How to disappear

214 8 2
                                        

She's out of the light, she thought it'd be safer

She said I wanna go home

The Birthday Massacre - Leaving Tonight

~*~

Es begann zu regnen. Kleine, leichte Tropfen berührten die Fensterscheibe wie mit zahllosen, sachten Fingern. Rosas Schultern bebten.

Man hatte sie in einen Raum gebracht, fern genug von den Kobolden und ihrem seltsamen König, um sich zu beruhigen und nah genug, um jederzeit zurück zu kehren. Wenn sie sich beruhigt hatte oder etwas brauchte. Doch war ihr nicht nach Gesellschaft zumute. Schon gar nicht nach der von Gestalten, die ihr nur unter die Nase rieben, in welch ausweglose Situation man sie getrieben hatte. Ihr hämisches Lachen klang noch in ihren Ohren nach.

Sie biss sich auf sie Unterlippe und krallte die Finger in die Bettdecke unter sich. Der Stoff schmiegte sich weich an ihre Haut, beinahe tröstend und das Bett war groß und mit dunkelbunten Vorhängen ausgestattet, hinter denen sie sich in diesem Moment nur zu gern versteckt hätte. Sie wusste nicht, ob dies auf Dauer ihr Zimmer sein würde, oder ob es lediglich dazu diente, ihr einen Ort der Ruhe zu schenken, bis die Verwandlung sich vollzog.

Die Verwandlung ... das Worte lag bitter auf ihrer Zunge, ohne, dass sie es aussprach. Es brachte etwas in ihr zum Zittern, ängstlich, unbehaglich. Unmöglich konnte sie ihre menschliche Gestalt verlieren. Es war eine so abstruse Vorstellung. Kurz blickte sie auf ihre Hände, schmal und blass ... wie würden sie aussehen? Wenn erst alles geschehen war? Wenn Nathan es nicht schaffte ... Der König der Kobolde hatte so überzeugt gewirkt vom Scheitern des jungen Mannes. Die Erinnerung an sein milde amüsiertes Grinsen stach widerstandslos wie eine heiße Nadel durch Mottenflügel direkt in ihr Herz.

Die Kobolde, welche sie vor wenigen Minuten hier her führten, hatten ihr so wenig erklärt. Ob es einen anderen Ausweg gab, eine Möglichkeit, umzukehren, was Nathan unwissentlich angerichtet hatte. Verdammt, dachte sie mit wachsender Verzweiflung im Herzen, das alles darf nicht wahr sein!

Brennende Tränen verfingen sich in ihren Wimpern, ließen ihre Augen schimmern und so sehr sie sich auch bemühte, sie zurück zu halten, dauerte es nicht lang, bis sie feucht ihre Wangen benetzten. Fein wie Glas und ebenso zerbrechlich, wie sie sich fühlte.

Dreizehn Stunden.

Keine Minute länger blieb ihr, um von ihrem Schicksal verschont zu werden. Es erschien ihr unwirklicher denn je. Es musste sich um einen Traum handeln, es musste ... doch je länger sie es sich einzureden versuchte, desto mehr Zweifel nagten an ihr. Noch immer blieb diese ganze, eigenartige Welt um sie herum stabil, anders als in allen Träumen. Dort, wo die Schauplätze willkürlich tauschten, wo sich nichts hielt, wie es zu Anfang schien, wo die Bilder aus dem Nichts heraus verschwammen. Nein, hier verschwamm die Welt lediglich dank der Tränen in ihren Wimpern.

Fahrig wischte sie sich über die Augen und blickte zum Fenster. Die Regentropfen wurden dicker, zahlreicher mit jeder Minute und der Wind außerhalb des Schlosses wehte sie durcheinander, warf sie gegen das Glas. Das leise Trommeln an der kalten, spiegelglatten Scheibe verflocht sich nach und nach zu einer zarten, bittersüßen Melodie und es zog an ihrem Herzen.

"Nathan...", wisperte sie, als könnte er ihr brüchiges Bitten hören, wo auch immer er sich befand.

Er war ihre einzige Hoffnung, diesem Alptraum zu entkommen. Sie bereute die Worte, die sie im Streit an ihn verloren hatte. Bittere, zornige Worte, weil er nicht in der Lage war, die Finger von anderen Mädchen zu lassen, während er vorgab, es gäbe keine andere für ihn. Nur sie, Rosa. Nicht, dass er ihren Ärger nicht verdient hätte, doch sie wünschte sich, sie könnte alles Gesagte zurück nehmen; könnte verhindern, dass er wütend wurde und sie an diesen irrsinnigen Ort brachte. Es sollte ihr eigenes Bett sein, auf dem sie die Tränen vergoss, ihre eigene, kleine Wohnung, in der sie sich einschließen konnte, um die Welt für eine Weile auszusperren.

SpellboundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt