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Ophelia

"Habt ihr ihn auch gesehen?", fragte Ophelia aufgeregt ihre Kollegen. Luis, der Pianist, schaute sie fragend an.
"Von wem redet du Ophelia?". Paul und Mattieu drehten sich zu ihr um. Alle drei warteten nun gespannt auf ihre Antwort.
"Links hinten, an Tisch Sieben?", probierte sie es erneut. Doch alle schüttelten wieder den Kopf.
"Ophelia, wir wissen nicht wen du meinst. Spann uns nicht auf die Folter", sagte Paul. Sie hatte selbst keine Ahnung wer er gewesen sein könnte. Jedoch kam er ihr so bekannt vor.
Enttäuscht von sich selbst schüttelte sie den Kopf.
"War bestimmt nur irgendein Kerl dem ich schon mal begegnet bin. Nichts weiter".
Mit geröteten Wangen verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg. Jazz war schon gegangen und so lief sie allein nach Hause. Fünf Minuten später klopfte ihr jemand leicht auf die linke Schulter.
"Salut Ophelia", ertönte Alexandres sanfte Stimme. Überrascht wand sie sich zu ihm um. Bevor sie etwas sagen konnte, schloss er sie in eine feste Umarmung . Als er sich von ihr löste strahlte er sie mit einem schiefen Grinsen an.
"Salut Alexandre, was machst du hier?", fragte sie und linste mit geröteten Wangen zu ihm rüber, während sie eine kleine Straße überquerten. Er hatte seinen Arm um ihre Hüfte gelegt und pfiff eine Melodie vor sich hin.
"Ich hab dich vermisst", antwortete er und zog sie noch enger an sich. Amüsiert verdrehte sie die Augen.
"Ich dich auch", nuschelte Ophelia in ihren dicken Schal ,den sie fest um ihren Hals geschlungen hatte. So gingen sie noch eine Weile weiter. Schweigend und ein wenig frierend. Erleichtert erblickte Ophelia die Straße in der sie wohnte. Alexandre begleitete sie bis vor die Haustür und nahm schlussendlich seine Hand von ihrer Hüfte. Nur um sie dann an sich zu drücken. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Schal und atmete den Duft ihres Parfums ein. Es roch nach Zimt und Weihnachten. Etwas unsicher drückte Ophelia ihn von sich weg.
"Es ist spät Alexandre und ich muss noch ein weiteres Lied für morgen einstudieren.", sagte sie und schaute ihn dabei aus ihren großen Augen entschuldigend an.
"Ich verstehe", sagte er und lächelte sie daraufhin an. Genau in diesem Moment fing es an zu schneien. Erst waren es einzelne kleine Schneeflocken die federleicht zur Erde fielen, doch dann wurden es immer mehr. Sie setzten sich auf Ophelias schwarzen Haare.
Fasziniert starrte sie in den Himmel und bewunderte die Schönheit der Natur.
Alexandre nahm ihr Gesicht in seine großen Hände und schaute ihr tief in die Augen. Für einen kurzen Moment war er wie gelähmt, von ihrem Anblick. Es verschlug ihn dem Atem, dass sie seine Freundin war. So wunderschön, liebevoll und aufrichtig. All das war sein.
Er beugte sich zu ihr hinunter. Doch Ophelia stoppte ihn.
"Du bist erkältet".
"Ophelia, es schneit", antwortete er schlicht. Sie musste bei seinen Worten lächeln und legte ihre Lippen auf seine.

Mit einem Tee in der einen Hand und ihrem Laptop in der anderen, setzte sie sich auf ihr kleines Sofa. Es war rot. Kein knalliges Neon rot, sondern ein Weinrot. Ophelia liebte diese Farbe über alles. Einst hatte sie zu ihrer Freundin Jazz gesagt, "Wenn ich niemals heiraten sollte, heirate ich diese Farbe, denn sie ist mein Seelenverwandter". Daraufhin hatte Jazz genickt und einen großen Schluck ihrer Limo genommen.
Mittlerweile hatte das Sofa schon ein paar Flecken, doch das änderte nichts daran das Ophelia weiterhin auf dem Sofa aß. Sie scrollte durch ihre Mails. Doch es gab nichts wichtiges. Also öffnete sie eine Internetseite und machte sich auf die Suche nach dem unbekanntem Mann. Bereits nach fünf Minuten gab sie die Hoffnung auf. Da sie nicht seinen Namen wusste, war es zwecklos. Ihr Tee war nun auch kalt geworden. Seufzend stand sie auf und machte sich einen neuen. Während der Wecker neben ihr tickte, sah sie aus ihrem kleinen Fenster auf die Straße. Der Schnee war nun schon mindestens ein Meter hoch und ließ die Autos auf der Straße kriechen. Amüsiert beobachtete sie einem Mann , wie er vergeblich versuchte vorwärtszukommen.
Er hatte sich einen dicken Schal um den Hals geschlungen, der fast sein gesamtes Gesicht bedeckte. Seine schwarzen Haare trieften vor Nässe und lockten sich an den Enden. Sein Kopf war starr nach unten gerichtet, sodass sie kein Blick auf sein Gesicht erhaschen konnte. Doch als er sein Kopf hob, schien es als würde er direkt zu ihr schauen. Ungläubig starrte Ophelia ihn an. Sie erhob sich blitzschnell vom Sofa und stellte sich direkt ans Fenster. Nun konnte sie ihn genau sehen. Dieses kantige Gesicht mit den vollen Lippen und den großen braunen Augen, erkannte sie sofort wieder. Es war der Mann von vorhin. Und plötzlich, als würde es klick machen, viel ihr sein Name ein.

Elliot Kim.

I need you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt