Kapitel 9

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>> Ja, mir geht es gut.<<

>> Wirklich Schatz? Du meldest dich so wenig.<<

>> Ja, sorry, Aber ich hab viel zu tun. Du weißt ja Schule.<<

>> Und die Lehrer sind nett?<<

>> Ja.<<

>> Und die Mitschüler auch?<<

>> Ja..<<

So ging das eine ganze Weile und irgendwann verlor ich das Interesse und lauschte nur noch mit halbem Ohr. Das praktische an Gesprächen mit seiner Mutter war, dass man keine großen Antworten geben musste, nur >>ja<< und >> nein<<, das reichte. Es war Samstag und ich hatte keine große Lust zum Frühstück zu gehen. Mein Magen war leer, aber ich hatte Angst. Angst James über den Weg zu laufen und diese Angst besiegte den Hunger. Gestern Abend hatte ich kein Wort mehr gesagt. Ich war stillschweigend neben den anderen in die Schule zurück gegangen und wenn Jule angefangen hatte, mit mir zu reden, hatte ich den Blick abgewandt und gemeint, ich sei müde. Tatsächlich aber war ich die ganze Nacht wach gewesen und hatte mich umhergewälzt. Weil mein Gehirn keine Ruhe hatte geben wollen, hörte ich Musik, die ich so laut stellte, dass ich keine klaren Gedanken fassen konnte, was natürlich auch nicht beim einschlafen geholfen hatte. Erst im Morgengrauen war ich in einen unruhigen Dämmerschlaf gefallen und um acht hatte das Klingeln meinens Handys mich geweckt.

>> Ich hab dich gefragt, ob du in den Herbstferien die ganze Zeit nach Hause möchtest und du sagst Ja. Was ist los?<< Mist, diemal hatte meine Ja-Stratgie einen Haken.

>> Tut mir Leid. Mom. Ich bin noch etwas müde. Ich sag dir später Bescheid, okay? Es gibt Frühstück.<< Das war nicht mal eine Lüge, denn es gab wirklich Frühstück, aber ich wollte einfach nicht hinunter gehen.

>> Okay, dann bis später. Hab dich lieb.<<

>> ich dich auch. Tschau.<< Meine Eltern und ich hatten uns bereits kurz nach meiner Ankunft ausgesprochen, denn keiner von uns mochte Streit und auch wenn ich noch sauer gewesen war, weil sie mich ohne meine Einwilligung auf ein Internat verfrachtet hatten, wollte ich sie nicht dauernd damit konfrontieren. Außerdem mochte ich das Internat. Zumindest hatte es mir bis gestern sehr gut gefallen. Ich legte mein Handy auf den Schreibtisch und ließ mich auf mein Bett fallen. Den dicken Kloß in meinem Hals, der seit gestern Abend einfach nicht weggehen wollte, spürte ich auf einmal wieder mehr und ich spürte die Tränen, die ich seit Stunden erfolgreich unterdrückt hatte. Ich balle die Fäuste so fest, dass die Knöchel stark hervortraten und weiß wurden. Wieder schluckte ich mehrmals, als würde es den Kloß auflösen oder ihn herunter spülen. Ich war froh, dass ich ein eigenes Zimmer hatte und gleichzeitig wünschte ich, jemand wäre hier. Würde sich für mich interesieren. Mich beachten. Anrufen, vorbei schauen und mir sagen, das irgendwer da sei. Meine Trauer und das Selbstmitleid wandtelte sich in Wut um. Ich stand auf, wischte mir mit dem Handrücken über die Augen und trat gegen das Bett. >> Alles wird gut, Alice.<< Mein Fuß schmerzte nun zu allem Überfluss auch noch, aber ich biss die Zähne zusammen und zog mein Mathebuch aus der Schultasche. Mathe war schrecklich, aber weit aus besser, als auch nur eine weitere Sekunde an Jungen zu verschwenden. Während ich mich mit Formeln und Gleichungen abmühte verging die Zeit tatsächlich schnell und als ich mir eine Pause gönnen wollte und auf die Uhr schaute stellte ich fest, dass es bereits Zeit zum Mittagsessen war. Nicht nur das die Zeit verflogen war und ich keinen weiteren Heulanfall bekommen hatte, nein, ich hatte sogar Mathe verstanden und ich fühlte mich wieder besser. Zuversichtlich zog ich ein paar Shorts und einen Pullover an, da ich eh nicht vorhatte für mehr als die Mahlzeiten den Raum zu verlassen. Es gab Erbsensuppe - nicht mein Lieblingsessen, aber es ging auch schlimmer und als ich Platz nahm, hörte ich eine Stimme hinter mir, die vorsichtig sagte: >> Hey Al..wie gehts dir?<< Es war Bee, die, ebenfalls ein Tablett mit Suppe und ein Wasserglas in den Händen, mit dem Knie den Stuhl mir gegenüber nach hinten schob und ihr Tablett abstelle. Und ich merkte, dass sie die einzige war. mit der ich gerade reden wollte und desen Anwesenheit ich vermisst hatte. >> Ich wusste nicht, ob du heute Vormittag reden wolltest oder nicht. Hab es eben von Jule erfahren..<< Ihre Stimme war leise und sanft. Sie sah mich aus ihren schönen braunen Augen vorsichtig und traurig an. Ihr Blick war so lieb und verständnisvoll, dass ich am liebsten heuldend in ihre Arme gefallen wäre, aber ich versuchte ein lächeln, welches kläglich misslang.

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