Geheimnisse kommen ans Licht

90 5 1
                                    

                                               Kapitel 2: Geheimnisse kommen ans Licht

Felice Blakemoor zog also auf das Sofa in der Bakerstreet und ließ jede Menge Fragen bei John offen. Sherlock schien sich davon nicht gestört zu fühlen und machte auch keine Anstalten, irgendetwas zu erklären. Was er mit Felice erlebt hatte gehörte für ihn der Vergangenheit an, auch wenn Felice das wohl nicht so sah. Sie schien dort weitermachen zu wollen wo sie damals aufgehört hatten. Doch er hatte ganz andere Dinge im Kopf, und Felice passte ihm da grad garnicht.

John. John ging ihm durch den Kopf. Und noch ganz wo anderst hin, wo er es nicht erwartet hätte. Er wünschte, er hätte auch nur die geringste Idee was er tun könnte. Er kannte das Periodensytem der Elemente auswendig, jede Straße und jedes Haus in London, konnte 242 Sorten von Tabak unterscheiden, aber von Liebesbeziehungen hatte er, zumindestens wenn es um ihn selbst ging, keine Ahnung. Er hatte doch noch nie eine wirkliche Beziehung gehabt, zumindestens wenn er das, was er mit Felice gahabt hatte, nicht zählte. Und das tat er nicht. Was hatte es da auch wirklich gegeben? Felice hatte nur ein wenig gespielt. Sie hatte versucht ihn rumzukriegen, aber sie war weit davon entfernt gewesen. Zum einen bedauerte Sherlock manchmal, das er nicht auf sie eingegangen war. Sie war - natürlich ganz nüchtern betrachtet - sehr attraktiv, sie war frech und sie hätte vielleicht sogar seine vielen Eigenheiten ausgehalten. Außerdem hätter er eine Ahnung davon, wie man denn eine Beziehung führt - oder wenigstens von Sex. Andererseits wäre es vielleicht auch reine Zeitverschwendung gewesen.

Felice war zwar auf Geschäftsreise in London, hatte aber zwischendurch einiges an Freizeit, da sie nur vormittags für ein paar Stunden zu tun hatte und an wenigen Tagen auch eine Stunde abends. Die wenigen Tage von denen John anfangs gesprochen hatte, entpuppten sich nun als zwei Wochen. So hatte sie genug Zeit, ihre Gastgeber genau zu beobachten. Lange brauchte sie allerdings nicht, um über die Gefühle der beiden Bescheid zu wissen. "Sherlock scheint ja ganz hilflos", dachte sie sich. "Als wüsste er nicht wie man so was macht. Aber er hatte doch sicher schon... Oder nicht? Er schaut so traurig aus... so einsam... Ich wünschte er hätte damals mehr zugelassen..." Sie war hin und her gerissen zwischen ihrem wieder aufgekommenen Ärger und der Enttäuschung über das Ende ihrer Beziehung damals und ihrem Wunsch, Sherlock wieder etwas näher kommen zu können.

John war im Krankenhaus und Sherlock und Felice befanden sich beide im Wohnzimmer als sie so ihren Gedanken nachgingen. Sherlock saß in seinem Sessel, die Hände an seinem Kinn, wie so oft wenn er nachdachte. Felice saß mit hochgezogenen Beinen auf der Couch und nagte an einem von Ms. Hudsons Keksen.

"Warum, Sherlock? Warum wolltest du nicht mit mir schlafen, damals? Wir waren zusammen, oder wie auch immer man das nennen kann, und das auch nicht gerade kurz", fragte Felice gerade heraus.

Sherlock schaute sie an, als hätte sie gerade rosa Kaninchen herbei gezaubert. Sie fing also wirklich wieder mit diesem Thema an. "Was für einen Grund hätte ich haben sollen?", erwiderte er als er sich schnell wieder gefasst hatte. "Außerdem würden die meisten Menschen das was wir hatten wohl nicht als 'zusammen sein' bezeichnen."

"Sondern?"

"Oh, eine Versuchsreihe vielleicht. Bei der wir testen wie so eine romantisch Beziehung verlaufen kann", antwortete Sherlock spitz.

"Wir? Ich habe es ernst gemeint, Sherlock!", rief Felice erbost.

"Das ist mir nicht entgangen."

"Und du meintst nicht, du hättest mich wenigstens mit etwas mehr Respekt behandeln können?"

