Kapitel 2

42 8 15
                                    

Ich öffnete langsam meine Augen, deren Lider sich immer noch schwer anfühlten. ,,Das war eine sehr dringende Dosis Schlaf",  dachte ich und musste grinsen. Doch plötzlich wurde mir klar, wo ich mich befand. Ich lag auf der kleinen blauen Couch auf dem Schrottplatz. Allerdings war diese nicht mehr blau. Sie hatte einen ekelerregenden Braunton angenommen und roch modrig. Ich war sofort hell wach. Mir fiel auf, dass es plötzlich stockdunkel war. Nur in einiger Entfernung stand eine Laterne, die den Weg spärlich beleuchtete. Als ich mich aufrichten wollte, stieß mir ein stechender Schmerz in den Rücken. Ich fuhr mit einem Schrei in die Höhe. Mitten aus dem Sofa ragte eine große Sprungfeder. Gänsehaut breitete sich mit einem kalten Schauer auf meinem Körper aus. ,,War das Sofa nicht blau und so gut erhalten gewesen, dass ich daran gedacht hatte, es mit zu nehmen?" Ich runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte hier nicht. Langsam drehte ich mich um und ließ den Blick über den Platz wandern. Was ich sah ließ mich schaudern. Ich war in diesem Teil des Schrottplatzes noch nie gewesen. Hier stapelten uralte Fernseher und Radioanlagen. Daneben befanden sich gepresste Autowracks, an denen kaum noch Lack zu sehen war. ,,Seltsam... ", dachte ich immer noch verdutzt. Ich begriff nicht was hier los war.

Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Ich fuhr herum und blickte in die Richtung, aus der es gekommen war. In der Finsternis konnte ich nicht viel erkennen, aber der Kreis, welcher von der Laterne in Licht getaucht wurde, war leer. ,,Ist es nicht etwas zu spät, um jetzt noch auf dem Schrottplatz zu sein?", sprach ich in Gedanken zu dem Geräuschverursacher. Ich ging ein paar Schritte in die Richtung und blieb dann stehen. In einer Talkshow im Fernsehen hatte ich mal gehört, dass man im Dunkeln besser sieht, wenn man die Augen einige Sekunden schloss. Also presste ich die Augenlieder zusammen und zählte bis 30. Während ich das tat, wurde ich das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Ich öffnete die Augen. Erstaunlich, dass diese Talkshow Typen mal Recht hatten. Ich konnte jetzt deutlich weiter sehen als vorher, aber egal wie sehr ich meine Augen anstrengte, es war nichts zu erkennen. Nachdem ich alles genau abgesucht hatte, schloss ich die Augen erneut. Ich kam mir ganz schön bescheuert vor, wie ich da stand, auf dem leeren Schrotplatz, mitten in der Nacht und die Augen fest zusammenkniff. ,,Da ist sowieso niemand", versuchte ich mich selbst zu beruhigen. ,,Aber sicher ist sicher",  sagte ich laut und als ich bis 30 gezählt hatte, schnellten meine Augenlieder nach oben. In diesem Moment fuhr mir ein Schreck durch Mark und Bein, sodass es mich zurück auf die Couch warf. Die Feder, die aus dem Sitzpolster ragte, stach mir in den Oberschenkel, doch ich spürte keinen Schmerz. Im hellen Lichtkegel der Laterne stand ein Mann.

Er trug einen, für diese Temperaturen untypischen, Wollpullover mit roten und schwarzen Streifen. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, da er seinen Hut sehr tief ins Gesicht gezogen hatte. Plötzlich spürte ich eine kälte, die mein Blut gefrieren ließ. Meine Nackenhaare stellten sich auf und die Gänsehaut kam zurück. ,,Das war nicht gut", ich überlegte, ob ich etwas sagen sollte. Die Gestallt sah zwar ziemlich unheimlich aus, ich konnte aber keine Waffe sehen, denn seine linke Hand hielt er offen ins Licht und die rechte Hand lag an der Krempe seines Hutes. Ich hatte den Mund geöffnet und wollte gerade etwas rufen, als er meinen Namen sagte. Aber das war natürlich nicht möglich, denn zum einen konnte dieser Mann gar nicht wissen, wie ich hieß und zum anderen war er viel zu weit von mir entfernt. Er hätte schreien müssen, damit ich ihn hätte verstehen können. Es war mehr als stünde er direkt neben mir und flüsterte mir ins Ohr. Denn seine Stimme war ruhig und klang amüsiert aber doch düster. Ich wollte wegrennen, konnte mich aber nicht bewegen. Es war, als wären meine Füße mit dem Boden verschmolzen.  Die Gestalt bewegte sich langsam auf mich zu und sprach mit ruhiger Stimme weiter: ,,Collin, Collin, Collin...so spät noch auf dem Schrottplatz?" Er brach in schallendes Gelächter aus. Ich dachte mir platzt das Trommelfell, denn jetzt klang es nicht mehr so, als würde er neben mir stehen, sondern so, als wäre er in meinem Kopf. Das Gefühl war grauenvoll. Doch es wurde schlimmer, als er aufgehört hatte zu lachen. Ich hörte nur noch ein lautes Surren und mir wurde schwindelig. Als ich die Fassung wiedererlangt hatte, sah ich, wie er seine rechte Hand vom Kopf nahm. Meine Augen weiteten sich bei dem Anblick, der sich mir bot. Statt Fingerspitzen sah ich lange, scharfe Klingen, die er jetzt mit einem Klirren aneinander rieb. Es klang wie das Geräusch, das entstand, wenn man Messer schärfte. Plötzlich konnte ich meine Beine wieder spüren. Von der Angst gepackt, drehte ich mich um und sprintete in die andere Richtung. Hinter mir...nein IN mir, fing das Gelächter erneut an. Meine Schreie gellten durch die Nacht und ich hörte ihn sagen: ,,Nicht doch Collin. Du kannst mir nicht entkommen." Ich rannte so lange bis ich an einem großen, runden Platz angelangt war. Dort bremste ich meine Schritte stark ab und musste verschnaufen. ,,Was zur Hölle wird hier gespielt?" Meine Gedanken überschlugen sich und machten es mir unmöglich, klar zu denken. Als ich losgerannt war, hatte ich locker 100 Meter Vorsprung, deshalb konnte ich kurz innehalten. Ich stützte mich mit meinen Händen auf meine Knie und keuchte den Boden an. Ich versuchte mich zu sammeln, doch ein Stechen in der linken Seite lenkte mich ab. Ich war noch nie ein guter Läufer gewesen. Ich hörte ein Knirschen und blickte auf. Vor mir stand der unheimliche Mann und ich sah, wie er seine Rechte Hand gen Himmel streckte. Sein grinsendes Gesicht war zu einer hässlichen Fratze verzerrt. Blitzschnell sprang ich zurück und drehte mich um. Im nächsten Augenblick spürte ich eine gefährliche Wärme im Rücken und erst als ich vornüber kippte, bemerkte ich, dass es Schmerzen waren. Blut rann an mir hinab. Ich machte mich für den finalen Stoß bereit, doch statt zu sterben, öffnete ich keuchend die Augen.

Dreams of Death - Kapitel 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt