♥ Prolog

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2 Jahre zuvor

Überall um mich herum war Stimmengewirr. Leute deuteten auf mich. Lachten. Tuschelten. Über mich. Nur, weil ich etwas verschüttet hatte. Mal wieder. Das war das zweite Mal heute. Mein Herz setzte aus. Das alles wollte ich doch nicht. Mein Blick flirrte umher. Alle sahen mich an. Mich. Ausgerechnet mich! Ich wollte schreien, dass sie wo anders hinsehen sollten, doch die Worte blieben mir im Hals stecken, als ich die Footballmannschaft unserer Schule erblickte. Mein bester Freund Ty versuchte, sie dazu zu bringen, aufzuhören, zu lachen. Ich wusste, dass ich ihn blamiert hatte. Nur, weil ich kein Tablett tragen konnte. Ich hätte wissen müssen, dass es eine dumme Idee gewesen war, über die Ferien einen Job anzunehmen. Besonders, da ich Missgeschicke magisch anzog. Oder Missgeschicke mich. So genau war ich noch nicht dahinter gekommen. Beschämt senkte ich den Blick, entschuldigte mich bei meinem Chef und rannte los, ohne auch nur zurückzublicken. Ty rief mir etwas hinter her, während ich aus dem Restaurant rannte und hektisch atmete. Meine roten Strähnen lösten sich aus dem Dutt, den ich vorhin locker gemacht hatte und kitzelten jetzt meine Schultern. Tränen brannten in meinen Augen.
Ich hatte Ty blamiert. Mich selbst. Und alle beschämt, die ich kannte. Es gab kaum etwas, was ich konnte. Außer einer Sache. Schreiben. Das konnte ich gut. Aber sonst? Ich konnte ja nicht einmal ein Tablett ein paar Meter tragen, ohne etwas zu verschütten. So viel zum Thema, dass Noten ausreichen würde. Das taten sie nicht.

Das war nur ein Irrtum. Meine Noten waren nicht schlecht. Aber ich konnte nichts, was wohl offensichtlich war. Die Blicke der Passanten waren mir egal. Ich wollte nur noch hier weg. Gerade, als ich um die Ecke biegen wollten, packte mich eine Hand. Eine Hand, die sich so selbstverständlich um mein Handgelenk schlang, dass man glauben könnte, sie würde da hin gehören. Mein Puls raste. Mir wurde heiß. Langsam drehte ich mich um und sah in grüne Augen, die auf der anderen Seite aber auch einen leichten grauen Stich besaßen. Mein Herz setzte aus. Nur einer an unserer Schule hatte solche Augen. Maverick Dawson. Meine Augen wurden groß. Ein Schmunzeln zuckte um seine Mundwinkel, als er es bemerkte. Dann wurde er aber wieder ernst. Und kaum hatte ich mich versehen, strich sein Daumen über meine Wange. An der Stelle, wo eine Träne gewesen war.
»Wieso weinst du denn?«, fragte er mich und in seinen Augen blitzte eine Wärme auf, die ich nicht gewohnt war. Gut, Ty zählte ich da natürlich nicht dazu. Stumm zuckte ich mit den Schultern. »Weinst du, weil sie lachen? Dann hör besser damit auf. Das sind sie nicht wert. Wir sind alle nur Menschen, also nicht perfekt. Hör auf, wegen ihnen zu weinen. Das verdienen sie nicht. Du hast das nicht nötig. Du hast wenigstens einen Job für den Sommer bekommen, sie nicht. Daran musst du denken. Ihr Lachen vertuscht ihre eigene Schwäche. Es ist immer leichter über andere zu lachen, wenn es einem selbst nicht besser geht«, hauchte er und reichte mir ein Taschentuch. Meine Wagen wurden rot, als ich sein Taschentuch entgegennahm und mir die Tränen wegwischte. Ein sanftes Lächeln umspielte seine rosigen Lippen. »Wieso bist du so nett zu mir?«, fragte ich leise nach und sah ihn an. Nun wurde er wieder ernst. »Man sollte immer nett zu Menschen sein. Und ich mag es nicht, wenn diese Idioten aus dem Team Mädchen zum Weinen bringen. Und irgendwie mochte ich es nicht, dich weinen zu sehen, wenn du doch gar keinen Grund dazu hast«, antwortete er mir. Ein kleines Lächeln zuckte um meine Mundwinkel.

»Das ist nett von dir. Danke. Vermutlich habe ich das einfach mal gebraucht«, sagte ich und sah ihn an. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. »Keine Ursache. Du bist Tys beste Freundin oder?« Ich nickte und sah ihn an. Wie kam es, dass er das bemerkte? Die meisten Typen aus dem Footballteam bemerkten das nicht. Sie fragten Ty fastjedes Mal, wer ich denn noch mal war. Doch Maverick? Er schien anders als alle anderen zu sein. »Montana richtig?«, erkundigte er sich weiter. Wieder nickte ich. Diesmal mit einem aufrichtigen Lächeln. Auch er lächelte mich an. »Also, Montana. Wie wäre es, wenn du denen da drinnen zeigst, dass man dich nicht so leicht klein kriegt?« Seine Worte trafen mich und brachten mich dazu, für mich aufzustehen. Für mich zu kämpfen. Sie brachten mich dazu zu verstehen, dass ich nur ich seinmusste. Egal, was andere von mir dachten oder von mir wollten. Ich konnte es ihnen zeigen. Wenn ich wollte. »Ich denke, dass das eine nette Idee wäre«, sagte ich und sah, wie etwas in seinen Augen aufleuchtet.
Und durch ihn verstand ich zum ersten Mal, dass ich nicht hier war, um perfektzu sein. Ich war hier, um ich zu sein. Und als ich das Funkeln in seinen Augen sah, wusste ich, dass ich ihm verfallen war. Doch in diesem Moment störte mich das wenig.

Lasting Crush ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt