8 Grausame Taten

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Adlyn
Der Wind fühlt sich sanft an. Er gleitet mühelos durch die winzigen Spalten meiner Federn. Ich habe mir schon immer vorgestellt als kleines Mädchen, wie es wohl ist, zu fliegen. Habe nachts davon geträumt und Belial ist in meiner ersten Nach im Palast sogar mit mir geflogen.
Und es fühlt sich...unbeschreiblich an. Jahrelang wollte ich auf die Welt unter mir sehen, wollte, dass die Leuten zu mir sagen und sich auch wünschten, zu fliegen.
Und jetzt ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen.

Meine Flügel ziehen sich ein und breiten sich blitzschnell wieder aus, um an Geschwindigkeit zuzulegen. An mir rauscht alles vorbei. Belial lacht.
»Nicht so schnell! Ich komme gar nicht hinterher.« Ich drehe mich auf den Rücken und sehe ihn an. Seine Augen schimmern dunkel, er lächelt, doch er wirkt...verspannt.
Sein Lächeln, nein, sein ganzer Körper ist verkrampft. Was ist los mit ihm?
»Vielleicht sollten wir wieder zurück?« Erwartungsvoll sieht er mir in die Augen. Verwirrt runzle ich die Stirn und beginne wieder weiter zu fliegen.
Jedoch nicht nach Hause.
»Wieso?«, frage ich und gleite Richtung Boden.
»Adlyn. Lass uns nicht darüber diskutieren. Wir gehen jetzt. Du sollst nicht wo weit weg.«
Grob packt er mich am Handgelenk und gleitet wieder in die Lüfte. Meine Schatten zischen. Wut gleitet durch meine Adern. Was fällt ihm ein?

Mit einem Ruck reiße ich mich von ihm los und lasse meine Schatten auf ihn los. Er wird zurück geschleudert. Die Schatten ziehen sich zurück. Meine Wut ist verflogen und macht nun Platz für die Angst.
Schnell rappelt Belial sich auf und kommt bedrohlich auf mich zu.
Ich weiche zurück, doch ein verräterischer Felsen versperrt mir die Flucht. 
Der Dämon kesselt mich mit seinen gigantischen Federn und seinen muskulösen Armen ein.

Ein Feuer lodert in seinen Augen und ich weiche seinem stählernen Blick aus und schlucke hart.
»Was fällt dir ein, mich anzugreifen?«, knurrt er und ich zucke zusammen. Eine leise Träne quetscht sich aus meinem Augen und läuft einsam über meine Wange.
Ich glaube, ich habe noch nie so viel Angst gehabt wie jetzt.
Ich wünschte, Jayden wäre hier, um mich zu beschützen.
Nein.
Nein!
Bloß nicht an ihn denken. Ich sehe seine gierigen Augen vor mir, sehe, wie glücklich er mich anlächelt und mich küsst. Und dann sehe ich, wie er Thryn küsst, höre die grausamen Wörter meiner Mutter:
»Du bist eine Schande für das ganze Land! Hätte ich gewusst, dass du später so wirst, hätte ich dich nach deiner Geburt umgebracht!«

Eine sanfte Berührung vertreibt mich aus meiner Vergangenheit und ich blicke in blaue Augen.
Moment...Belials Augen sind fast schwarz.
Doch in diesem Moment ist es auch nicht Belial, der vor mir steht sondern Jayden.
Ich reiße die Augen auf und ein Keuchen plätschert aus meiner Kehle. Ungläubig blinzle ich, voller Erwartung, Jayden immer noch zu sehen, aber es ist...nur Belial.
Er kommt meinem Gesicht näher und haucht mich mit sanften Küssen ein.
Seine Lippen fühlen sich fremd an und ich weiche ihnen aus.

»Tut mir leid, dass ich dich so erschreckt habe, Delecta.«. Ich winke ab und tauche unter seinen Armen hindurch. Fröstelnd breite ich meine Flügel aus und lasse mich zum Schloss gleiten. Der Rückweg ist länger und ich habe genug Zeit, um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Wieso hat mich die Vergangenheit jetzt eingeholt? Warum wollte Belial nicht, dass ich weiterflog und weshalb hatte er plötzlich so aggressiv reagiert? Fragen über Fragen, die ich mich nicht traue zu stellen. Vor allem nicht jetzt.

In meinem Zimmer angekommen hängt ein Kleid vor meinem Schrank. Es sieht sehr nach einem Jagdkleid aus, und um ehrlich zu sein, ist es fast kein Kleid. Eher eine Mischung aus Top, Mantel und Rock. Ein langer Mantel geht bis zum Boden, während der Rock mir bis zu Mitte der Oberschenkel geht. Ich würge in Gedanken. Ich hasse Röcke. Kleider sind ganz okay, aber Röcke...
Das Top ist Schulterfrei und ledernd kniehohe Stiefel mit einem gefährlich hohem Absatz geben dem ganzen nochmal so einen bösen tough. Zu erwähnen, dass alles schwarz oder grau ist, ist irrelevant m.
Fragend sehe ich zu Belial.
»Heute kommen wieder Tote zu uns. Und Jemand besonderes. Ich möchte, dass du dich um diesen Jemanden kümmerst. Wenn du sie siehst, verstehst du es. Und nun, zieh dich an.«

FlawedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt