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Schon wieder höre ich nebenan das Gestöhne.
Männergestöhne.

Seit Yoongi sich vor mir geoutet hat, macht er sich auch nicht die Mühe sich und sein Besuch groß zu verstecken.
Er wusste, dass ich nichts gegen Schwule habe; ich war nie der Typ, der andere Leute verurteilt, weil sie sie selbst sind.
Trotzdem widert es mich an. Vor allem an so Tagen wie Heute, an denen meine Nerven sowieso schon blank liegen und dann mein Mitbewohner auch noch meint, einen abschleppen zu müssen.

Ein unüberhörbares Stöhnen (nicht von Yoongi, ich weiß mittlerweile wie sein Stöhnen klingt) dringt durch die Wand zu mir durch. Ich verziehe mein Gesicht und drehe die Musik lauter.

Ich kugle mich in Embrionalstellung ein, während ich auf Insta meinen Feed wie ein Hobbyloser durchgehe. Nach ein paar Minuten bin ich sogar so in meine gut zusammengeschnittenen Kochvideos vertieft, dass ich erst zu spät bemerke, wie im Nebenraum gestritten, und dann eine Tür zugeschlagen wird.
Neugierig recke ich meinen Kopf in Richtung meiner Zimmertür, in der Hoffnung, gleich einen angepissten Yoongi bei mir reinplatzen zu sehen.

Er übertreibt es manchmal wirklich. Min Yoongi hat ein übles Mundwerk, was schon einigen seiner Affären Tränen in die Augen getrieben hat.
Ein Glück, dass ich Yoongi jetzt fast zehn Jahre kenne und gelernt habe, es nicht persönlich zu nehmen.

"Lass uns Pizza bestellen"
Ich schrecke auf, als er meine Tür endlich aufreißt und mich sofort mit seiner üblichen Bitte konfrontiert.
Wie immer nicke ich und öffne meine App.
"Welche willst du?"
Er überlegt keine Sekunde und macht mir mit knappen Worten klar, dass er eine Familienpizza mit allem will. Und wenn ich auch was davon möchte, soll ich mir halt ein Eck anders belegen lassen.
Zu gütig der Herr.

"Wars heute besonders schlecht, oder warum bist du so kacke drauf?"
frage ich ihn mit einem schadenfrohen Grinsen, was seine schlechte Laune nur weiter anheizen zu scheint.
"Fick dich, Jimin."

"Warum tust dus nicht?"
Er wollte gerade wieder aus meinem Zimmer verschwinden, aber mein Konter, den ich mir nicht mehr hatte verkneifen können, lässt ihn auf der Stelle innehalten.

"Ach, bist du jetzt schon eifersüchtig auf meine Onenightstands?"
Die Belustigung in seinen Augen spricht Bände und wenn ich ihn wohl nicht so lange kennen würde, hätten mich seine Worte wohl tiefer getroffen, als gewollt.
Da ich Yoongi aber schon eine Weile lang mit mir rumschleppe, zucke ich nur mit den Schultern und spiele teilnahmslos mit dem Handy in meiner Hand.
"Ich finde es eher erschreckend, dass sie dir immer so schnell nach Hause folgen. Wo gabelst du die denn alle immer auf?"

Er sieht mich nur teilnahmslos an.
"Kann dir doch egal sein, oder?"
Schmollend verziehe ich meine Lippe zu einer Schnute und verdrehe die Augen.
"Wenn ich schon das Gestöhne immer ertragen muss, kannst du mir auch mal ein paar Fragen beantworten."

"Ach kann ich das?"
Yoongi hat seine eine Augenbraue nach oben gezogen und sieht mich herausfordernd an, was für andere, die nicht ich sind, wahrscheinlich der sichere Abrutsch in seine Hände gewesen wäre. Er hat zu viel Macht. Mit so einer einfachen Geste gelingt es ihm, die Männer in den Bann zu ziehen.

Aber ich bin nicht irgend so ein Onenightstand, weshalb es mich überhaupt nicht einlullt. Es macht mich wütend.
Kurzerhand greife ich hinter mich nach meinem Kissen und werfe es mit aller Kraft in seine Richtung. Zu meinem Bedauern fängt er es mühelos.
Er betrachtet es ein paar Sekunden mit einem merkwürdigen Blick, bevor er auf mich zukommt und mir das Kissen auf den Brustkorb drückt.
Sehr zu meinem leidwesen bin ich kein Stein und kippe unter dem Druck nach hinten, wobei Yoongi die Chance nutzt und sich bedrohlich über mich lehnt.

"Wieso interessiert dich mein Liebesleben so, huh?"
Sein dämliches Grinsen, das er bei seinen Worten auf den Lippen trägt, würde ich ihm gerne sonstwo hinschieben.
"Du meinst Sexleben."
korrigiere ich ihn.
"Dein Liebesleben ist seit Jahren nicht vorhanden."

Es tut gut ihn so mit seinen eigenen Worten zu schlagen.
Jetzt schaut er dumm aus der Wäsche und ich trage das wohl fetteste Grinsen, das ich je zustande gebracht habe auf den Lippen.
"Ist doch wahr~"
Ich kann nicht verhindern, dass meine Worte in ein freudiges Glucksen übergehen.
"Du kannst es nicht abstreiten, Yoongi~"

Als Yoongi über mir keine Reaktion zeigt, sondern mich einfach nur anstarrt, finde ich das ganze nicht mehr so witzig.
"Man Yoongi, wo ist deine Schlagfertigkeit hin? Du musst dich schon verteidigen, sonst macht das ganze gar kein Spaß me-"
Er unterbricht mein nörgeln, indem er seine Hand auf meinen Mund legt.
"Bestell jetzt die Pizza. Ich verhungere noch."

Noch bevor ich seine Hand ablecken kann, hat er sie wieder von mir genommen und verschwindet aus meinem Zimmer. So ein Arsch. Ihm gehts immer nur um seine Pizza.

innocent // yoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt