"Nora, wo hast du die ganze Zeit gesteckt?! Ich hab dich schon überall gesucht!" Jenna stand aufgebracht mir gegenüber. Offensichtlich war doch mehr Zeit zwischen Kyle und mir vergangen, als ich angenommen hatte. Ich drehte mich noch mal kurz in die Richtung, aus der ich gekommen war, um, doch von ihm schien jede Spur zu fehlen. Sollte ich Jenna von der Begegnung mit Kyle erzählen? Immerhin war sie meine beste Freundin und wir erzählten uns alles. Aber was gab es schon wirklich darüber zu erzählen, außer das wir uns angestarrt und er mich entführt hatte? Nichts...
Außerdem wollte irgendetwas in mir, das es ein Geheimnis blieb. Mein Geheimnis."Und. Hat Jenna Westfield etwa ein neues Herz erobert?" fragte ich dann mit einem frechen grinsen.
Jenna musterte mich mit einem undefinierbaren Blick. Natürlich hatte sie bemerkt, daß ich ihrer Frage ausgewichen war, und wenn der Abend heute noch lang gehen würde, würde ich mich darauf einstellen müssen, das sie früher oder später doch nach haken würde. Jedoch nicht für's erste. Und das reichte mir."Nur damit du's weißt, ich hatte ihn schon in der Tasche, als er mich zum ersten Mal bemerkt hat." Jenna zog eine Augenbraue hoch. "Ja, das konnte man nicht leicht übersehen. Ich glaube, wenn er sich beim Getränke holen nicht umgedreht hätte, dann hätten wir sehen können, wie Sabber aus seinem Mund läuft..." sagte ich mit hochnäsigem Ton. Nach wenigen Sekunden brachen wir beide in schallendes Gelächter aus. Wir mussten uns schon die Bäuche halten.
" Ah, Nora Hastings und Jenna Westfield! Meine zwei Superhelferinnen im Bücherei-Spenden-Programm! " Eine rundliche Person mit roten Kopf und Halbglatze kam lachend auf uns zu. Jenna und ich lächelten dem Mann freundlich zu. "Director Joseph-Hind. Können wir etwas für sie tun?"
"Die Kleine Nora, immer einen Schritt voraus." Er grinste breit, und ich machte mir schon sorgen, daß er mich gleich noch wie meine Großmutter Esrali in die Wange kneifen würde. Unser Schuldirektor Smith Smithie Joseph-Hind war eigentlich ein ganz netter ältere Kerl. Jedoch fand ich ihn irgendwie merkwürdig. Vielleicht weil er alt war. Und mit seiner Ansprache Jenna und mir gegenüber hatte er definitiv -mal wieder- übertrieben.Der Director sah uns nun mit großen blauen Augen an. "Ich hatte mich gefragt, ob eine von euch beiden eine Rede halten könnte - zur Ehren der neu eröffneten Bibliothek. Natürlich solltet ihr dann auch ein bisschen von dem Projekt erzählen.
Ian McLain ist leider krank und ich bräuchte jemanden, der für ihn einspringen könnte. " Seine Gesichtszüge nahmen einen bittenden - Nein, eher den bettelnden Ausdruck eines Hundes an." Ähm, ich weiß nicht... " Wir beiden Mädels sahen uns an. Wie zu erwarten, konnte ich in Jenna's Augen das stumme flehen erkennen, ich möge mich doch bitte freiwillig melden. Was solche Sachen anging, war ich immer diejenige von uns beiden, die sich um so etwas kümmerte. Ich seufzte.
" Also gut, ich mach das." Director Joseph-Hind warf begeistert seine Hände in die Luft. "Ausgezeichnet! In zwei Minuten musst du auf der Bühne stehen. Ich danke dir! " Mit strahlendem Gesicht drehte er sich um und verschwand wieder in der Masse.Entgeistert sah ich ihm hinterher. In zwei Minuten?! Was sollte ich alles sagen? In welcher Reihenfolge?!!!!
" Der ist dir auf jeden Fall 'nen Drink schuldig. "sagte Jenna mit verschränkt Armen und sah mich mitleidig an. " Ich krieg das schon hin. " " Gut, denn du solltest jetzt besser gehen... Viel Glück! "
Die Rede war gar nicht mal so übel gewesen. Niemand hatte mitbekommen, das ich improvisiert hatte oder nur der Ersatz war. Als Dankeschön hatte ich einen großen Beifall bekommen. Director Joseph-Hind hatte mich kurz umarmt und die ganze Zeit vor mehreren Kollegen von mir geschwärmt.
Endlich hatte ich Ruhe. Ich ging durch einen spärlich beleuchteten Gang,an dessen Wänden mehrere Bilder der Kunst-AG hingen. Voller Bewunderung betrachtete ich sie. Kunst war schon immer eine meiner Leidenschaften gewesen. Doch leider würde ich die Kunst-AG nie besuchen können... Und auch nie Kunst studieren können... Obwohl ich schon immer davon geträumt hatte...
Ich schlenderte weiter. Jenna war noch zu ihrem süßen Kellner Jungen gelaufen, da bald Schluss war und die beiden noch einen Treffpunkt ausmachen wollten. ... Und weil Jenna noch ein bisschen flirten wollte. Ich schmunzelte. Jenna liebte es einfach, einem Jungen den Kopf zu verdrehen und all seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und ich musste sagen, sie war sehr erfolgreich darin.
Plötzlich blieb ich vor einem Bild stehen. Darauf war in Aquarellfarben ein in Flammen stehender Phönix. Das Bild war wunderschön. So detailliert. So künstlerisch. So wahr. Mit meinen Augen folgte ich den Verlauf der feinen Striche, die so sanft in so kräftigen Farben gemalt worden waren.
"Woran denkst du gerade?" fragte eine tiefe Stimme. Ein Schauder durchzog meinen Körper. Mein Kopf zuckte zur Seite. Wie lange stand er da schon?
DU LIEST GERADE
Forever...
RomanceZwei Menschen die einander begehren. Freitag Abend eingeschlossen in der Schule. Aber irgendetwas ist seltsam...