Ich erinnere mich aber noch gut daran, wieich vor dieser Tafel mit dem geschichtlichen Kontext stand und einwenig schadenfroh daran dachte, dass es sicher Menschen geben würde,die auf die gut gestrickte Geschichte hereinfallen würden. Menschen,die leichtgläubig genug wären, um aus einer Handvoll alter Fotosden Schluss zu ziehen, dass dieses Exponat mehr war als einaufwendiger Scherz.
Ich betrachtete auch das Ausstellungsstückselbst mit einer Mischung aus Belustigung und Arroganz. Es warhandwerklich einwandfrei gestaltet, das musste ich wohl zugeben, dochgewisse Formen und mechanische Ausführungen verliehen dem Objektetwas lächerlich Absurdes.
Einmal konnte ich mir nicht verkneifenmit der Hand eine der metallischen Oberflächen zu berühren, obwohlsich das, wie ich wohl weiß, in einem Museum nicht schickt. Aber derZweifel nagte derart stark in mir, dass ich unter allen Umständensicherstellen wollte, dass es sich bei diesem künstlerischen Werk umnichts anderes als eben ein Kunstwerk handelte. Eines, das durchgewissenhafte Planung in ein urbanes Mysterium eingebettet wordenwar.
Kurz, ich konnte weder einen offensichtlichen Fehler nochhaltbare Beweise finden, die Einfluss auf die Echtheit der Geschichtegehabt hätten, und tat sie schließlich als gut erzählten Witz ab.Das kurzzeitig aufgeflammte Interesseverließ mich nach Verlassen der Ausstellung wieder. Bald verflogauch die Erinnerung und ich wendete mich den alltäglichen kleinenProblemen zu, die uns heute so ausfüllen und beschäftigen, dassdaneben selten Raum für Rätsel bleibt.
Erst gegen Ende desJahres erinnerte ich mich wieder daran, als die Nachrichten von einerReihe Meldungen beherrscht wurden, die allesamt merkwürdigeakustische Phänomene in Berlin behandelten. Es schien, alsschreckten die Bewohner bestimmter Stadtteile regelmäßig, vonmetallischem Knallen geweckt, aus dem Schlaf.
Warum ich mich indiesem Zusammenhang an eine Ausstellung erinnerte, die bereits mehrals ein halbes Jahr zurücklag, konnte ich nicht sagen. Meinlogisches Denken hungerte nach Fakten und ich verwendete einigeFeierabende für ausschweifende Recherchen im Internet.Ich fasse mich kurz, ich fand nichts, wasmir nicht schon von der Ausstellung bekannt gewesen wäre. DieselbenErläuterungen des Experiments, dieselben Fotografien und sogarAbbildungen des grauenhaften Objekts. Natürlich fand ich auch, wieerwartet, vereinzelte Beiträge Leichtgläubiger, dieunvoreingenommen an die Echtheit der Geschichte glaubten. DerVollständigkeit halber verfolgte ich natürlich auch diese Spurenein kleines Stück, gelangte aber, wie hätte es auch anders seinsollen, nur an die üblichen Anhäufungen modernen Aberglaubens, vonAliengeschichten über Chemtrails bis hin zuWeltuntergangsprophezeiungen.
Die Weihnachtsfeiertage lenktenmeine Aufmerksamkeit auf wichtigere Angelegenheiten und meineRecherchen ruhten über den Jahreswechsel. Ich kam zu dem Schluss,dass ich das Internet als Informationsquelle ausgeschöpft hatte,befand das Thema aber nicht für spannend genug, um alternativeQuellen zu bemühen.
Im März musste ich beruflich für einFortbildungsseminar nach Berlin reisen. Zwei Übernachtungen warengeplant, und ich freute mich auf zwei freie Abende in der Hauptstadt.An dieser Stelle muss ich gestehen, dass ichden Bericht nur ungern fortsetze.
Wie es dazu kam, dass ichschließlich an der U-Bahn Haltestelle Rathaus Steglitz landete, istsicher nicht relevant für den Bericht. Dem Leser sei lediglichgesagt, dass ein Seminarteilnehmer, mit dem ich lose Bekanntschaftgeschlossen hatte, nach einem Abend in einer örtlichen Kneipe eineWette vorschlug, die ich, nach reichlichem Bierkonsum, nicht ablehnenkonnte. Meine vernünftigen Überzeugungen waren derart angegriffen,dass er mich nach kurzer Zeit zu ködern vermochte.
Wäre ichnüchtern gewesen, hätte ich sicher dankend abgelehnt, ungeachtetdes Spotts, den ich dafür hätte ertragen müssen. So aber hattemein gesundes Urteilsvermögen nach einigen Bier Schaden genommen;und angestachelt von den höhnischen Kommentaren meines Bekanntenging ich auf diese in höchstem Masse unvernünftige Wette ein.
Wirwollten zu zweit von der U-Bahnhaltestelle Rathaus Steglitz bis zurHaltestelle Schlossstraße über die Gleise laufen.
Gewinnersollte der Schnellere von uns beiden sein. Mut, Furchtlosigkeit sowieGeschicklichkeit und Ausdauer würden bei dieser Wette gleichermaßenunter Beweis gestellt.
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Creepypasta | Oneshots
HorrorIhr könnt nicht genug Horror bekommen? Dann könnt ihr gerne meine Creepypastas lesen 📖💜 [Abgeschlossen]