Elliot
Heute würde er sie finden. Das sagte er sich jeden Tag aufs Neue. Doch er merkte das seine Geduld langsam am Ende war. Außerdem konnte er nicht mehr lange warten. Sie schöpften Verdacht. Mittlerweile belagerten sie sogar schon die Straße seines Appartement.
Er stieg aus dem Bett und machte sich frisch, wie jeden Morgen. Mit der Morgenzeitung und einem noch dampfenden Kaffee , setzte er sich auf die Terrasse. Trotz der Kälte knallte die Sonne von oben auf ihn herab und ließ seine nassen Haare trocknen. Er nahm ein Schluck und verbrannte sich die Zunge. Fluchend knallte er die Tasse auf den kleinen Tisch , der schon kurz vorm zusammenbrechen war. Doch er hielt stand. Erschöpft ließ Elliot den Kopf in seine Hände sinken. Er hatte schon wieder kaum schlafen können.
Gefangen in seinen eigenen Gedanken und Ängsten lag er jede Nacht im Bett, unfähig einzuschlafen.
Mit seinen Fingern strich er sich über seine blutunterlaufenden Augen.
"Bitte lass sie mich heute finden", flüsterte er in seine Hände. An wen das gerichtet war, wusste er nicht. Das Telefon klingelte laut und plötzlich. Seine Stimmung hellte sich auf ,als er "Jonghyun" auf dem Apparat las. Doch auch der gewohnte Schmerz, zog sich durch seinen gesamtem Körper und lies ihn an grausame Zeiten erinnern.
"Annyeong Elliot, ich hab die perfekte gefunden", begann sein Bruder. Lächelnd schüttelte Elliot den Kopf.
"Kamsamnida , aber ich suche sie lieber selbst". Er versuchte ein Gähnen währenddessen zu unterdrücken.
"Aber sie ist perfekt! Glaub mir", antwortete Jonghyun.
"Das glaub ich dir", seufzte er," Ich hab nur noch nicht die Hoffnung aufgegeben ihr auf der Straße über den Weg zu laufen." Selbst er merkte wie verzweifelt das klang.
"Ach weißt du was, ich hab es sowieso satt zu suchen. Wenn ich sie heute nicht finde schau ich mir sie an".
Er glaubte ein Lächeln in der Antwort zu hören als Jonghyun sagte "Sehr gut". Es herrschte kurze Stille eher er sagte " Ich seh dich aber morgen, egal ob du sie nun findest oder nicht, ja?".
"Klar."
"Schön, dann bis morgen und Elliot, nimm die Schlaftabletten die ich dir gegeben habe. Sie wirken wirklich Wunder."
"Annyeong", verabschiedete er sich von ihm. Mit Augen zu Schlitzen gepresst, blinzelte er in die Sonne.Zwei Stunden. Zwei Stunden nun schon schlenderte er in Paris, auf der Suche nach der Einen. Doch nichts. Nur ein paar Fans, die ihn kreischend umzingelt hatten und ihn um ein Foto gebeten hatten. Krampfhaft hatte er versucht sich zu befreien. Seine Gedanken die ganze Zeit nur bei einer Sache.
Er brauchte die Eine.
Sie musste perfekt sein.
Gelangweilt bog er in eine kleine, verlassene Gasse ein. Sofort hefteten sich seine Augen an ein kleines Neonschild. Darauf stand " bar avec live musique". In diesem Augenblick merkte Elliot wie müde seine Beine vom vielen laufen waren und seine Arme schlaf an ihm herunterhingen. Er brauchte eine Pause. So beschloss er hineinzugehen. Schon von außen konnte man leise Jazz Musik wahrnehmen. Mit einem knarzen öffnete sich die erstaunlich leichte Holztür. Dahinter kam ein großer, abgedunkelter Raum in Sicht. Kleine ,runde Tische waren um eine Bühne gestellt worden. Wohin das Auge reichte waren Lichterketten aufgehängt worden , die den Raum in ein orangenes Licht tauchten.
