Schicksal

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Als ich auf das Haus zuging, öffnete sich die Tür und eine Frau mittleren alters kam auf mich zu. Sie war sichtlich nicht von meiner Anwesenheit begeistert. "Schleichst du etwa immer auf fremdem Grund herum?!" Bevor ich etwas sagen konnte, zerrte sie mich zu den Tulpen zurück und warf mich zu Boden. Dabei viel meine Sichelmondkette aus dem Kragen meines Kleides und als die Große, schlanke Frau diese erblickte, sah sie mich verwundert und fast ein bisschen schockiert an. Dann wurde sie wieder wütend, kniete sich vor mich, griff nach dem Schmuckstück und brüllte mich an: "Woher hast du das?? Hast du es gestohlen?!" Verzweifelt riss ich es ihr aus der Hand, stieß sie von mir weg und Antwortete mit lauter, zittriger Stimme: "Lassen Sie sie los! Die gehörte meiner Mutter!" In diesem Moment stand die Dame auf und fragte mich nun in einem normalen aber kalten Tonfall: "Wer war deine Mutter...?" "Sie heißt Elisabeth und kommt von hier, ich bin auf der Suche nach ihr.", sagte ich ein wenig aufgebracht. Dann reichte mir die Frau ihre Hand, zog mich hoch und sah mich bemittleidend an. "Komm mit rein. Ich werde dir alles erklären." Sie ging zurück zum Haus. Völlig perplex stand ich da und sah ihr nach. Was war da gerade passiert? Kennt sie meine Mutter? Ich war völlig verwirrt. "Na was ist?", rief sie mir zu, während sie mir die Tür offen hielt. Ich schloss kurz die Augen und schüttelte meinen Kopf um wieder klar denken zu können. Dann lief ich ihr hinterher.

Hinter der Eingangstür befand sich ein großer Raum, der wie eine art Gemeinschaftszimmer aussah. Innen war es sehr hell und wunderschön eingerichtet. "Setz dich." Die Dame zeigte auf einen Sessel, der neben einem großen Kachelofen stand. Ich gehorchte und wartete einen Augenblick bis die Fremde sich auf die Couch daneben saß. Sie schlug die Beine übereinander und blickte mir in die Augen. Es war fast ein wenig beunruhigend.
"Wann hast du deine Mutter das letzte mal gesehen?"
Dies sagte sie in in einer derartig strengen Art, dass es mir kalt den Rücken hinunterlief.
"Als...", fing ich an zu stottern. "Als ich... fünf Jahre alt war... da ist sie fort gegangen."
"Was weist du über sie"
Ich dachte eigentlich sie wollte mir alles erklären. Dabei stellt sie jetzt nur fragen.
"Eigentlich nichts. Nur, dass sie gegangen ist, weil sie etwas wichtiges zu erledigen hatte und bald zurück sein wollte. Nichteinmal an ihr Gesicht kann ich mich ganz erinnern."
Die Frau nickte.
"Wie ist dein Name?"
"Ich trage den selben Namen wie meine Mutter aber alle nennen mich Liz."
Wieder ein Nicken.
"Was hat dich-"
"Möchten Sie mir nicht auch ihren Namen nennen?", unterbrach ich sie.
"Elfriede Richter. Was hat dich dazu gebracht jetzt nach Elisabeth zu suchen?"
"Ich habe niemanden mehr. Mein Vater, er... verstarb vor kurzem. Also bin ich hierher gekommen." Sofort versuchte ich den Gedanken an ihn loszuwerden. Ich wollte nicht daran denken.
"Das tut mir leid... Ich weiß wie es ist einen geliebten Menschen zu verlieren. Wir alle wissen das..."
Was meint sie mit 'Wir alle'?
Dann herrschte kurz stille.

"Weist du was deine Mutter war Liz?"
"Was meinen Sie?"
"Das kommt villeicht etwas überraschend. Sie war eine Hexe. Eine sehr mächtige obendrein und-"
Was redet die für einen Unsinn??
"Eine Hexe?! Das ist doch lächerlich! Ich gehe jetzt...!", unterbrach ich sie.
Ich war völlig außer mir. Ich dachte sie könnte mir helfen, dabei ist sie wahrscheinlich einfach nur verrückt. Ich wollte gerade aufstehen, da wurde ich wieder in den Sessel gedrückt. Als würde er mich nicht gehen lassen wollen.
"Das ist kein Scherz Liz. Ich bitte dich mir zuzuhören. Wenn du jetzt gehst ist das dein Todesurteil."

