Schwarzer Speer
Die Black Spear ist ein in die Jahre gekommenes Tägerluftschiff der Royal Air Force. Aus irgendeinem Grund hat sich der Air Commodore Theodor Hawk bei der Admiralität nicht sonderlich beliebt gemacht. Dies äußert sich nicht nur darin, dass man die absurdesten und langweiligsten Aufträge bekommt, sondern auch darin, dass die Crew nur aus Leuten besteht, die man in anderen Einheiten nicht haben will und dass die gesamte Ausrüstung, vom Gewehr, über die Flugzeuge bis hin zum Luftschiff selber mindestens fünf Jahre veraltet sind.
Der Chief würde allerdings einem jeden, der etwas Schlechtes über die Black Spear sagt ohne zu zögern den Kopf abreißen. Die Black Spear ist praktisch sein Schiff. Theodor Hawk mag zwar der Kapitän der ganzen 241sten Schwadron sein, aber der Chief hält als Chefmechaniker alle Flugzeuge, Waffen und Antriebe, das gesamte Luftschiff zusammen. Er kannte jede Schraube beim Namen. Böse Zungen behaupteten sogar, die Black Spear ist ursprünglich um dem Chief herum gebaut worden. Dies sollte man besser nicht in seiner Gegenwart sagen. Genauso wenig sollte man ihn auf seine Glatze ansprechen, die unpassend zu dem dichten Vollbart wirkte oder ihn gar ein Zwerg nennen. Denn der Chief mochte zwar den meisten Crewmittgliedern nur knapp bis über Gürtelhöhe reichen, aber er war breiter und vor allen lauter als das Schiffshorn.
„Wer zum Geier hat den 12er-Schlüssel verlegt?", brüllte er gerade durch den Hangar der Black Spear. Alle Mechaniker in den Raum erstarrten in ihren Tätigkeiten. Alle Blicke wanderten zu den Unglücklichen. Der Junge Aircraftman Taylor war während der Grundausbildung ein 1,95 großer Großmaul und landete daher bei der 241ten, um dort zu lernen, dass der kleine Chief ein größeres Maul und vor allen auch eine kräftigere und locker sitzende Hand hatte. Er zog den Kopf ein, als wollte er sich verstecken, doch er wusste wie alle anderen, dass diese Frage rhetorisch war, der Chief wusste ganz genau, wen er beauftragt hatte den Schraubenschlüssel zurück zu legen. Hastig lief er zu einem der völlig überfüllten Werktische, suchte kurz und griff sich dann den gesuchten Schraubenschlüssel. Dann brachte er den Schlüssel mit eingezogenen Kopf zum Chefmechaniker.
„Hier, Chief", sagte er kaum hörbar, „ich habe ihn aus versehen auf den falschen Tisch abgelegt. Entschuldige, Sir."
Der kleine Mann schnappte sich den Schlüssel, ergriff aber mit der anderen Hand das Handgelenk von Taylor wie eine Schraubzwänge.
„Wie oft soll ich noch sagen, dass vernünftig mit den Werkzeug umgegangen wird und alles zurück an seinem Platz kommt?", fragte der Chief, „wie soll man denn hier arbeiten, wenn alles chaotisch herum liegt, wo ihr es gerade fallen lasst?"
Tylor warf einen Blick auf die chaotisch überladenen Werkbänke, antwortete aber diplomatisch: „Verzeihung, Sir. Wird nicht wieder vorkommen."
Bevor der Chief darauf antworten konnte, ertönte die Stimme des Air Commodore Theodor Hawk durch die Lautsprecher im ganzen Luftschiff:
„Feindliche Flugzeuge im Anflug. Sofort alle Flugzeuge starten und die Geschütze besetzen."
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Gunnery Seagent William „Scotch" McGreagor war der erste am Magazin, als hätte er dem Angriff erahnt. Er schloss die Stahltür auf und trat in den kleinen Raum, der als Waffenlager diente. Der zwei Meter Schotte füllte mit seinem breiten Kreuz den zwischen den Regalen mit Waffen und Munition verbleibenden Raum fast vollständig aus. Mit zielsicheren Handgriffen zog er Munitionskisten für die MG-Geschütze der Black Spear hervor und reichte sie heraus auf den Gang. Natürlich sorgte er immer dafür, dass alle Geschütze bestückt waren, aber wenn seine Leute für ein anstehendes Gefecht eh zu den Geschützen liefen, konnten sie gleich noch etwas Munition mitnehmen, nur so als Reserve. Auch die Piloten kamen vorbei um sich ihre persönliche Bewaffnung abzuholen. Nicht wieder war wie Scotch und trug immer eine Waffe am Körper.
