhaarigen Babys herzeigte. Louis hatte Kalebs schwarze Locken und dieselben Augen, die dich auf eine grüne Wiese tragen. Auch sein Urenkel, dessen Haare blond wie Annettes waren, schien das zu bemerken. „Sie werden mal aufregende Menschen“ kommentierte Kaleb, überwältigt von Gefühlen. Er würde sie aufwachsen sehen, und ihre Kinder, und deren Kinder und so weiter. Es ist als bliebe die Zeit für ihn stehen.

Ich ließ Kaleb allein mit seiner Familie in dem Restaurant. Sie brauchen Zeit. In der Zwischenzeit habe ich den Regen nicht kommen sehen und stapfte einfach durch. Vielleicht bin ich dazu verdammt alles sterben zu sehen. Vampire sehen wie etwas erschaffen wird, erblüht und schließlich stirbt. Gaius, zum Beispiel, war einer der ersten Siedler Roms. Er war überall dabei. Bei den drei punischen Kriegern, dem Plebejer-Aufstand und beim Fall der Stadt. Etwas, wovon er geglaubt hatte es wird immer da sein war weg, von einem auf den anderen Tag. Alles hinterlässt einfach nichts als Narben.

Damit will ich mich verabschieden, heute war es ein etwas ernsteres Thema.

-Viago