Die Kunst der Gespräche

Facade

Er kniet im Gras vor dem kleinen Pavillion, die Augen geschlossen, die Hände auf den Oberschenkeln und lauscht.
Sie kommt um die Ecke und sieht ihn so sitzen. Sofort weiß sie, dass sie noch so leise auftreten kann, doch er würde sie hören, denn ihre Gedanken sind zu laut.
"Woran denkst du? Du bist unruhig", sagt er leise, doch gut für sie hörbar.
Sie biss sich auf die Lippe und setzte sich schweigend zu ihm.
"Warum ist die Kleidung, die Accessoires oder das ganze Aussehen so wichtig für die Menschen? Warum entstehen Vorurteile oder gar Abneigungen nur anhand der Kleidung?"
"Es ist das erste, was die Menschen sehen. Sie denken nicht nach und sortieren dich beim ersten Anblick in eine Kategorie."
Er schweigt kurz.
"Sieh dir die Blumen in diesem Garten an! Viele vom ihnen sind schön und bunt, doch das sind sie nicht immer. Im Herbst vergehen sie. Sie verdorren und schon wird jeder nur Trostlosigkeit in diesem Garten vermuten. Nur der Gärtner, welcher jede dieser Pflanzen kennt, weiß, dass hinter den vertrockneten Überresten ein weiteres Jahr voller Schönheit liegt."
"Ich denke schon, dsss die Facade eines Menschen sein ganzes Sein widerspiegeln kann, wenn man wirklich hinsieht. Doch die meisten Menschen hetzten durch ihren Alltag, obwohl sie jeden Tag das Selbe machen, wie am Tag davor und wieder am Tag davor. Sie nehmen ihre Mitmenschen kaum oder gar nicht wahr.
Auch wenn der See noch so tief ist, können wir doch immer den Grund sehen, solange das Wasser klar ist.
Doch selbst, wenn wir das können, würden wir erst in diesem See schwimmen, wenn wir wüssten, dass er nicht gefährlich ist", machte sie sich ihrer Bedenken Luft."
"Und wieder ist es die Angst der Menschen, die sie vor dem Unbekannten zurückhält und die Vorurteile entehen lässt."
Er kniet sich hin, beugt sich leicht nach vorn und lässt dreimal das klare Wasser durch seine Hände rinnen, dann trinkt er davon, schließt die Augen und lauscht.
Sie kniet sich ans Ufer und berührt sacht die Oberfläche.
"Diese Strukturen haben sich beängstigend fest in unsere Gesellschaft eingefügt..."