Ein jeder wusste genau, wo er hin zu laufen hatte, in hunderten von Übungen hatten sie dies immer und immer wieder eintrainiert. Der Air Commodore lies den Ernstfall immer und immer durchspielen auch wenn kaum jemand hier an Bord damit gerechnet hatte, mit dieser Schwadron in einer Kampfsituation zu gelangen. Schon allein, dass sie dieses langweilige Transportluftschiff, die Red Rose aus Indien zurück zu den englischen Inseln begleiten sollten, war schon eine große Abwechslung zu den üblichen Routinedienst auf dem Militärstützpunkt Northolt. Nun tatsächlich auch ein Angriff. Während die Geschützmannschaften noch auf den Weg durch die verzweigten Gänge und über die schmalen Leitern des Luftschiffes waren hatte der Chief bereits dafür gesorgt, dass die verbleibenden vier Flugzeuge aus ihrer Parkposition gehoben worden waren. Als dann auch die Piloten und ihre Copiloten in ihre Maschinen kletterten, zogen die Techniker die Sicherungsbolzen der Waffen und Motoren heraus und legten die Munitionsgürtel in die Maschinengewehre. Es hatte keine fünf Minuten gedauert, da war das erste Flugzeug bemannt und mit einem Kran über das Loch im Boden des Hangars gehoben worden.
„Fertig?", brüllte der Chief gegen den Lärm des Luftschiffes und den Starten des Motors des Flugzeuges nun an.
„Check", war die Antwort von Squadron Leader Robert „Jeff" Jefferson.
Der Chief zog einen Hebel und die Sopwith fiel mit Jefferson und Pilot Officer Argon Renngate durch das Loch nach unten. Sofort wurde das nächste Flugzeug heran gehoben.
„Fertig?", „Fertig!"
Gunnery Seagent McGreagor war in der Zwischenzeit auf der Oberseite des Ballonkörpers angekommen. Der Wind pfiff einem hier nur so um die Ohren, vor allen da sich die Black Spear mit vollem Schub versuchte etwas beschützend vor die unbewaffnete Red Rose zu schieben. Die Red Rose, an der Steuerbordseite war ein dunkelrot lackierter Frachter, der Scotch mehr an einem zusammen gerollten Teppich erinnerte als ein einem eleganten Luftschiff, da machte selbst die veraltete Black Spear eine bessere Figur mit ihren dicken Zigarrenkörper.
William McGreagor setzte sich an die Doppel-MG, löste die Sicherung und lud durch. Zufrieden bemerkte er, dass nicht nur ausreichend Munition eingelegt war, sondern auch dass noch zwei weitere Munitionskästen bereit standen, ein junger Gunnery hockte etwas nervös hinter dem Stahlschild, bereit die leergeschossenen Munitionskisten zu ersetzten.
„Keine Sorge, Kleiner", sagte der schottische Riese, „die Jungs haben nen Schweren Fehler gemacht, die PIK ASS anzugreifen. Wir werden die dahin zurücktreten, wo sie her gekrochen kamen."
Unter der Black Spear tauchten die vier Flugzeuge auf, immer in Zweierstaffeln und flogen voraus in Richtung der fliegenden Inseln. Scotch konnte zwar noch keine Feinde ausmachen, aber er glaubte ein fünftes Flugzeug gerade wieder in Richtung der Inseln abdrehen zu sehen. „War das Howards Flieger?", fragt er mehr sich selbst, „wo steckt Arthur?"
Nach und nach kamen aus der Bordkommunikation die Bestätigungen von den verschiedenen Geschützstellungen, dass alle besetzt waren. Die Flugzeuge der PIK ASS hatten die Inseln fast erreicht, als dann endlich die feindlichen Flieger in Sicht kamen. Langsam schoben sich immer mehr Flugzeuge hinter einer Insel hervor. Einige davon deutlich größer als die Flugzeuge der Black Spear.
„Das sind Bomber", stellteMcGreagor fest und wiederholte die Worte in das Mikrofon der Bordkommunikation,„da sind Bomber! Konzentriert das Feuer auf diese sobald sie in Reichweitesind, sie dürfen nicht die Luftschiffe erreichen."
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PIK ASS - Das Kind des Feuers
Science FictionDie Scherbenwelt Eine Welt vor Urzeiten durch eine Katastrophe zerrissen wird nur durch die Kraft des Äthers in der Luft gehalten. Europa besteht aus einzelnen Inseln, der Verkehr fließt über Luftschiffe und Flugzeuge. Wir schreiben das Jahr 1920 un...