Bevor Elliot den Raum jedoch auf sich wirken lassen konnte , stellte sich eine Frau vor ihn und versperrte ihm die Sicht.
"Bienvenue Monsieur!", fing sie an, " Ich bin Jazz und für die Bedienung zuständig. Sie können mich jederzeit zu sich rufen, jedoch nicht zu laut. Ein Handzeichen genügt auch, denn schon bald beginnt die Vorstellung". Als sie lächelte ,entblößte sie ihre strahlend weißen Zähne. Elliot fing an sie zu betrachten.
Ihre Erdbeerblonden Haare hatte sie mit einem einfachen schwarzen Haargummi zusammengebunden. Einige Strähnen waren herausgefallen und schienen ihr Gesicht wie ein Heiligenschein zu umrahmen. Sie war hübsch, vielleicht sogar mehr als hübsch, aber sie war nicht Sie. Ihre Augen huschten nervös über Elliots Gesicht, der sie immer noch musterte.
"Vielen Dank, Jazz", sagte er schließlich und ging mit großen Schritten an ihr vorbei. Er suchte sich einen Platz, etwas mehr abseits der Bühne und setzte sich, mit einem zufriedenen Seufzer, auf den Stuhl . Als nach zwei Minuten Jazz zu ihm kann, beachtete er sie kaum und wand nur widerwillig den Blick von der Bühne ab.
"Wasser, mit Kohlensäure s'il vous plait".
Einige Zeit später, gingen die Scheinwerfer an und erhellten die Bühne. Kurz darauf kamen die Musiker auf die Bühne, die von leisem Applaus begleitet wurden. Alle drei waren schlicht in schwarz angezogen und unterhielten sich entspannt untereinander. Danach trat die Sängerin auf.
Sie ähnelte einer ägyptischen Göttin. Ihr seidenes schwarzes Haar trug sie wie Cleopatra . Rosige, volle Lippen, inmitten ihres Gesichts, waren zu einem kleinen Lächeln verzogen. Ihre Augen funkelten geheimnisvoll und waren mithilfe eines Liedstrichs hervorgehoben. Als sie lachte klang es wie Sirenengesang. Wunderschön und gefährlich zugleich .
Es war ,als würde die ganze Luft aus Elliots Lunge entweichen. Seine Hände fingen augenblicklich an zu schwitzen. Mit einem Ruck stand er auf und brachte fast das Glas zum umkippen. Beschämt setzte er sich wieder und war plötzlich dankbar dafür das der Raum abgedunkelt war. Seine Wangen hatten sich mittlerweile rot gefärbt und sein Kopf pulsierte, wie nach einem Sprint. Er versuchte vergeblich seinen Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. Ihr Blick glitt über ihn und blieb einige Sekunden lang an ihm haften.
Ihm stockte der Atem und er wartete ab ,bis sie den Blick wieder von ihm wand. Ohne zu wissen wie, hatte er plötzlich sein Handy in der Hand und tippte schon eine Nachricht an seinen Bruder.
Ich habe sie gefunden, schrieb er schlicht und schaltete es wieder aus.Vier Drinks später, saß Elliot immer noch in der Bar und lauschte ihrem Gesang. Sie sang „Cry Me A River" und es klang wunderschön. Er war verzaubert von ihrer Gestalt und konnte für einen kurzen Moment verstehen, weshalb Männer , Frauen faszinierend fanden. Während sie sang ,sah sie entspannt aus und zufrieden. Als wäre sie mit der Welt im Einklang. Die ganze Zeit über waren ihre Augen geschlossen und ihre Hände fest um das Mikrofon gelegt.
