Was Jan will... (Farin x Bela pre Ärzte)

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 Diese Fanfiction ist von "sternhageltroll" und spielt im Frühling 1982.

 „Komm ins Wasser Jan!"

„Nee."
„Los jetz! Stell dich nich so an!"
„Geh mir nich auf die Nerven!"
Der Schwarzhaarige stand bis zum Hals in der grünen Pampe, welche man in Berlin als naturbelassenen Badesee bezeichnete. Empört verdrehte er die Augen über diese für ihn mehr als unbefriedigende Antwort. Jan dagegen lag wie festgewurzelt auf seiner Decke lag und dachte nicht einmal daran, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Schließlich war Samstag.
„Wieso nich? Is tierisch erfrischend." Es war Ende April, Außentemperatur 24 Grad, das erste Mal dieses Jahr. Er wusste, dass es erfrischend war. Das musste er nicht erst ausprobieren. So war es ihm auch keinerlei weitere Reaktion wert.
„Jan!"
„Du bist bescheuert Felse. Das Wasser is arschkalt."
„Jetz zier dich doch nich so mädchenhaft. Is nur am Anfang kurz en bisschen frisch."
Der Blonde beäugte seinen Gefährten genau. Wie eine Kröte glotzte er mit großen Augen neugierig zu ihm herüber. Gut, das war ein Schmunzeln wert.
„Achso. Ich dachte nämlich schon, dir wäre kalt."
„Quatsch! Wie kommstn darauf? Selbst wenn ich zittern würde, was ich nicht tue, weil ich nicht friere, würdest du das gar nicht sehn, wenn ich so im Wasser stehe."
„Meinetwegen, dann is dir eben nicht kalt. Allerdings solltest du wegen deiner blauen Lippen dann vielleicht mal nen Kardiologen aufsuchen. Sieht ziemlich ungesund aus."
„Kannst du nicht einmal den unsympatischen langweiligen Klugscheißer stecken lassen und einfach mit ins Wasser kommen?"
„Vergiss es. Ich bin nicht fast an den Arsch von Berlin gefahren, um für dich den Unterhalter zu spielen und mir dabei vielleicht noch ne Grippe einzufangen."
„Na zum Dösen hat sich der Weg aber auch nicht gelohnt. Das kannst du auch zuhause machen."
„Bei so schönem Wetter dös ich halt lieber draußen."
„Aber das Wasser is wirklich nicht..."
„Nein Felse!"
„Jan!"
„Dirk!"
Es grummelte noch einmal kurz vor sich hin und Jan war sich fast sicher, die Worte „doof" und „Arschgeige" gehört zu haben, dann entfernte sich das störende Felsenheimer mit lautem Platschen vom Strand. Er hätte eigentlich genauso gut Julia und ihre gesamte Schulklasse mitnehmen können. Im Nörgeln und Nerven stand Felse ihnen in nichts nach. Ein paar Mal hörte er noch seine Bewegungen im Wasser, dann vermischten diese sich mit dem frühlingshaften Zwitschern der Vögel zu einem samtweichen Geräuschkarussell. Unter seinen geschlossenen Augenlidern tanzten bunte Punkte friedlich zu einer stummen Melodie, bevor der Boden unter ihm verschwamm und er in die lang ersehnte, ungestörte Traumwelt versank.

Ein eiskalter Stich durchfuhr seine Haut. Wieder und wieder. Und mit einem Ruck war er wach.
„Scheiße Dirk!" Der Angesprochene grinste ihn von oben herab an, während er mit anhaltender Begeisterung seine nasse Haarpracht über seinem Bauch auswrang.
„Hör auf damit du Arsch!"
„Komm Dornröschen. Genug Schönheitsschlaf für heute."
„Was willstn du von mir? Hab ich nicht gesagt, dass ich meine Ruhe haben will."
„Dann hättest du mich nicht mitnehmen dürfen."
Und damit hatte er den Punkt erreicht, an dem Jan es satt hatte. Sein Gesicht sprach plötzlich Bände und Dirk ahnte, dass er wohl mal wieder einen Schritt zu weit gegangen war. Noch ehe er irgendetwas Beruhigendes für die von Stadt und Arbeit angeschlagene Seele des Gitarristen sagen konnte, hatte dieser seinen Fußknöchel gepackt und zerrte ihn mit einem Ruck nach unten. Dirk wusste kaum wie ihm geschah, hatte er nicht erwartet, dass der Große so viel Kraft aufbringen konnte. Da war wohl gerade ne Menge aufgestaute Wut.

