Kapitel Eins

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Es hatte einige Zeit in Anspruch genommen, damit ich die Erlaubnis bekam reisen zu dürfen, nicht in ein anderes Land oder ähnliches, sondern in eine andere Zeit. In eine Zeit, welche schon so lange zurück lag, dass kein Zeitzeuge mehr vorhanden war. Diese Zeit lag genau 123 Jahre zurück. 123 Jahre, in denen so viel passiert war, dass ich den Menschen davon berichten wollte. Nein, dass ich den Menschen davon berichten musste! sie mussten erfahren, was sie in den nächsten 123 Jahren erwartete und was sie vielleicht besser machen konnten, damit so einige Dinge gar nicht erst passierten. 

Wir schrieben das Jahr 2141, Städte waren hell erleuchtet , Fahrzeuge bewegten sich auf nicht sichtbaren Straßen in der Luft fort. Die Menschheit hatte sich verändert, Persönlichkeiten wurden vorgetäuscht, Authentizität gab es nicht mehr. Hier musste man funktionieren, passte man nicht in das vorgegebene Muster, dann wurde man angepasst. Ja, so lief das hier. 
Nachdem der dritte Weltkrieg seine Spuren bei den Menschen hinterlassen hatte und die Siegermächte Asiens sich das Wohl der Welt unter die Finger rissen, ging alles irgendwie bergab. Man lebte nur noch in den Tag hinein, hatte weder Ziele, noch Wünsche oder gar Träume. Was sollte ein Mensch in so einer Zeit mit seinem Leben anfangen, welches doch so trostlos schien? Richtig, man fing an zu forschen, sich weiterzuentwickeln. Sicher gab es auch eine Menge Entwicklungen und Forschungen, die durchaus einen guten Nutzen hatten. Wenn wir nur mal  die Genmodifikationen betrachteten, die einen Menschen überdurchschnittlich lang leben ließen oder ihn immun gegen sämtliche Krankheiten machten. Roboter nahmen den Menschen Arbeit ab, die sie nicht machen wollten, kümmerten sich um den Haushalt, den Job und sogar die Kinder. Aber nicht alles was Gold ist glänzt.... 
Ich lebte in der neuen japanischen Provinz Kanadas, vor dem Sieg der asiatischen Mächte war dies Toronto. Alles hier schien so schön, egal wo man hinsah erblickte man lächelnde Gesichter und Gespräche, die vor Glück kaum halt fanden. Ich muss heute noch verächtlich lächeln, wenn ich daran zurück denke. Wenn ich an die Zeit denke, in welcher jeder glücklich schien und es doch nicht war. Wenn ich an die Zeit denke, in welcher meine Welt in Ordnung schien. Ich habe begriffen, dass meine Welt nie in Ordnung war, weder heute noch damals. Ich habe wirklich versucht mein bestes zu geben, bin jedoch kläglich gescheitert. 