Das Lied endete viel zu früh. Wie in Trance klatschte Elliot. Er klatschte solange und so laut er konnte. Er wollte gar nicht mehr aufhören zu klatschen, so verzaubert war er. Mit dem Lied noch im Ohr stand er auf, legte genügend Geld auf den Tisch und schien fast torkelnd zur Bühne zu laufen. Die anderen Gäste warfen ihm fragende Blick zu, doch er nahm sie kaum war. Fest gekrallt an einem Stuhl, stand er so nah es ging an der Bühne. So nah es ging bei ihr. Er wollte ihr sagen wie wunderschön sie war, wie großartig sie gesungen hatte und wie tief berührt er war. Doch die Worte wollten seinen Mund nicht verlassen. Sie schienen wie fest geklebt an seiner Zunge. In seinem Kopf ratterte es, wie er ihre Aufmerksamkeit bekommen könnte. So stand er einige Zeit da, unfähig sich zu bewegen, geschweige denn etwas zu sagen. Er hatte nicht bemerkte das die Sängerin schon längst gegangen war. Irgendwann tippte ihm jemand auf die Schulter.
"Monsieur, ist alles in Ordnung?", ertönte eine zarte Stimme. Die Starre fiel augenblicklich von ihm ab und er drehte sich zu ihr um. Es war Jazz. Sie nahm schnell ihre Hand von seinem Arm und errötete leicht. Ohne zu wissen wieso, fing Elliot an zu lachen. So ist irritiert war er von der Situation. Kaum hatte er angefangen, hörte er nicht mehr auf.
Jazz stand immer noch vor ihm und musterte ihn. Dann, packte sie ihn am Arm und zog ihn sanft Richtung Ausgang. Sie stieß die Tür auf und schob Elliot hinaus. Die kalte Luft traf ihn wie ein Schlag. Er hatte seinen Mantel in der Bar liegen lassen und steckte seine Hände schützend in die Hosentaschen. Er hatte aufgehört zu lachen. Fragend schaute er Jazz an.
"Wieso haben Sie das getan?", fragte er. Seine Stimme war rau und kam ihm fremd vor.
"Sie haben sich ganz eigenartig verhalten und haben die anderen Gäste gestört", sagte sie und suchte seinen Blick. Doch er war in Gedanken schon wieder bei der Sängerin. Er konnte es nicht glauben, sie endlich gefunden zu haben.
"Geht es Ihnen besser?", meldete sich Jazz wieder. Er schaute auf sie herab, wütend bei seinen Gedanken gestört zu werden.
"Können Sie mir sagen, Jazz, wie die Sängerin heißt?", fragte er , bemüht nicht allzu nervös zu klingen.
"Hat Ihnen die Vorstellung gefallen?", fragte sie amüsiert, als sie merkte wie sehr er ihr an den Lippen hing.
"Es war großartig", sagte er gelassen, " Und ich würde gern noch einmal wiederkommen. Sagen Sie, singt sie jeden Abend?".
"Nur dienstags , donnerstags und freitags. Wollen Sie nicht lieber wieder hinein gehen?"
"Nein vielen Dank. Wie ist nun nochmal der Name der Sängerin?". Er zwang sich ein Lächeln ab.
"Ich hol Ihnen den Mantel, Ihnen muss doch kalt sein." Sie drehte sich um und war schon fast an der Tür angekommen, als er ihren Arm unsanft nahm. Mit einem kleinen Schrei drehte sie sich um.
"Ich will doch nur den Namen der bezaubernden Sängerin wissen. Meinen Mantel können Sie von mir aus behalten." , sagte Elliot so ruhig es ging. Jazz zog mit einer raschen Bewegung ihren Arm aus seinem Griff.
"Ophelia", sagte sie, "Und Sie, haben sicherlich morgen eine Erkältung."
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I need you
RomanceElliot ist Musikproduzent und Komponist. Elliot hat ein Geheimnis. Eins, das ihm seine Karriere kosten könnte. Deswegen braucht er Ophelia. Ophelia ist Sängerin und Kellnerin. Sie will Elliot helfen. Doch sie merkt schon bald das sie etwas tut, was...