Kapitel 10

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Wir stampften tief in den Wald hinein. Er war riesig, auf seine Art magisch und vermittelte den Eindruck, tausende Geheimnisse zu verbergen.

Licht drang durch die dichten Baumkronen, gemischt in den orange - roten Farben der Untergehenden Sonne, die einzelne Stellen des Waldbodens beleuchtete.

Auf den ersten Blick wirkte er doch ganz gewöhnlich - bei genauerer Inspektion aber waren dort seltsame Insektenkreuzungen aufzufinden, die ich vorher noch nie gesehen hatte.

Mit einem kalten, abendlichen Nebel schwebten geisterartige Vögel an uns vorbei, die aus Dampf zu bestehen schienen.

"Das sind Dunstengel. Sie wandern in Gestalten von Vögeln durch die Nacht.", informierte Amy mich.

Ich nickte und begann, etwas Holz zu sammeln, was die anderen mir gleichtaten, und wir verteilten uns.

Während ich das Holz stapelte, höre ich mehrere Stimmen durcheinander flüstern. Erst aus der Ferne, dann immer und immer näher ... als wäre sie letztendlich genau an meinem Ohr fuhr ich herum. Doch da war niemand.

Das Abendrot wurde langsam von der hineinbrechenden Dunkelheit verschlungen, und meine Augen gewöhnten sich so an das dunkle, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie spät es wurde.

Wind streifte durch die Bäume, setzte die Zweige und Blätter in Bewegung, und ich vernahm wieder dieses flüstern.

Was sollte das bedeuten? Ich versuchte es zu ignorieren, widmete mich angestrengt wieder meiner Arbeit und ging tiefer in den Wald um Holz zu sammeln.

Wieder flüsterte es mir direkt ins Ohr, sodass ich die Worte diesmal klar und deutlich verstand. "Ich habe dich gefunden." Es war Alec.

Ich stieß einen spitzen Schrei aus und ließ das ganze mühsam gesammelte Holz fallen, welches ich zuvor mit mir rumgetragen hatte.

Unter dem nächsten Baum kauerte ich zusammen und vergrub mein Gesicht in den Knien. Es sollte einfach aufhören ... er sollte damit aufhören ... War er es überhaupt!? Oder nur meine Psyche, die mir einredete er wäre es? Warme Tränen rannen meine Wangen hinunter und ich wischte sie schnell weg.

Da bemerkte ich, dass es seltsam still war. Wo waren Amy und die anderen?? Ich sprang auf die Beine und sah mich um. Hatte ich mich verlaufen? Es war so dunkel ... Ich kniff die Augen zusammen und spähte durch den Wald ... bis ich ein kleines Licht sah. Ein blaues Licht, wie ein Glühwürmchen! Erleichtert stolperte ich in seine Richtung. Es musste von den Mondscheinquellen kommen! Meine Schritte wurden zunehmend schneller, bis ich dann begann zu rennen.

Während ich dem ungewöhnlich schnellen Glühwürmchen folgte, vernahm ich nichts außer dem Rauschen des Windes ... bis ich dann wieder diese Stimme vernahm.

"Folge ihnen nicht!", rief sie, doch ich rannte weiter, versuchte vor der Stimme zu flüchten - doch sie schien mich zu verfolgen, "Sie fesseln dich mit ihrer Magie und führen dich in die Irre! Du wirst nicht mehr du selbst sein! Stop!!" Nun hörte ich die Stimme neben mir.

Was? Was redete sie mir da ein!? Auf einmal tauchte eine dunkle Gestalt vor mir auf, stellte sich mitten in meinen Weg, rief meinen Namen ... ich sah zwei verschieden farbige Augen die mich anglühten, ehe ich gegen die Person rannte und uns beide zu Boden warf.

Zwei Arme hielten mich fest, als ich versuchte mich gegen ihn zu wehren. Er hatte mich! Alec hatte mich!!