"Heute ist der 25.08.2141, dies ist mein erster Log. Mein Name ist Jaxon Roux und ich bin 19 Jahre alt. Ich bekam heute ein Schreiben von den Behörden für Raum- und Zeitmanagement. Mir wurde bewilligt, dass ich das Medium der Zeitreise nutzen dürfe und mir wurden Regeln auferlegt, die ich dabei unbedingt einhalten müsste." meine schmalen, langen Finger hielten einen Zettel vor den holografischen Bildschirm und meine dunklen Augen linsten hinter dem Papier hervor. 
"Ich darf in den Zeiten, in welche ich reisen werde absolut niemandem von der heutigen Zeit und den vergangenen Zeitabschnitten erzählen. Niemand darf erfahren, was sie erwarten wird und ob eventuelle Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden könnten." Als ich das sagte, legte sich ein Grinsen auf meine Lippen. "Die halten mich wohl für bescheuert. Ich bin schlauer als die. " fügte ich an und las dann weiter vor. "Ich darf nichts aus den vergangenen Zeiten mitgehen lassen und keine Geschehnisse verhindern, blah blah...blah blah..." mein Kopfschütteln dürfte verraten, dass diese Regeln mich nicht wirklich zu interessieren schienen. Das taten sie tatsächlich nicht, denn ich wusste was ich vor hatte und solche "Regeln" würden mich wohl kaum daran hindern. "Okay, ich habe bereits alles notdürftige zusammen gepackt, alles andere werde ich mich holen und kaufen, wenn ich dort bin. Tja, ich denke damit geht mein erster Log zu Ende. Ein wenig Angst schwirrt mir schon im Magen umher, wenn ich an die Zeitreise denke, habe sowas ja noch nie gemacht. Ich schaffe das schon, das wird mein zweiter Log beweisen!" damit beendete ich die Aufnahme meiner selbst und drückte eine Fläche auf dem holografischen Bildschirm, dieser klappte zusammen und verschwand dann. Mein schlaksiger Körper erhob sich und bewegte sich auf den Rucksack zu, welchen ich direkt zu mir nahm und das kleine Gerät einsteckte, aus welchem mein holografischen Programm entstand. Ich hatte nur Sachen eingepackt, die wirklich wichtig waren: Mein Holo-Programm, etwas zu Essen und zu Trinken, ein paar Klamotten und natürlich das wichtigste, ein kleine Gerät, welches aussah wie eine Mini Ausgabe einer Fernbedienung. Diese besaß nur einen einzigen Knopf, betätigte man diesen wurde man in blaue Materie gehüllt, konnte Ziel Zeit und Ort eingeben und dann würde die Reise beginnen. 
Meine Reise würde auch gleich beginnen. Noch einmal sah ich mich im Labor um, in welchem ich seit ich 17 Jahre alt war arbeitete und Forschungen leitete. Ein tiefer Atemzug und  mein Daumen drückte den Knopf. Die blaue Materie hüllte mich sehr schnell ein und ich blickte mich dabei kurz um, ehe ein Bildschirm vor mir erschien. 03.03.2018 , 9:30 Uhr , Toronto. Das waren meine Daten und schon ging es los. Meine Körpermasse verschmolz mit der blauen Materie, wurde eins mit dieser und beförderte mich mit rasanter Geschwindigkeit durch Raum und Zeit. Ich bekam davon so gut wie gar nichts mit, es war als würde man in eine Art Trance verfallen, während der Zeit, in welcher man sich in einer Phase befand, die weder Raum noch Zeit darstellte.
Ein leises Geräusch, welches sich anhörte wie eine kleine Glocke ertönte. Meine Augenlider schlugen sich auf und ich blickte mich um. Ich war da, ich musste da sein. Ich sah hier Bäume und Pflanzen, Gras, Asphalt..Dinge von denen man bei uns nur noch durch geschriebene Informationen erfuhr. "Wow.." entkam es mir, während meine langen Beine mich über das Gras trugen, auf welchem ich bis eben noch regungslos stand. Die Luft hier war eine ganz andere, als die in meiner Zeit, irgendwie roch sie anders und fühlte sich ganz anders an. Wir besaßen keine natürlichen Sauerstofflieferanten mehr, hatten für diese Arbeit künstliche Alternativen geschaffen. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus lief ,ohne auf meine lebende Umgebung zu achten, schnurstracks weiter und blickte mir dabei all die schönen Sachen an. all die Blumen , die gerade anfingen zu blühen, der letzte Schnee, der schmolz. Wetterumschwünge kannten wir auch nicht mehr. Man hatte es geschafft das Wetter so zu beeinflussen, dass es eine konstante Gradzahl maß und weder Regen, noch Schnee die Welt bedecken konnte. Traurig eigentlich, wo es doch so schön war, den glitzernden Schnee zu sehen und den kühlen Wind in den Haaren zu fühlen. 

Mein Spaziergang endete abrupt, denn ich stolperte und lies dabei fast die kleine Fernbedienung fallen, konnte sie gerade noch auffangen. Würde sie kaputt gehen, könnte ich niemals wieder in meine Zeit zurückreisen. "Entschuldigung." kam es sofort beschämt aus meinem Munde hervor, ehe ich einem Jungen in die Augen blickte. Er war ungefähr so groß wie ich, nur ein kleines bisschen kleiner, hatte niedliche blonde Löckchen und Augen, die in zwei Farben strahlten...Grün und Blau. Ich räusperte mich und wich den Augen schnell aus, da ich angst hatte, ich könnte mich noch in ihnen verlieren.  "Manchmal bin ich wohl etwas verträumt." gab ich zu, woraufhin der Junge etwas seufzte und abwinkte. "Schon gut, musst nicht so tun, als wärst du der Queen auf dem Rockzipfel getreten." sagte er, woraufhin ich doch etwas schmunzeln musste. "Der Queen?" fragte ich, wobei mir in den Sinn kam, dass ich bei meinen Recherchen herausgefunden hatte, das es sowas wie eine Queen im Jahre 2018 noch gab. "Ach ja, nein nein, es tut mir ja wirklich Leid!" beteuerte ich nochmals, ehe ich als Antwort nur ein Nicken bekam und der Blonde dann an mir vorbei zog und weiter seine Weg ging. Konnte ich ihn denn einfach so gehen lassen? Er könnte durchaus meine Chance sein hier wenigstens etwas Fuß zu fassen. "Uhm du....ich bin neu hier...in der Stadt. Kannst du mir vielleicht behilflich sein mich zurecht zu finden?" fragte ich und war insgeheim doch recht stolz auf mich, das ich so in die Offensive gegangen war. Normalerweise war ich absolut niemand, der Fremde direkt so ansprach, aber ich musste mich in dieser Zeit anders verständigen als in meiner Zeit. Hier war es nicht so trostlos und getaktet wie bei uns. Der blonde Junge drehte sich zu mir um und musterte mich kurz von oben bis unten, wobei ich schon irgendwie den Eindruck hatte, dass er mich ein wenig abfällig ansah. "Na fein...neu also ja? " fragte er nur knapp und da bemerkte ich, dass er wohl auch kein Freund von vielen Worten war. 
Das konnte ja eine spannende Zeit werden, wenn ich von einem wortkargen und arrogant wirkendem jungen Mann durch die Zeit begleitet wurde, in welche ich vor ein paar Minuten erst gereist war. Das würde er mir doch niemals abkaufen, oder?

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⏰ Last updated: Jul 26, 2018 ⏰

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Log 294: Zwischen Zeit und RaumWhere stories live. Discover now