Kapitel 5

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Natürlich hatte Joanna die ganze Zeit, während des Films, Fragen gestellt. Dabei hatte Shirley selbst keine Ahnung warum Sam sie angesprochen hatte. Vielleicht hatte er gemerkt, dass sie Kummer hatte?

Der Film war relativ gut gewesen, hatte sie aber auch nicht vom Hocker gehauen. Anschließend war sie ohne Probleme nach Hause gekommen. Vielleicht war sie inzwischen paranoid, aber Shirley rechnete jeden Abend mit etwas Schlimmen.

Ihr Vater hatte wieder Nachtschicht gehabt, also war sie direkt ins Bett gegangen und hatte noch lange ihren verqueren Gedanken nachgehangen.

Das Wochenende verlief ereignislos. Schon fast langweilig. Doch rausgehen wollte Shirley auch nicht. Deshalb war sie relativ schnell wieder in ein Loch von Depressionen gesunken.

Da Jack die meiste Zeit arbeiten musste, war sie auch allein geblieben. Als endlich der Montag kam, war sie vermutlich die einzige am College, die sich darüber freute. Samantha und Mike hatten Samstag und Sonntag durchgefeiert und hingen dementsprechend in den Seilen. Joanna war munter wie immer und redete über ihr Lieblingsthema.

Die Nachmittagskurse fielen zu Shirleys bedauern aus, darum ging sie in die Bibliothek, um Stoff nachzuholen. An ihrem alten College waren sie noch nicht ganz so weit mit dem Stoff gewesen und so musste sie etwas nacharbeiten. Also betrat sie das flache, verglaste Gebäude, um sich gleich durch die vielen, nach Themen geordneten Regale zu forsten.

Shirley hatte eine unerträgliche Hitze und stickige Luft erwartet. Das kannte sie so von Gebäuden mit so vielen Fenstern, durch die die Sonne herein knallte. Aber diese Bibliothek war gut durchlüftet. Das würde ihr das Lernen angenehmer machen.

Nachdem sie sich die ersten Bücher zusammen gesucht hatte, nahm sie an einem der vielen Tische Platz und begann zu lernen. Nach kurzer Zeit stellte sie leider fest, dass sie noch mehr Informationen benötigte und ging erneut Bücher sammeln.

Die Bibliothek war erstaunlich umfangreich ausgerüstet. Die hohen Regale waren bis zum Rand vollgestopft mit Wissen. Sie benötigte ein Buch, das im obersten Fach eines Regals stand und stellte sich auf Zehenspitzen, um danach zu greifen. Erfolgreich angelte sie sich den Wälzer über Naturwissenschaften.

Da verlor sie das Gleichgewicht und zog ungeschickt noch drei weitere Bücher heraus, die ihr der Reihe nach zielsicher auf den Kopf fielen. Sie fluchte laut. Das und das Geräusch der auf den Boden fallenden Bücher sorgte natürlich wieder für Aufmerksamkeit. Peinlich berührt hockte sie sich nieder, um die Bücher aufzuheben.

Da kam ihr eine fremde Hand zur Hilfe. Es war ein junger Mann ihres Alters. Shirley schätzte ihn auf Anfang zwanzig. Er hatte hellbraune Augen, lange Wimpern und sah insgesamt sehr nett aus. Vor allem sah er normal aus. Er trug eine einfache Jeans, ein braunes Shirt und Sneakers. Auf der Nase glänzte eine quadratische Brille, was ihn ein bisschen nach einem Nerd aussehen ließ.

Er half ihr die Bücher zurück zu stellen.
„Danke", sagte Shirley leicht verlegen. Sie wollte nicht, dass man ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte. Aber der Nerd lächelte freundlich und antwortete: „Kein Thema. Ich bin übrigens Will."

Er streckte Shirley seine große Hand entgegen. Unsicher griff sie danach.
„Du bist Shirley, richtig?"
Sie nickte.
„Du bist die Neue, von der alle reden."
„Ach tun sie das?", hakte Shirley nach.
„Na sicher. Erstens erzählt man sich, dass dein Vater ein Cop ist und zweitens bist du das schöne neue Spielzeug für alle. Jeder will dich kennen lernen und dein bester Freund sein."

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