Sherlock schaute weg. Wenn er sich das genau überlegte, hätte er das tatsächlich. "Das war damals in der Tat nicht gerecht von mir. Im Nachhinein hast du mir zwar überhaupt nichts genützt, aber das hätte auch anderst kommen können."

Felice schaute überrascht. "Kommt da jetzt etwa eine Entschuldigung? Von dir?" Sherlock hatte sich scheinbar ein wenig geändert. Ob das an John lag?

Er wollte sich wirklich entschuldigen und meinte es auch ernst. Nicht ganz uneigennützig, denn er wollte seine Beziehung zu ihr besser, aber ehrlich. Vielleicht, dachte er, würde sie ihm doch noch helfen können und eine Geschichte aus der Vergangenheit, über die er schon längst nicht mehr nachgedacht hatte, würde eine hoffnungslose Situation retten können. Er sehnte sich doch so nach etwas Liebe...? Zärtlichkeit...? Was auch immer es war, er wollte, was das betraf nicht mehr so schüchtern und zurückhaltend sein.

So kam er zu ihr aufs Sofa, blickte ihr direkt in die Augen und antwortete: "Ja, das will ich. Ich würde es heute wohl anderst machen. Du bist ein Mensch bei dem ich mich wohl fühle und von solchen Menschen gibt es nicht viele. Ich wünschte ich könnte rückgängig machen, was ich dir angetan habe."

"Oh. Das... das ist wirklich... weißt du Sherlock, ich hätte nie gedacht, so etwas von dir  jemals zu hören. Eine Entschuldigung, weißt du. Nicht alles was du getan hast fand ich so schlecht. Um ehrlich zu sein wäre es um einige Dinge schon fast schade", gestand Felice ihm, wobei sie bei den letzen Worten schmunzelte.

Sherlock lächelte in sich hinein. "Ich brauche dich, Felice. Es gibt da etwas was mich schon seit einiger Zeit beschäftigt, aber es ist so neu für mich."

"Was, der geniale Sherlock Holmes braucht mich?", freute Felice sich. Sie hob eine Augenbraue. "Und für was?"

"Ich brauche eine freundschaftliche Unterstützung in. Also. Naja... John." Nun war es raus. Felice hatte ihn in der Hand, sie kannte seinen allergrößten Schwachpunkt. Er konnte nur inständig hoffen, dass sie, wenn sie ihm schon nicht half, doch wenigstens nichts davon John wissen ließ.

Aber Felice lachte auf und sah ihn dann nickend an. "Ich wusste es doch. Sherlock, du bist in ihn verliebt!" Ihr Lächeln war aufmunternd, frech und fröhlich, und Sherlocks Hoffnungen stiegen.

"Ja!", rief er und beugte sich weit nach vorne, die Augen weit geöffnet. Plötzlich wollte er seine Verliebtheit garnicht mehr verbergen. "Ja, Felice, das bin ich!"

"Nur hast du keine Ahnung was du anstellen sollst, wetten. Und ich soll dir helfen. Aber weißt du, Sherlock, was die Liebe betrifft gibt es keine Anleitung, wie irgendwas funktioniert. Was richtig ist und was falsch. Wir kennen John beide, klar, aber ich kenne ihn doch nicht auf die selbe Art wie du ihn kennst. Ihr habt so viel mehr zusammen erlebt, ihr habt Dinge zusammen getan, die niemand sonst tut, wie ihr es tut. Ich würde dir so gern helfen, Sherlock, wirklich. Als gute Freundin. Aber ich kann dir keine Tipps geben. Nicht wirklich.", erklärte ihm Felice bedauernd.

Sherlock sank zurück in die Sofaecke. Das wars. Aus. Er würde John wohl nie verführen können, oder wie auch immer man das nannte.

Seine Freundin merkte, wie traurig er war, und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich glaube, du denkst zu viel. Du sorgst dich zu sehr, John zu verlieren. Versuch, es ein wenig lockerer anzugehn", tröstete sie ihn.

Sherlock schaute sie zweifelnd an. "Meinst du?"

"Ja", lächelte sie frech und gab ihm einen freundschafltichen Kuss auf die Wange. "Ich habe eine Idee wie du ein wenig lockerer werden würdest..."

"Tatsächlich...?"

"Wenn du einverstanden bist...", sagte sie wärend sie auf seinen Schoß kletterte und ihn nun auf den Mund küsste.

Chaos, Herzen und schlaflose NächteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt