[04] - THE NOTEBOOK

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NATÜRLICH WAR
DAS TOR NACH draußen verschlüsselt. Jimin hatte es gewusst und dennoch für einen Moment geglaubt, diesen Ort ohne Probleme verlassen zu können. Aus diesem absurden Traum aufzuwachen, welcher langsam der Realität zu ähnlich wurde.

Genervt und etwas verzweifelt ließ er sich auf die Stufen sinken, welche zu der geschlossenen Metalltür führten. An der Wand neben ihm war eine Schaltfläche eingelassen, die zuerst einen Code und daraufhin einen Netzhautscan verlangte. Neben ihr befand sich ein kleiner weißer Zettel.

Es gibt keine Möglichkeit, das Tor ohne den Code und den Netzhautscan zu öffnen. Der Code ist nirgendwo im Bunker hinterlegt. Das gewünschte Auge gehört keinem von euch beiden.

Am liebsten hätte Jimindirekt eintausend Flüche ausgestoßen und wahlweise ein paar Dinge kaputt getreten, aber ihm blieb keine Wahl; er musste die Sache akzeptieren und das Beste daraus machen.
Danbi war ihm gefolgt und stand nun wartend am Fußende der Treppe. Das kleine Mädchen wirkte verängstigt, zurecht, wenn man bedachte, was sie in den vergangenen Stunden hatte ertragen müssen. Jimin atmete tief durch und versuchte sich auf seine Schwester zu konzentrieren. Wenn er sich selbst schon nicht beruhigen konnte, dann konnte er es wenigstens bei ihr versuchen.
„Okay, Danbi, schauen wir uns dieses... Gebäude mal an." Ein müdes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, gleichzeitig blitzte ein Schimmer Hoffnung in ihren Augen auf. Jimin stieg die Stufen nach unten und hockte sich vor sie. Er wusste nicht, was er sagen sollte, weshalb er einfach die Arme um sie legte und sie kurz an sich drückte. Das kleine Mädchen freute sich natürlich und drückte ihren Bruder eben so fest an sich, wie er es tat.
„Hast du dich schon umgesehen?", fragte Jimin dann, um dem Vorhaben den Anschein zu geben, es sei etwas schönes, aufregendes.
„Nein, habe mich nicht getraut."
Jimin stand auf und verschaffte sich einen groben Eindruck der Umgebung.

Von der Treppe hinweg, führte ein kleiner Flur, derselbe, in welchem Jimin aufgewacht war und er mündete in dem Raum, den er mental als Küche katalogisiert hatte. Desweiteren führten jeweils rechts und links noch vier weitere Türen vom Flur ab, allesamt Glastüren, die dem sonst betonen Raum die nötige Größe verliehen, um nicht claustrophobisch zu werden.
Direkt am unteren Ende der Treppe links befand sich ein nicht besonders breiter, aber sehr langer Raum. Er war sehr kalt, und nach näherem Betrachten stellte Jimin fest, das er mit Lebensmittelvorräten gefüllt war. Er ähnelete einem Supermarkt, nur mit mehr Grau und weniger schlechter Musik. Er zog sich so weit nach hinten, dass es Jimin und Danbi beinahe zwanzig Minuten brauchte, um an seinem Ende anzugelangen und als sie zurückkamen stellten sie eine Art Falltür in der Nähe des Eingangs fest, die aber noch abgeschlossen war..

Der Raum daneben stellte sich als Verbindung zu Küche und Wohnbereich heraus. In ihm befanden sich ein großes blaues Sofa und ein gemütlicher Sessel, die auf einen großen Kamin an der gegenüberliegenden Wand und einen Flachbildfernseher in der oberen Ecke des Raumes ausgerichtet waren. Jimin bemerkte, dass einige seiner Kindheits-Zeichnungen an den Wänden hingen, die früher immer wieder von der Kühlschranktür verschwunden waren. Damals hatte er vermutet, dass sie seinem Vater peinlich waren, obwohl er nie Besuch hatte. Auf dem Kaminsims entdeckte er ein eingerahmtes Bild von seinem Vater, seiner Mutter, Danbi und ihm. Er schluckte schwer.

Letztendlich verbesserten Danbis Stimmung die zwei gegenüberliegenden Räume, die Jimin bereits mit einer dunklen Vorahnung betrat. Die beiden Räume waren Schlafzimmer mit angrenzenden Badezimmern und nicht zum ersten Mal überraschte Jimin der Gedanke, wie viel das Ganze gekostet haben musste.

Jimins Zimmer wirkte wie eine seltsame gespiegelte Version seines eigenen. Wenn er die Augen zusammenkniff, waren die Ähnlichkeiten unverkennbar. Die hellblauen Wände, die vielen Poster und Plakate sowie das dunkelbraune Bettgestell waren dem seinen unfassbar ähnlich, jedoch war das Gesamtbild heller. Freundlicher. Außerdem war eine gesamte Wand mit Bücherregalen vollgestellt, was Jimins Taschengeldkapazität definitiv überschritt.

Danbis Zimmer hingegen war nicht ansatzweise wie ihr alte Zimmer, was vermutlich daran lag, dass ihr altes Zimmer ein ehemaliger Abstellraum gewesen war, der bis zu diesem Zeitpunkt nur durch das Bett und die Kleiderstange als Kinderzimmer erkennbar gewesen war. Dieses neue Zimmer war weiß, bis auf eine hellgrüne Wand und die Möbel waren neu und beinahe luxuriös, zumindest im Gegensatz zu dem was Jiin und Danbi bekannt war.

Jimin verstand, dass sein Vater ihnen den Aufenthalt hier schmackhaft machen wollte.
Danbi besaß so viel Spielzeug, dass es Wochen dauern würde, um überhaupt alles auszuprobieren, von den unendlihen Büchern, Filmen und CDs mal ganz abgesehen, von denen die beiden nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Hinter seinem Zimmer, genauer genommen hinter einem geheimen Mechanismus an einem der Bücherregale, welchen Jimin ausschließlich durch Zufall entdeckte, eröffnete sich ihm ein weiterer, ruder Raum. Die Regaltür eröffnete ihm Zutritt auf eine etwa zwei Meter breite, an den Wänden entlang führende Plattform, welche, genauso wie der durch eine Leiter zu erreichende Bereich am Boden, wie auch die Wand in Jimins Zimmer mit Bücherregalen gefüllt war. In der unteren Etage fand er eine Art Kontrollzentrum, das ihm wohl die Illusion einer Aufgabe vermitteln sollte. Eine Chance, einen Weg nach draußen zu finden. Eine Chance, zu verstehen, was hier vorging.

Kurzum; sie hatten alles in diesem Bunker, was man sich nur wünschen konnte, dazu eine Technologie, die ihres Wissens nach eigentlich noch unerforscht war.
Nachdem Jimin sich alles angesehen hatte, schnappte er sich ein Notizbuch, welches auf seinem Nachttisch lag.
Er grinste kurz abfällig, glaubend, sein Vater habe sein Tagebuch kopiert. Doch es war leer und lud ihn ein, sofort den ersten Eintrag zu schreiben.

Ich vertraue niemandem mehr.

- Jimin, 08/11/32

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