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Mühevoll schlug Daehyun die Augen auf. 

Er fühlte sich müde und schlapp und es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich erinnerte, was passiert war. Sie hatten ihn noch im Krankenwagen sediert, als er keine Luft mehr bekommen hatte. Es war nicht schwer zu erraten, dass er sich jetzt im Krankenhaus befand. 

Das Atmen fiel ihm noch immer etwas schwer, sein Kopf fühlte sich an wie mit Watte ausgestopft, doch er hatte so gut wir gar keine Schmerzen. 

Sein Blick wanderte durch den weiß gestrichenen Raum. Links von ihm waren große, momentan von Vorhängen verdeckte Fenster.  Durch eine Lücke zwischen diesen, erkannte er draußen die Abenddämmerung. An der Wand gegenüber seines Bettes stand ein Tisch mit zwei Stühlen, daneben ein großer Schrank. 

Dann fiel sein Blick auf das zweite Bett. Sofort schlich sich ein müdes Lächeln auf sein Gesicht. Youngjae schlief, er war nicht zugedeckt, wahrscheinlich hatte er nicht vorgehabt, einzuschlafen. 

Als hätte der Junge seinen Blick gespürt, schlug er die Augen auf. 

"Guten Morgen, Prinzessin" flüsterte der Ältere und sofort saß Youngjae aufrecht auf dem Bett. 

"Dae!" Mit wenigen Schritten war er bei ihm. "Wie geht es dir? Sie haben dich operiert, deine Rippe ist angebrochen und irgendwie leicht gesplittert glaube ich... Aber der Arzt hat gesagt das wird wieder." 

"Es geht mir besser, mach dir keine Sorgen. Was ist mit dir und den anderen?" 

"Also. Wir mussten alle mit einem Psychiater reden und so eine Untersuchung machen, wo eingeschätzt wurde, wie es um unsere psychischen Probleme steht. Dabei ist rausgekommen, dass einundneunzig Prozent von allen aus der Anstalt entweder gar kein Problem haben, oder ohne Klinikaufenthalt behandelt werden können." 

Erstaunt sah Daehyun auf. "Das ist echt krass, aber mit etwas anderem hätte ich auch nicht gerechnet. Ich wusste nur nicht, dass es wirklich so viele sind. Bitte sag mir, dass du, Himchan und Jongup auch zu den einundneunzig Prozent gehören..." 

Zu seiner Erleichterung nickte der Junge. "Himchan und ich bekommen Medikamente und Jongup wird mehrmals die Woche Besuch von einem Therapeuten haben. Aber im Grunde sind wir frei." Er setzte sich auf die Bettkante neben Daehyun und grinste ihn an. "Jetzt können wir machen, was immer wir wollen. Wir ziehen zusammen und dann kann uns keiner mehr was." 

Youngjae sah so glücklich aus, dass Daehyun nicht anders konnte, als ihn lachend an sich zu ziehen. "Das klingt super, das machen wir." sagte er leise, während Youngjae versuchte, sich irgendwo abzustützen, damit er nicht auf Daehyun's kaputten Rippen lag, doch der Ältere ließ ihn nicht los. 

"Das geht schon, bleib ruhig liegen." 

"Okay, wenn du das sagst... Aber erdrück mich nicht." 

"Oh, sorry." Sofort lockerte Dae den Griff um seinen Freund etwas. "Ich bin nur froh, dass es endlich vorbei ist." 

... 

Gegen zehn am nächsten Morgen - sie waren gegen sechs von einer grantigen Krankenschwester geweckt worden, die vermutlich aus dem letzten Jahrhundert kam und sich erstmal aufgeregt hatte, dass sie im gleichen Bett schliefen, bevor sie ihnen ein absolut geschmacksneutrales Frühstück hingestellt hatte - klopfte es an der Tür. Ohne wirklich auf eine Antwort zu warten, stürmte Jongup in den Raum, gefolgt von Himchan. Der Jüngere der beiden war eindeutig aufgeregt. 

