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Meine Hände fingen wie automatisch an, mit zarten Stoff meines Kleides zu spielen. Ebenfalls eine meiner kleines Macken. Ich schaffte es selten in nervösen Momenten meine Hände ruhig zu halten. Meine Fingerkuppen fuhren über den feinen Tüll, während ich verzweifelt versuchte mein eigenes Gedankenkarussell zu stoppen.

Ich hob meinen Blick und musterte meinen Gegenüber. Trotz seines legeren Looks, wirkte er den anderen männlichen Gästen hier überlegen. Und ich hatte jeden Gast hier mit beinahe kranker Neugier von oben bis unten gemustert. Auch wenn die Welt, die ich zu betreten wagte, erst in Kürze ihre Pforten öffnen würde, war jeder hier ein potenzieller Bewohner. 

Und da ich meine Abende alleine verbrachte, wurde mein Umfeld zu einer Art Bühne und ich versuchte dem Stück so gut es ging zu folgen.

Nur bisher hatte ich weder ein Halsband, noch einen Ring der O, geschweige denn Lederstriemen an den Darstellern hier entdeckt. Innerlich frustrierte mich dieser Gedanke. Wie konnte es nur sein, dass alle hier so gewöhnlich schienen. 

Gewöhnlich.

Ein Wort was auf den jungen Mann mir gegenüber jedoch so gar nicht zutreffen wollte. Er faszinierte mich, dass konnte ich nicht leugnen. Vermutlich war es auch nicht zu übersehen, denn während die Sekunden wie Sand zu Boden fielen, schaffte ich es nicht meine Augen von ihm zu lösen. Zeit dieses unerträgliche Schweigen zu brechen.

"Was tust du an meinem Tisch?"

Gut so. Sei mutig, kein Grund das kleine Mäuschen zu spielen.

Ich legte den Kopf schief und wartete auf seine Antwort. Es war nicht mein Stil dreist zu sein, aber ich konnte es hervorragend als Tool einsetzten. Besonders wenn meine Gesprächspartner es provozierten.

So wie es in den Wald hineinschallt...

Jedoch schien meine Provokation an Valentin abzuprallen. Scheinbar tiefenentspannt griff er nach dem kleinen Kärtchen auf dem Tisch, auf welchem mein Name, sowie das Datum meiner An- und Abreise stand. Fast schon beiläufig legte er das schwarze, gefaltete Stück Papier vor mir ab.

"Ich war neugierig."

Ich schluckte. Das Datum verriet ihm vermutlich, dass mein Aufenthalt hier weder zufällig noch unschuldig war. Dafür brauchte es kein sonderlich hohes IQ. Aber die Tatsache, dass er dies mit einer so unschuldigen Geste mir so deutlich kommunizieren konnte, sprach Bände.

"Zumal du alleine hier bist Kleines."

Ich sog scharf die Lust ein. Noch nie, wirklich noch nie hatte mich jemand so genannt. Und obwohl mich seine Unverschämtheit wütend machte, wurden meine Knie weich. Meine Hände zogen den Stoff meinen Kleides enger um ihre Finger.

"Wer sagt, dass ich alleine bin? Vielleicht kommt mein Partner ja nach."

Ich war stolz auf mich. Meine Stimme klang absolut gefasst, obwohl mich die Situation maßlos überforderte. Und tatsächlich stellte das von mir gesagte eine realistische Option dar.

"Das glaube ich nicht."

"Wieso?" Die Frage kam schneller über meine Lippen, als meine Verstand mitdenken konnte.

"Niemals würde jemand der dich besitzt, dich hier alleine rumlaufen lassen."

Fuck.  Ich schnappte nach Luft. Seine Augen blitzen amüsiert auf und er lehnte sich nach vorne, sodass sein Gesicht meinem näher kam.

"Zumindest nicht ohne Halsband."

Meine Finger fuhren fast wie von selbst zu meinem Hals. Ich hatte keine Ahnung woher der Impuls dieser Bewegung kam, aber ich spürte den kräftigen Schlag meiner Carotis an meinen Fingerspitzen ganz deutlich. Ich schaffte es nicht ihm länger in die Augen zu sehen und senkte den Blick auf das immer noch vor mir liegende Kärtchen mit meinem Namen.

"Der Gedanke gefällt dir, richtig?"

Ich spürte wie mir das Blut in den Kopf stieg und meine Wangen vermutlich genauso rot färbte, wie die Servietten. Gott, ich war dieser Situation hier kein bisschen gewachsen. Was um alles in der Welt passierte hier gerade.

"Mary."

Ich zuckte zusammen als meine Name wie eine sinnliche Mahnung seine Lippen verließ. Natürlich hatte er ihn längst gelesen, doch dass er eine solche Wirkung auf mich hatte... ich erschauderte. Als würde er die in mir ansteigende Panik riechen beugte er sich noch weiter vor.

"Wenn du mein wärst, würde ich dich nicht eine einzige Sekunde aus den Augen lassen, besonders nicht in so einem Kleid. Und ich würde dafür sorgen, dass jede Sekunde deiner Gedanken nur mir gehören würden."

Murmelte er, während er mich musterte. Sein Blick brannte sich in meine Haut ein und ich zappelte unruhig auf meinem Stuhl rum. So war ich sonst nie. Ich schaffte es selbst während Prüfungen ruhig und gelassen zu bleiben. Es sah mir nicht ähnlich, mich aus der Fassung bringen zu lassen.

Doch jetzt fühlte ich mich schutzlos und ausgeliefert.  Valentins Blick lag schwer auf mir. Wie konnte ein Mensch, den man noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte, einen nur so aus der Bahn werfen?

Zweifellos war diese Mann dominant. Ich würde Geld darauf verwetten, wenn ich genug hätte. Oder wenn es das meines Vaters wäre. Zweifellos zog er mich in seinen Bann, doch niemals hätte ich damit gerechnet, dass sich mein komplettes Selbstbewusstsein, inklusive meiner Würde verabschieden würden, sollte ich einem solchen Menschen gegenüber sitzen.

Ein weites mal versuchte ich mich zu sammeln und mir einzureden, dass hier nichts schlimmes passierte. Das hier war eine vollkommen sichere Situation. Wir waren von Menschen umgeben und an einem öffentlichen Ort. Ich hatte keinen Grund der Panik in mir Gehör zu schenken.

"Mache ich dir Angst Mary?"

Konnte er jetzt auch noch Gedanken lesen?

Ich zögerte. Meine Körpersprache sprach sicherlich für sich. Ich schaffte es nicht mal ihm in die Augen zu sehen. Peinlich! Ich beschloss bei der Wahrheit zu bleiben, was hatte ich schon zu verlieren.

"Nein, keine Angst. Aber du schüchterst mich ein."

Etwas unbeholfen zuckte ich mit den Schultern: "Und ich bin überfordert."

Ein kehliges Lachen entwich seiner Kehle. Langsam lehnte er sich zurück und ließ mir ein wenig mehr Raum zum atmen. Ich fragte mich, was wohl gerade in seinen Gedanken passierte. Meine überschlugen sich und ich schaffte es nicht sie zu bändigen. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte, denn während meine Vernunft für Flucht plädierte, spürte ich eine dunkle zähflüssige Erregung in mir wachsen, mit jedem weiteren Augenblick den ich diesem Mann gegenüber saß.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 09, 2023 ⏰

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