Ich erstarrte bei diesen Worten. War das eine Drohung?
"Gib mir dein Amulett."
"Kommt gar nicht in Frage!"
Ich versuchte erneut aufzustehen, konnte mich aber nicht bewegen. Frau Richter kramte etwas aus ihrer Rocktasche. Es war eine kleine, kreisrunde Uhr. Sie hockte sich vor mich, nahm meine Kette und steckte die Uhr an die innenseite des Mondanhängers. Sie rastete ein. Als würde sie dort hingehören.
"Was ist das?" Die Frau zog etwas aus ihrem Dekolleté. Es war die selbe Kette mit dem gleichen Anhänger. Eine kleine Uhr, darum herum die Mondsichel. Als ich sie genauer ansah, viel mir auf, dass sie nur einen Zeiger hatte.
"Jede von uns hat soetwas. Ich denke es ist nicht ganz einfach zu erklären, aber ich will es versuchen."
Sie ließ die Uhr wieder in ihren Ausschnitt gleiten und setzte sich zurück auf die Couch.
Eigentlich wollte ich sofort gehen aber jetzt wurde ich neugierig. Ich habe dieses Amulett schon so lange. Ich muss einfach wissen was es damit auf sich hat.
"Nun", fuhr sie fort. "In diesem Haus wohnen ich und ein paar andere Frauen. Nicht nur deine Mutter, sondern wir alle... sind Hexen. Wir leben zusammen als Coven, als Zirkel. Deine Mutter war die stärkste von uns. Sie hat den Coven geleitet" Sie wurde kurz still als würde sie überlegen wie sie den nächsten Satz vormulieren sollte. "Vor langer Zeit aber, kam ein Mann zu uns. Er war jeden Tag zu Besuch. Jeder mochte ihn wegen seiner charmanten art. Jedenfalls hatte sich das später geändert, Als Selene... Ich meine... Als er uns alle verraten hatte und uns verfluchte!"
"Warum hat er das getan?", fragte ich. Es hörte sich alles immernoch unsinnig an aber andererseits war Elfriede Richter die einzige Person die mir helfen könnte.
"Es gibt Dinge über die reden wir hier nicht gerne. Die Geschichte hinter dem Fluch ist eine davon. Irgendwann werde ich es dir erzählen aber das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt."
Dann atmete sie tief durch.
"Um nun zu den Uhren zu kommen, sie wurden von uns gefertigt um dem Fluch zu entkommen. Denn er sperrt uns hier ein. Würden wir ohne sie nach draußen gehen, zerfielen wir zu Staub."
"Ich verstehe nicht ganz." Verwirrt musterte ich das Amulett, das um meinen Hals hing.
"Es ist so, du hast den Kreis um das Haus gesehen bepflanzt mit Tulpen? Das ist die Grenze. Sie dürfen wir nicht überschreiten. Doch mit der Kraft jeder einzellnen Hexe wurden 13 Ketten mit 13 Uhren erschaffen. Verlassen wir unseren Garten fängt die Uhr an zu ticken. Der Zeiger dreht sich 7 stunden lang, bis er wieder auf der 12 steht. Hat er den Kreis vollendet musst du zurück sein. Ansonsten..." Sie wendete den Blick ab.
Doch eine Sache war mir nich nicht klar.
"Warum hat meine Mutter diese Uhr nie gebraucht?"
"Ich sagte doch. Elisabeth war stärker als wir alle. Sie schaffte es mit ihrer eigenen Kraft den Zeiger zurück zu drehen. Das tat sie mehr als 5 Jahre jeden Tag, doch dadurch wurde sie immer schwächer. Zu der Zeit als sie dich verließ bekam ich einen Brief. In dem schrieb sie, sie würde die Uhr nehmen und dir die Sichel lassen, denn sie würde es nicht schaffen sie noch einmal zurück zu stellen. Sie hat lange durchgehalten."
Mir wurde ganz komisch als ich das hörte. Meine Kehle wurde kratzig und meine Sicht verschwommen. Ich versuchte dieses Gefühl hinunterzuschlucken und im selben Moment schoss mir eine Frage durch den Kopf:
"Hat sie es denn hierher geschafft??"
Frau Richter zuckte mit den Schultern.
"Einige Tage darauf lag die Uhr vor unserer Haustüre. Ich kann dir leider nicht sagen was mit deiner Mutter passiert ist. Wir wissen es selbst nicht."
Ich war enttäuscht aber auch ein wenig erleichtert. Das bedeutet sie muss es zum Haus geschafft haben.
"Danke Frau Richter" murmelte ich und wollte schon aufstehen, da sah sie mich grimmig an. "Zuerst mal nennen wir uns hier nicht beim Nachnamen. Und Außerdem sind wir noch nicht ganz fertig Liz, du kannst nicht einfach verschwinden."
"Was meinen Sie? Verzeihung.. DU"
"Verstehst du es immer noch nicht? Du bist jetzt eine von uns. Du wirst hier wohnen, du wirst hier arbeiten. Du wirst den Rest deines Lebens hier verbringen. Du hast sieben Stunden zeit um dein Hab und Gut zu holen. Und sei Pünktlich. Du weist ja was sonst passiert."
"Aber das kann doch gar nicht sein... ich bin keine Hexe, ich hätte das doch gemerkt!"
"Viele Hexen wissen lange Zeit nichts von ihren Kräften. Einige sogar ihr Leben lang."
Elfriede begleitete mich noch zur Tür. "Du hättest nicht hier herkommen sollen", sagte sie. "Dadurch, dass du die Grenze überschritten hast wirkt der Fluch auch über dich, weil du auch eine Hexe bist."
"Eine Frage habe ich noch", platzte es aus mir heraus, als Elfriede die Tür schon wieder schließen wollte.
"Warum Tulpen?"
Sie sah auf den Boden und verschwand hinter geschlossener Tür.

Also ging ich zurück zum Kreis aus Tulpen und stieg hinüber. In diesem Moment fing die Uhr an zu ticken.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 04, 2019 ⏰

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