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"Ich bin bereit es dir zu erzählen Yoongi, wenn du bereit bist zuzuhören.", bricht er die Stille zwischen uns. Ich schaue ihn an und er mich ebenfalls. Wir fallen in ein tiefes starren, welches einfach nicht aufhören will und soll. Die Minuten oder Stunden wollen einfach nicht aufhören zu vergehen.
"Ich werde immer bereit sein zuzuhören.", antworte ich auf die schon lange vergessene Aussage. So als hätte ich ihn aus seiner Starre gerissen, blinzelt er einige male und dreht den Kopf wieder weg.
Schließlich nickt er. "Meine Eltern..", fängt er an, aber seine Stimme ist so kratzig, dass er abbricht und sich räuspert und dann schließlich weiter fährt. "Meine Eltern.. Sie.. sind sehr stark gläubig. Ich bin mit dem Glauben aufgewachsen, dass anders sein nicht gut wäre. Das Homosexualität nicht 'normal' wäre, das es falsch wäre einen Menschen des gleichen Geschlechtes zu lieben. Das habe ich auch geglaubt. Ich habe immer mit Stolz behauptet, was meine Eltern gesagt haben und somit andere damit verletzt. Aber als ich älter wurde, habe ich mich immer weiter gefragt, ob denn das, was meine Eltern glaubten, richtig ist. Ich habe Bücher gelesen, Filme geguckt und alles hat mir weiß gemacht, dass mein ganzes Leben vielleicht eine Lüge war. Ich habe mich erinnert, wie ich jeden Menschen der anders war, fertig gemacht habe, wie ich selbst zu dem Monster wurde, das meine Eltern erschaffen hatten, aus mir gefeilt hatten. Ich habe in der Vergangenheit gelebt und..", er bricht ab, denn ein Schluchzer kommt aus seiner Kehle gekrochen.
Ohne weiter zu überlegen, ziehe ich ihn an mich heran und lege meinen Arme um ihn. Er schmiegt sich an mich und legt seinen Kopf in meiner Halsbeuge ab und so bleiben wir sitzen, bis er seine Stimme wieder findet und weiter redet. "Es wurde immer schlimmer. Jeden Tag habe ich meine Eltern gesehen, wollte sie Stolz machen, doch ich habe diese Menschen hinter ihrer Fassade gesehen. Diese Seite der Menschen, die ich verabscheut habe. Ich dachte an alles, was ich wegen ihnen getan habe. Aber irgendwie war es doch meine Schuld, nicht?". Ich sage nichts. Ich lasse ihn reden, ich lasse ihm alles vom Herzen reden, was er wahrscheinlich Jahre lang keinem Menschen erzählt hat.
"Irgendwann kam der Selbsthass, der Ekel vor mir selbst. Jeden Tag als ich in den Spiegel sah, sah ich den Menschen der ich einst war. Aber was hätte ich tun sollen, ich bin so aufgewachsen wie ich eben war." Seine Stimme war nur noch ein verzweifeltes Flüstern, voller Rechtfertigung. "Aber das ist nicht das schlimmste. Während dieser ganzen Zeit habe ich plötzlich Interesse an einem Jungen bekommen. Ich konnte es nicht verhindern, die Gefühle kamen einfach, ohne, dass ich sie überhaupt bemerkt hätte oder ich habe sie einfach verdrängt. Oder, was ich mich bis heute noch frage, ich habe mir die Gefühle eingebildet um mich zu erleichtern. Mir zu zeigen, dass ich tolerant bin.
Das war einfach zu viel für mich. Meine Eltern hätten das nie akzeptiert, so habe ich angefangen mir selbst weh zu tun. Erst war es das ständige Kratzen meiner Haut, der Schmerz der dadurch entstand, half mir ein bisschen das zu überstehen. Aber als es nicht mehr genug war, habe ich angefangen meine Haut aufzuritzen. Irgendwann haben meine Eltern das herausgefunden. Sie sagten, ich solle mir keine Sorgen machen. Sie sagten, ich sei krank, aber man könne es heilen. Ich war so verzweifelt, dass ich ihnen gebeichtet habe, dass ich auf Männer stehe, was ich jedenfalls vermutete. Ich war mir nicht mal sicher, aber ich wollte ihnen eins Reinwürgen, weißt du was ich meine? Jedenfalls stieß das, das Fass um. Mein Vater hatte einen Wutanfall und hat mich geschlagen, hat mir Vorwürfe gemacht. Meine Mutter hat bitterlich geweint. Es sei nur eine Phase, sagten sie. In dieser Nacht war ich so verzweifelt, dass ich eine ganze Packung Schlaftabletten geschluckt habe, um meinem Leben ein Ende zu setzen. Hätte meine Mutter mich nicht rechtzeitig gefunden, wäre ich jetzt Tod. ", er kann nicht mehr weiter sprechen, denn seine Stimme bricht und geht in Tränen rüber. Tränen der Erinnerung, der Verzweiflung.
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Night Talks | Yoonseok Shortstory
FanfictionYoongi hat sich sein Leben so aufgebaut wie er wollte. Er hat sich von allen distanziert und läuft nun alleine durch die Welt, denn menschliche Beziehungen sind nur eine Last und führen ins Leere. Hoseok ist jemand, der, im Gegensatz zu Yoongi, sei...