"Hey! Habt ihr den Song gehört??" 

"Den von Yongguk?" fragte Youngjae und rutschte au seinem Bett etwas zur Seite, um Platz für die anderen zwei zu machen.  

"Ja, welchen denn sonst? Der läuft gerade so ziemlich überall!" Jongup griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Als er den richtigen Sender gefunden hatte, kündigte gerade eine Sprecherin die Ausstrahlung des Musikvideos an. 

Das Video war nicht sehr spektakulär, dennoch starrten sie wie gebannt auf den Bildschirm. 

"Wer ist das?" fragte Daehyun, als die Stimme eines zweiten Rappers erklang. 

"Genau das haben wir uns auch gefragt!" Jongup streckte sich auf Youngjae's Bett aus. "Ich hoffe, wir sehen ihn bald. Meint ihr, Zelo ist bei ihm?" 

"Na hoffentlich, sonst haben wir wirklich ein Problem. Aber wie wollen wir an Yongguk herankommen?" Daehyun griff nach der Bedienung für sein Bett und stellte das Kopfteil etwas höher, sodass er aufrecht saß. "Ich meine er wird ja wohl kaum einfach herkommen, woher soll er denn wissen, wo wir sind?" 

Youngjae schloss die Augen. "Wir werden uns sicher irgendwie finden. Nur weil er jetzt wieder an der Öffentlichkeit ist, heißt das ja nicht, dass er uns nicht mehr sehen will, oder?" 

"Doch, natürlich heißt es das." sagte plötzlich eine Stimme an der Tür und Yongguk betrat grinsend den Raum. 

"Hyung!" rief Youngjae und sprang auf, um ihn zu umarmen. "Wie hast du uns gefunden?" 

Der Rapper zuckte mit den Schultern. "Ich hab mir schon gedacht, dass ihr da nicht unbeschadet rausgekommen seid. Also bin ich hergekommen und hab einfach unten nach euch gefragt. Wie geht es euch?" 

"Den Umständen entsprechend." Daehyun lächelte. "Hyung, weißt du was von Zelo? Ist er bei dir?" 

Yongguk nickte. "Er wohnt mit mir bei meinem Bruder. Falls ihr wissen wollt, wie es ihm geht, das seht ihr euch am besten selbst an. Wann kommt ihr hier raus?" 

Die vier sahen sich an. "Also mich wollen sie noch eine Nacht hierbehalten, aber morgen darf ich gehen." meinte Daehyun, "Ich weiß nicht, was ist mit euch?" 

Jongup strich sich die Haare zurück. "Naja... bei uns ist eigentlich nichts weiter. Wir können also theoretisch gehen. Die Frage ist nur, wohin? Also ich hab keine Wohnung. Nicht, dass ich überhaupt in der Lage wäre, dieses Gebäude zu verlassen..." Er lachte nervös. 

"Ach Jonguppie, das schaffst du. Aus der Anstalt hast du es doch auch geschafft." meinte Himchan. 

Der Jüngere nickte nur. Er hatte seinem Freund nichts von der Panikattacke beim Verlassen der Anstalt erzählt. 

"Also ich hab meine Wohnung noch." sagte Youngjae und Daehyun sah ihn überrascht an. 

"Du hast 'ne Wohnung?" 

"Klar. Meine Eltern leben nicht hier in der Stadt, ich bin vor einem Jahr zum Studieren hergekommen. Meine Wohnung ist nicht groß, aber... du passt noch rein." er grinste. 

"Ich kann mal meinen Bruder fragen, der kennt ja ein paar Leute." schlug Yongguk vor und bekam ein kollektives Nicken zurück. 

"Übrigens, Yongguk..." begann Himchan, "Wer ist eigentlich dieser andere Typ in deinem Song?" 

Yongguk lachte leise. "Den werdet ihr auch noch kennenlernen. Wenn ihr wollt, könnt ihr morgen mal zu uns kommen." 

괴물? (DaeJae) [German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt