3. Angels
„Michael."
Der Erzengel drehte sich um und wartete, bis der andere Erzengel zu ihm aufgeschlossen hatte.
„Gabriel."
Sie gaben sich kurz die Hände und klopften sich auf die Schultern. Es verband sie weit mehr, als bloß ihr Status samt der Macht. Seit Anbeginn der Zeit hatten sie Seite an Seite gestanden und sich in den unzähligen Kriegen Rückendeckung gegeben. Längst war der gegenseitige Respekt einem tiefen Vertrauen und einer Freundschaft gewichen, die unter Unsterblichen bedeutender war, als bei Menschen.
So unterschiedlich wie ihre Haarfarben, unterschieden sich auch ihre Gemüter wie Tag und Nacht. Während Michael der besonnere von beiden war, brauste Gabriel schnell auf, konnte aber ebenso charmant sein. Michael war durch und durch ein Krieger, der wenig von Diplomatie hielt und die Wahrheit gerade heraus sagte.
„Was gibt es?", fragte der blonde Erzengel. Eine Sorgenfalte hatte sich tief in seine Stirn gegraben und ließ einen Ansatz der Jahre erahnen, die er schon durchlebt hatte. Die Welt war nicht mehr so, wie sie sein sollte. Allein der Nachlässigkeit Luzifers war es geschuldet, dass seine Geschöpfe nun die Menschenwelt unsicher machten. Früher hätte der Teufel mit Vergnügen Kopfgelder auf die Flüchtenden ausgesetzt und somit das Chaos schnellstmöglichst beseitigt. Aber nun schien er selbst völlig abgeschweift und fern ab der Realität zu sein.
Es war an der Zeit, dass sich der Himmel in die Angelegenheit einmischte. Die Schonfrist war bereits längst abgelaufen. Michael und Gabriel waren in vergangenen Ratssitzungen der Erzengel als Beauftragte gewählt worden. Das hieß, sie mussten schnellstmöglich auf die Erde und die Dämonenwesen auslöschen. Natürlich nicht alleine; sie befehligten mehrere Batallione, die sich um den Schaden kümmern sollten.
Aber vielleicht würde Michael sich die Lage bald mit eigenen Augen ansehen, um sich selbst ein Urteil von dem Ausmaß des Schreckens bilden zu können. Es gab nicht mehr viele, denen er absolut und uneingeschränkt vertraute. Je tiefer es mit den Rängen seiner Soldaten ging, desto misstrauischer wurde er. Dabei war er sich nicht sicher, woran es lag. Ob er die frischgebackenen Soldaten einfach nicht leiden konnte, weil sie so unbekümmert waren oder weil sie keinerlei echte Kriegserfahrung hatten. Vermutlich ein wenig von beidem. Schließlich hatten die Alten ebenso auf ihn heruntergesehen, wie er es nun mit jungen Engeln tat.
„Hast du schon von dem neusten Gerücht gehört?", unterbrach der andere Erzengel seine Gedanken.
Michael runzelte die Stirn und schwieg eine Weile, während er in seinem Kopf Platz für Aufmerksamkeit schuf. „Nein", antwortete er dann, „was interessiert uns altes Weiber Gequatsche?"
Gabriel schmunzelte über das Unverständnis, das Michael so unverhohlen zeigte und schüttelte seine Flügel, um sie gelockert erneut an den Rücken anlegen zu können, ohne das ihm ein Nerv abklemmte.
Sie standen direkt neben einem Abgrund auf einer riesigen Terrasse. Diese grenzte an ein prächtiges Herrenhaus, das weder bewohnt noch gänzlich verlassen war.Die Engel der Schwadron nutzten es als Gemeinschaftsort, wo sie sich ungestört ausruhen konnten und ebenso kommende Einsätze planten.
Im Gegensatz zu Gabriel hielt sich Michael gerne unter seinen Leuten auf, denn obwohl er nicht auf jeden gut zu sprechen war, hielten sich die meisten an seine Spielregeln. Sei immer ehrlich und respektvoll. Sie waren einfache Kameraden in diesem Haus und es wurden alle gleich behandelt.Gabriel sah seine Befehligten mehr als austauschbare Ware an. Kanonenfutter, das innerhalb eines Wimpernschlags verschwunden sein konnte. Ungesehen und unbekannt. Zudem legte er viel Wert auf Statussymbole und liebte Machtdemonstrationen. Michael konnte es ihm nicht verübeln, empfand jedoch keinerlei Bedürfnis es ihm gleich zu tun.
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Gods and Monsters
Paranormalne„Die Hölle ist ein ziemlich heißer Ort. Vielleicht sollten wir ihn ein wenig abkühlen, indem der Himmel sich zu uns gesellt." Was ich bin? Nun, das ist eine etwas längere Geschichte, aber um es auf den Punkt zu bringen: ich bin ein Engel. In meinem...