3. Kapitel

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Extreme Kopf - und Rückenschmerzen wecken mich. Ich bin in der sitzenden Haltung eingenickt. Ich schaue zu meinem Wecker und stöhne auf. 5:27 Uhr! An einem Sonntag. Noch Ewigkeiten habe ich gestern die Stimmen meiner Eltern gehört, mal ganz leise, mal fast brüllend.
Ich hieve meine schmerzenden Glieder vom Bett und bemühe mich, möglichst leise nach unten ins Bad zu kommen, um eine Schmerztablette nehmen zu können. Die Treppe knarrt verräterisch, doch scheinbar hört es niemand. Im Bad angekommen mache ich den Fehler, in den Spiegel zu sehen. Oh Gott! Ich sehe aus wie eine wandelnde Leiche! Ein Gesicht, das aussieht wie eine vampirische Form von mir, schaut mich aus dem Spiegel an. Blass, Augenringe bis zum Kinn, glasiger Blick: zum Gruseln!
Schnell nehme ich eine Tablette und schleiche zurück in mein Zimmer. Dort angekommen, nehme ich den Brief zur Hand. Ungefähr zum tausendsten Mal lese ich ihn durch, doch finde noch immer nichts, was Aufklärung bringt. Da fällt mein Blick plötzlich auf den Briefumschlag. Einem Impuls folgend nehme ich ihn zur Hand. Es sind noch zwei Sachen drin: eine große Liste und ein versiegelter Brief. Ich sehe mir kurz die Liste an. Dort ist aufgeführt, was ich mir für diese verrückte Schule alles kaufen soll. Zauberstab, Umhänge, Zaubereibücher, Zaubertrankkessel, etc. Ich ziehe echt die Möglichkeit in Betracht, mir einen Termin bei einem guten Psychiater zu holen. Das kann doch nicht real sein...

Noch immer kopfschüttelnd nehme ich den Brief zur Hand und breche das Siegel. Als ich ihn kurz umdrehe, sehe ich, dass etwas auf dem Umschlag steht: "Bitte senden Sie das meiner Tochter zu ihrem elften Geburtstag. S. R."
Was? Wer ist S. R.? Meine Eltern heißen Thomas und Margret Melvick, und Mom's Mädchenname ist Padburn. Also weder ein S noch ein R vorhanden. Was soll das?

Mit zitternden Händen entfalte ich den Brief und beginne zu lesen:
" Liebste Leonore,
ich möchte dir hier sagen, dass ich dich immer lieben werde, auch wenn ich dich weggeben musste. Ich hatte keine Wahl, denn ich wollte dir ein besseres Leben ermöglichen, als ich es hatte.
Wenn du diesen Brief liest, wurde dir vermutlich schon erzählt, dass du magisches Blut in dir hast. Was du noch nicht weißt: in deinen Adern fließt das Blut einer der bedeutendsten Magierinnen der Vergangenheit. Durch unsere komplizierte Familiengeschichte war es sowohl meiner Mutter als auch mir nicht möglich, ein normales Leben in der Öffentlichkeit zu führen. Dieses Los wollte ich dir ersparen. Deshalb sorgte ich dafür, dass du von einer Familie adoptiert wurdest, die ich als sehr warmherzig und gutmütig wahrnahm.
Bitte, verzeih mir...
Und such mich bitte nicht. Ich werde dir keinen Familiennamen nennen, damit du keine Anhaltspunkte hast. Ich wollte nur, dass du weißt, dass deine Mutter dich von Herzen liebt...

Deine Mom, Serena. "

Ich starre den Brief an. Das muss doch ein schlechter Scherz sein... Das kann nur ein schlechter Scherz sein! Ich, adoptiert? Ihr Ernst? Niemals!

Diese Sätze spulen für eine gefühlte Ewigkeit in Dauerschleife durch mein Hirn. Plötzlich springe ich wie vom Floh gebissen von meinem Bett und renne zum Schlafzimmer meiner Eltern. Wütend reiße ich die Tür auf. Mir doch egal, ob sie noch schlafen! "Erklärt mir das!", brülle ich. Sie schrecken hoch. Ich halte meinem Vater den Brief vor die Nase und schreie: "Hier! Lest und sagt mir, dass das Schwachsinn ist, dass sich irgendwer 'nen fiesen Streich erlaubt!"
Verwirrt reiben sie sich die Augen und mein Vater nimmt mir den Brief ab. Schnell liest er, dann entgleisen ihm seine Gesichtszüge und er sieht mich völlig entgeistert an. Meine Mutter nimmt ihm den Brief aus seinen starren Händen, liest, schlägt sich die Hand vor den Mund und beginnt zu weinen.
"Schatz, wir wollten es dir eigentlich schon lange sagen...", beginnt mein Vater stotternd. Ich unterbreche ihn. "Mir was sagen? Es ist also wahr? Ich bin nicht eure Tochter!?", schreie ich völlig verzweifelt. Mom steht auf und will mich in den Arm nehmen. Ich schubse sie weg. "Nein, Mom! Oder soll ich dich vielleicht gar nicht so nennen?"
Ich weiß, dass ich ihr mit diesem Satz weh tue. Gut so.
"Sag sowas nicht, Leonore!", sagt mein Vater bestimmend. "Du weißt, dass wir dich lieben. Du bist unsere Tochter, egal, ob wir blutsverwandt sind, oder nicht." "Ja, und?", brülle ich. Langsam merke ich, dass ich einem Panikanfall nahe bin. "Wer bin ich?", schreie ich als letztes und breche weinend zusammen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 02, 2018 ⏰

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