Doch dann spürte ich seine Wärme, ein schlagendes Herz, und begann mich noch in derselben Sekunde zu beruhigen ... Alec hatte kein Herz ... er war kalt wie Eis ... ich sah zu der Person auf. Zu dem, den ich gut genug kannte um zu wissen, dass ich nun nichts mehr zu befürchten hatte. Blonde strähnen hingen ihm ins Gesicht, und die grünen Augen musterten mich besorgt.

"Sukey?"

Er löste sich von mir und stand auf, um mir ebenfalls auf die Beine zu helfen. "Wieso bist du den Irrlichtern gefolgt!?", wollte er wissen.

Ich sarrte ihn dumm an. "Das waren keine Glühwürmchen ... ?", enttäuscht blickte ich auf den Boden, um sein Gesicht nicht sehen zu müssen.

"Ich habe versucht dich zu warnen, die ganze Zeit über ... ", schimpfte er und ich schreckte hoch. Er war das gewesen? Mein Gesicht glühte vor Scham.

"Danke ... ", sagte ich kleinlaut.

"Du solltest lernen, auf dich aufzupassen, Engelchen." , damit wandte er sich von mir ab und lief los.

Wut stieg in mir auf, und ich ballte meine Hände zu Fäusten, als ich mit zusammemgebissenen Zähnen antwortete: "Juna!"

Er blieb stehen und sah mich an. "Ich dachte ... -" , doch ich unterbrach ihn: "Gut, es ist meine Schuld!! Wenn ... wenn ich mich nicht mit Amy verbunden hätte, wäre das hier nie passiert ... ", dabei zeigte ich ihm meine Handfläche, " ... wir hätten niemals zu dem Portal gelangen müssen um Gape zu finden, also wäre Camey niemals gestorben!! Ich ... Ich bin Schuld!! Wenn ich schon nicht weiß, wie ich in Zukunft damit leben soll ...  Wie soll ich dann auch noch damit leben dass du mich hasst ??" ,entfuhr es mir, und erst als ich fertig war, bemerkte ich, dass ich weinte.

Während ich das sagte, war Sukey alle Farbe aus dem Gesicht gewichen, nichts als Verwirrung stand ihm über das ganze Gesicht geschrieben, doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck - er kam direkt auf mich zu und nahm mich in den Arm.

Zuerst riss ich irritiert meine Augen auf, dann überkam mich das Gefühl der Erleichterung und ich schloss die Augen.

Das war es, was ich jetzt brauchte: Zwei starke Arme, die mich hielten und vor all dem beschützten, was auf mich zukam. Vor diesem Wald, vor den Schatten und vor Alec.

"Ich gebe dir nicht die Schuld an ihrem Tod.", sagte Sukey ruhig und schob mich sanft von sich, um mir in die Augen zu sehen. "Es tut mir leid, wenn ich so abweisend zu dir war, aber das ist meine Art zu trauern. Ich vermisse sie schrecklich und während Scenic so tut, als würde es ihn kein Stück berühren ... bin ich abweisend zu den Menschen die mir wichtig sind." , er lächelte schwach.

Ich war ihm also wichtig?

Ungläubig schüttelte ich den Kopf. "Aber Sukey, das alles hier, ist meine Schuld!"

"Ja, dank dir haben wir mehr Hoffnung, diese Welt von Alecs Schatten zu befreien, als je zuvor! So etwas gab es noch nie!"

Ich sah ihn an. Er meinte es ernst ... und irgendwie hatte er auch recht, sodass sein Lächeln mich schnell ansteckte.

Ich wechselte schnell das Thema. "Waren die Irrlichter etwa das, wovor Gape uns warnen wollte?"

Er schüttelte den Kopf, und sein Gesichtsausdruck war nun der Inbegriff von Deprimierung, als er an mir vorbei sah.

Ich drehte mich um und blickte in die Gesichter fünf bewaffneter Soldaten, mit seltsamen leuchtenden Zeichen auf ihren Gesichtern.

"Rebellen.", seufzte Sukey, ehe einer von ihnen mich packte, ich einen explodierenden Schmerz fühlte und mein Bewusstsein verlor.

Hunters of Hell - Jäger der SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt