Kapitel 4: Der große Tag

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Ich höre Sirenen, stechend laut! Autos halten quietschend neben mir. Ich höre Stimmen, sie kommen näher. Ich werde aus dem Auto gezogen, ich kann mich nicht bewegen. Durch die Schmerzen bin ich wie gelähmt. Jemand zieht mein T-Shirt ein Stück hoch und drückt irgendwas auf meinen Bauch. Dadurch wird eine Lawine von Schmerzen ausgelöst. Ich verziehe mein Gesicht. Plötzlich erfasst mich das Gefühl, dass ich hier weg sollte. Ich will mich aufsetzen, doch ich bin angeschnallt. Ein Mann drückt mich vorsichtig auf die Trage, um sicherzugehen das ich dort auch bleibe. Auf einmal geht alles ganz schnell und ich bin in einem anderen Auto. Es fährt verdammt schnell. Ich schließe kurz die Augen und da ist es wieder das Geräusch des Aufpralls, die Stimme meiner Mutter und das klirren der Scheiben. Ich wage einen zweiten Versuch mich hinzusetzten, es klappt. Doch was ist das auf einmal. Es ist Finster, ich kann mein Herz laut und schnell pochen hören. Ich bin nicht im Krankenwagen, sondern zuhause. Wann hören diese Träume voller schrecklicher Erinnerungen endlich auf? Ein Blick auf die Uhr verrät, dass es erst halb sechs ist, doch schlafen kann ich jetzt eh nicht mehr. Ich ziehe mich schnell an und gehe mit Jojo eine große Runde spazieren. In letzter Zeit habe ich ihn ganz schön vernachlässigt, aber jetzt freut er sich umso mehr über den Auslauf.

„Heute sollen 27 Grad werden, wollen wir alle nachher mit Jojo an den See? Der freut sich mal über Auslauf.", frage ich beim Frühstück. Alle sind begeistert, sogar Joni hat Lust mitzukommen. Also verabrede ich mich mit Joni um halb vier am See. Er soll Jojo abholen und ich die Zwillinge. Danach wollen wir noch in's Boulevard shoppen. Nach dem Frühstück bleibt wenig Zeit um alle Sachen fürs Schwimmen zu packen, also schmeißen die Zwillinge all ihr Zeug in meine große Tasche. Ich nehme die Schwimmsachen einfach mit in die Schule. Zuletzt packe ich 200 Euro fürs shoppen ein. Brote für heute Mittag sind geschmiert. Gerade als ich mich auf mein schwarzes Fahrrad setzen will, vibriert mein Handy. Eine Nachricht von Frau von Ehrenberg: Ich freue mich schon auf Ihre Anwesenheit morgen, nehmen sie bitte Badesachen mit. Ziemlich verwundert über die Nachricht antworte ich ihr, dann trete ich schnell in die Pedale.


„Wieso können wir keine Pommes kaufen?", quängelt Adrian. „Haste nicht gesehen wie teuer die sind? Außerdem haben wir Brote.", erwidert Joni genervt. Ich stehe auf und gehe eine Runde schwimmen, dabei vergisst man alle Sorgen und bekommt den Kopf frei. Plötzlich taucht Joni neben mir auf und fragt mich ob ich schon einen Job für ihn hätte und wie lange er noch den Babysitter spielen muss. „In drei Monaten werde ich achtzehn, dann kann ich offiziell für euch sorgen und bekomme Hilfsgelder vom Staat. Außerdem habe ich doch in einem Monat Abiklausuren, dass heißt ich bin in zwei Monaten fertig mit der Schule und kann richtig arbeiten." Jonathan ist mit der Antwort anscheinend zufrieden, denn er lässt mich wieder in Ruhe schwimmen. Die Sonne strahlt warm auf meinen Kopf. Jojo wetzt einem Ball hinterher und die Zwillinge kicken am Rand des Sees. So ist es perfekt, so kann es gern für immer bleiben.

„Jetzt beeilt euch doch mal, es ist schon 19Uhr", brülle ich nach hinten, wo die Zwillinge vor sich hin schleichen. Endlich sind wir im Shoppingcenter angekommen. Wir biegen in den erst besten Laden ein, H&M. Perfekt! Weiße Hemden mit beliebiger Krawatte für nur 19 Euro. Ich nehme drei vom Stapel, dann gehen wir weiter zu den Krawatten. Jeder kann sich eine aussuchen. Meine ist Schwarz, die von Joni weinrot und die Zwillinge nehmen beide eine hellblaue. Ich scheuche die Zwillinge zu den Jeans, dort sollen sie sich welche ohne Löcher aussuchen, vom Fußball spielen haben sie nur zerrissene Hosen. Als wir schon an der Kasse anstehen gucke ich an mir runter und sehe meine ausgelatschten Chucks. Die trage ich bestimmt schon ewig. Also biegen wir noch in die Schuhabteilung ein und kaufen vier paar billig Sneakers. Insgesamt zahle ich für unsere Verhältnisse ein kleines Vermögen, 149 Euro. Irgendwie bin ich heute echt großzügig, denn wir kaufen anschließend an einem Imbiss noch Pommes für alle. Natürlich von meinem verdientem Geld. Das mache ich auch nur, weil sie alle morgen mitkommen und versprochen haben sich an die Regeln für morgen zu halten. Ich hoffe morgen läuft nichts schief. Frau von Ehrenberg ist wirklich sehr nett. Kurz bevor ich schlafen gehen will, fällt mir ein, dass Jojo morgen den ganzen Tag alleine bleiben müsste. Also schreibe ich Frau von Ehrenberg zögernd eine Nachricht: Darf ich unseren Hund morgen bitte mitbingen? Zitternd schicke ich die Nachricht ab, dann starre ich noch einige Sekunden auf den Bildschirm. Und wirklich sie antwortet, Jojo darf gerne mitkommen, sie habe ja einen schönen großen Garten, indem genug Platz sei. Es ist mir ein Rätsel wieso diese Frau so nett zu mir ist, mit diesem Gedanken falle ich in den Schlaf.

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