Der Schwarzhaarige landete unsanft auf dem Großen, welcher vor Überraschung ob der unerwarteten Last auf seinem Körper scharf die Luft einsog, um dann angestrengt zu husten.
„Au! Sag mal geht's noch?" Vorwurfsvoll beschwerte sich der Gefallene bei dem Erstickenden.
„Selber Schuld.", murmelte der kraftlos und trotzdem mehr als unbeeindruckt und schien sich jetzt eindeutig besser zu fühlen.
„Soll ich mir den Hals brechen?!"
„Wenn du dann die Klappe hälst." Und schon war es wieder da, sein Grinsen. Der Schock über die unterbrochene Luftzufuhr hatte nicht lange angehalten. Mächtig stolz auf seine Tat betrachtete er den beleidigten Drummer, der zwar immer noch keine Anstalten machte aufzustehen, dafür aber umso zorniger in die Gegend starrte.
Sein nasses Haar stand wild in alle Richtungen und lies immer wieder sanfte Wassertropfen auf das Gesicht des Blonden fallen, welche sich dort wie Tränen ihren Weg über seine Wangen bahnten.
„Felse?" Der Angesprochene schenkte ihm nun seine Aufmerksamkeit. Wenn auch offenkundig mit Widerwillen und möglichst bitter dreinblickend.
„Du bist en echtes Baby."
„Wenn du mich nicht dabei haben willst, dann sag das das nächste Mal gleich und nicht erst, wenn es zu spät is. Ich hätte heute bestimmt Besseres mit meiner Zeit anfangen können."
„Sicher hättest du das." Der Ton amüsiert. Die Reaktion, erneute Empörung. Dirk schaute ihn fragend an und irgendwie geschah plötzlich etwas Seltsames. Jan konnte es sich nicht erklären. Die Luft wurde dünn, die Vögel verstummten. Kleine Sterne, funkelnd und hell, tanzten vorwurfsvoll in den tiefgrünen Augen des Schlagzeugers. Jans Verstand verlor sich darin und sein Körper begann zu arbeiten. Seine Hand wanderte in das Gesicht seines Gegenübers, zähmte dort eine der anarchischen Haarsträhnen und streifte dabei fast ganz nebensächlich dessen Wange. Was folgte war Stille, ein überraschter Blick und das gespannte Abwarten, was wohl als nächstes passieren würde.
„Jan..." Was machen wir jetzt, wollte er fragen.
„Hm?" Doch dafür war es spätestens in dem Moment zu spät, als sein Gegenüber beinahe schon verzweifelt die Augen schloss, aus Angst vor dem, was ihn jetzt erwarten würde. Er beugte sich noch weiter zu ihm herunter. Verkleinerte den Abstand zwischen ihnen immer mehr, bis er Jans Atem auf seiner Haut spüren konnte und dieser seinen. Und so war es auch dieses Gefühl, was den Blonden ungläubig und fast schon fassungslos die Augen öffnen lies. Erstarrt von der unbekannten Nähe pochte sein Herz wie ein Presslufthammer und er war sich sicher, dass Dirk es spüren musste.
„Vielleicht sollten wir lieber doch ins Wasser gehen", flüsterte der Schwarzhaarige unsicher und doch noch immer besessen von dem Anblick seines Gegenüber. Und als er mit diesem Satz kurz davor war, diesen merkwürdigen Kontakt zu brechen, traf Jan eine Entscheidung.
„Halt doch endlich mal die Klappe Felse." Seine Hand griff nach dem schwarzen Hinterkopf, zog ihn zu sich herab und beendete diese unmenschliche Zerreißprobe. Er schloss die Augen, wartete gar nicht erst die Reaktion seines Gegenübers ab, welcher nicht wirklich eine Chance gehabt hatte, sein Treiben zu beenden. Trotzdem spürte er die warme Woge sagenhafter Erleichterung, als der Überfallene seine Lippen nach einem Moment der Überraschung umso heftiger auf seine presste. Jan wollte nie Schwimmen gehen. Jan wollte nie Dösen. Jan wollte nur das.

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