4 | Keine Regeln

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Maxim in die Fresse zu hauen, war ein verschissener Triumph für mich. Auch wenn ich mir sicher war, dass die Schule mir wegen der Sache mit dem Alk noch mit aller Gewalt ihre Regeln aufzwingen würde, ging die Sache im Großen und Ganzen ziemlich gut für mich aus.

»Jay, ey«, rief jemand über die Geräuschkulisse der Pausenhalle hinweg, als ich die Eingangstür hinter mir ins Schloss fallen ließ. 

»Samu, ey«, erwiderte ich in derselben übertriebenen Betonung wie er. Der Wichser bemerkte nicht einmal, dass ich ihn verarschte.

»Du musst ins Direktorat kommen.« Er drückte sich an einer quatschenden Mädelsgruppe vorbei und schlug mir dann kumpelhaft die Hand auf den Rücken. In der anderen hielt er einen billigen Energydrink.

»Laber' nicht.«

»Steht am schwarzen Brett.«

»Die können mich mal, die Wichser. Gib mal'n Schluck.« Ich nahm ihm die zerdrückte Dose aus der Hand und kippte die viel zu süße, ekelhaft aufgewärmte Flüssigkeit hinunter. War wahrscheinlich besser, dass ich nicht wusste, wie lange er bereits mit dem Getränk herumgerannt war. »Und warum zur Hölle schaust du aufs schwarze Brett? Das machen nur Streber.«

»Ey, is' gar nich' wahr, weiß das ja auch nur, weil-«, begann er sich zu rechtfertigen, doch ich machte eine abwinkende Handbewegung und ließ ihn dann stehen, um in Richtung des Direktorats zu gehen. Dort angekommen trank ich den letzten Schluck aus der Dose und zerdrückte sie, um sie in hohem Bogen in den überfüllten Mülleimer zu befördern.

Als ich eintrat, hämmerte die Sekretärin mit konzentriertem Blick auf ihre Computertastatur ein. Sie sah auf, doch das leise Klappern endete nicht.

»Hallo«, begrüßte sie mich unfreundlich und wandte sich wieder dem Bildschirm zu. Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen und es war unübersehbar, wie sehr ihren Job hasste. Wer weiß, vielleicht weil sie nicht von ihrem Chef gefickt wurde, obwohl es das Klischee doch versprach. »Kannst reingehen.«

»Wird ja langsam Alltag, dass wir uns sehen, was?«, grinste ich, dann schlenderte ich an ihr vorbei ins Büro des Direktors. Ohne zu klopfen, verstand sich. Manieren mochte ich zwar haben, aber so viel Aufwand war dann doch zu viel des Guten.

»Morgen«, gähnte ich und ließ mich auf den blaugepolsterten Stuhl fallen. Knarzend gab der unter meinem Gewicht nach.

»Von Anklopfen hast du noch nie etwas gehört?« Kurz hob der Direktor seinen Blick von den Unterlagen, doch senkte ihn direkt darauf wieder.

»Doch.« Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern, während er in einem Ordner herumblätterte und sich irgendwelche Notizen machte. Dachte wohl, ich wäre geil darauf, hier mit dummen Rumsitzen meine Zeit totzuschlagen. »Können wir das Ganze ein bisschen abkürzen? Ich hab' jetzt Philo, will ich eigentlich nicht verpassen.«

»Du interessierst dich für Philosophie?«, meinte er und fuhr sich über seinen ergrauenden Bart. Wahrscheinlich freute er sich, dass es für mich noch Hoffnung geben zu schien. Verständlich, würde ja nur weniger Arbeit für ihn bedeuten.

Ich mochte das Fach tatsächlich ziemlich gerne. Das ging den meisten Kerlen aus meiner Klasse so - ich war mir sicher, dass sie beim Wichsen an die junge Referendarin, die den Scheiß unterrichtete, dachten. Mir waren ihre Titten aber ziemlich egal, mein Grund war ein anderer. Dieses Mädchen war nämlich verdammt leicht zu verunsichern und ihr den liebevoll geplanten Unterricht zu versauen, war eine meiner liebsten Tätigkeiten geworden.

»Definitiv.«

Wenn ihm die Ironie in meiner Stimme aufgefallen war, ließ er sich nichts anmerken.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt