"Ihr habt euch geküsst?", fragte er mit bedrohlicher Stimme. Er war wütend, sogar sehr.
"Was? Nein, was redest du da?", versuchte ich mich rauszureden. Aber es war ausweglos. Fast schon Ironie des Lebens. Erst wollte ich nicht mehr von ihm wissen wegen Marie, aber jetzt? Jetzt war ich wegen der gleichen Sache dran, und diesmal gab es kein entkommen. Kein 'Verschwinde oder ich rufe die Polizei'. Kein 'Sag mir was passiert ist'. Kein 'Ich bringe es wieder in Ordnung'.
"Steig sofort ins Auto", warf er mir entgegen und ließ mich augenblicklich los. Schmerz. Enttäuschung. Wut. Angst. Sogar Hass. Alles konnte ich in seinen Augen finden, seinen traumhaft grünen Augen, doch keine Liebe. Nicht Jetzt. Nicht Hier.
Er ließ mich stehen und ging mit großen Schritten auf sein Auto zu. Ich stolperte ihm hinterher, damit das hier nicht unser letzter Augenblick war.
Er setzte sich ins Auto und ich mich auf den Beifahrersitz. Ich schwieg, weil ich nichts noch schlimmer machen wollte, obwohl eh schon alles kaputt war.
"Ich liebe dich Silas", sagte ich nach einer Zeit. Mir fiel nichts anderes ein. Ich wusste nichts anderes mehr als das, und doch war es nichts. Für ihn bedeuteten diese Worte warscheinlich nichts mehr, aber für mich alles.
"Halt den Mund", sagte er und verpasste mir damit einen Dolchstich ins Herz. Tief und schmerzhaft. Er wollte mich leiden sehen, das wusste ich.
"Aber ich-"
"Sei ruhig habe ich gesagt", schnitt er mir das Wort ab und drehte damit das Messer in meiner Brust einmal um. Mir kamen die Tränen, ich konnte sie nicht zurück halten.
Als wir in seinem Zimmer waren blieb ich in der Mitte des Raumes stehen. Ich hörte wie er die Tür hinter mir schloss und auf mich zu kam. Er war nicht weit von mir entfernt, ich musste nur den Arm nach vorne bewegen dann würde ich ihn spüren, doch er war nicht mehr in meinem Kopf. Es fühlte sich an, als wäre er nicht mehr im Raum, und doch stand er direkt vor mir.
Er hob seine Hand und legte sie um meinen Kiefer. "Ich frage dich ein letztes Mal. Habt. Ihr. Euch. Geküsst?"
"Wir waren noch nicht zusammen", brachte ich heraus, obwohl ich wusste, dass ihm diese Worte nicht genügten, er wollte die Wahrheit.
"Das ist mir scheiss egal, und lüg mich nicht an Venice." Ich schaute ihn ängstlich an. Ich wollte nicht dass er so mit mir redete, aber eigentlich hatte ich es verdient. Ich hätte Pablo nie küssen dürfen, denn dieser Kuss hatte alles zerstört.
"Ja." Ich konnte ihn sowieso nicht anlügen, er kannte sowieso die ganze Wahrheit. Warscheinlich kannte er mich sogar besser als ich mich selbst.
"Hast du ihn erwidert?" Ich konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen, ich spürte nur noch seine Verurteilung. Es war zu viel. Alles drohte zusammen zu brechen.
Ich nickte langsam. Ich fühlte mich schuldig. Er hob mein Kinn und zwang mich ihn anzusehen.
"Wo hat er dich angefasst?", fragte er und legte bedrohlich den Kopf auf die andere Seite. "Hier?" Er fuhr mit seiner Hand zu meiner Brust und wog sie in seiner Hand. "Oder Hier?" Nun ließ er sie wieder nach unten gleiten und führte sie zu meinem Po um danach leicht zuzudrücken.
"Hör auf" Ich kniff die Augen zusammen und versuchte die Tränen wegzublinzeln. Ich wollte lieber, dass die Berührung unter anderen Umständen passierte, nicht so.
"Hör auf? Hast du das zu ihm auch gesagt" Ich drehte meinen Kopf weg, da es keinen Sinn machte ihm das alles zu beantworten. Was passiert war, war passiert. Unveränderlich und nicht rückgängig zu machen.
Er ließ mich los und ging zum Fenster. Mit beiden Händen stützte er sich am Geländer ab. Zuerst schaute er nach draußen, doch dann ließ er den Kopf zu Boden sinken. Ein Moment, den wir gerade beide teilten, ein Moment der Schwäche.
Ich liebte ihn. Genau sowie er da gerade stand. Mit seinen zerwühlten, leicht lockigen Haaren. Das Hemd, das ihm so perfekt passte und über seinen breiten Rücken spannte, dass man seine Kraft erahnen konnte. Die schwarze Hose an seinen Beinen, die ich so gerne zwischen meinen spürte.
Wütend und verletzt wegen mir, nicht er war es vor dem ich Angst haben musste, dass er mich verletzen würde, sonder vor mir selbst. Denn wenn er mich jetzt verlassen würde, wäre ich selbst daran Schuld gewesen.
Er kam wieder zu mir zurück, doch blieb auf Distanz. Genau das was ich nicht wollte.
"Du wirst dich entscheiden, hier und jetzt. Entweder du lässt mich in dein Leben, oder ich bin weg. Ich habe keine Lust mehr auf so ein Spiel. Ich will dich mehr als alles andere auf dieser Welt, aber wenn du mich nicht willst, dann sag es mir und ich gehe. Dann wars das mit uns. Aus und vorbei. Also, ich will jetzt eine Entscheidung von dir Venice." Die Worte erschütterten mich wie ein Erdbeben. Das war es was er wollte? Kontrolle über mich und mein Leben?
"Das kannst du nicht von mir verlangen, ich kann dir nicht mein komplettes Leben geben."
"Dann ist das hier unser letztes Gespräch?" sagte er eintönig und fast gelangweilt. Ohne mit der Wimper zu zucken kamen ihm die Worte über die Lippen. Er entfernte sich vielleicht einen Zentimeter von mir, doch schon das war mir zu viel. Ich war dabei ihn zu verlieren, jede Sekunde mehr die ich verstreichen ließ.
Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Ich konnte ihn nicht verlieren, ihn unmöglich gehen lassen. Ich schloss die Lücke zwischen uns und legte ihm eine Hand in den Nacken, dass er mich ansah. Sein Kopf zu mir nach unten geneigt. Er war so groß und dominant.
"Nein. Ich will dich. Ich liebe dich." sagte ich und konnte nur hoffen, dass er mir glaubte. Wenn das der einzige Weg war, musste ich ihn gehen.
Ein Moment der Stille, in der er über die Situation eine Entscheidung traf und nichts anderes tat, als seine starken Hände um meine Taille zu legen.
"Dann lass mich der einzige und der letzte sein."
Seine Worte hallten durch meinen Kopf. Er hatte mir klar gesagt was er von mir wollte. Wenn ich es ihm nicht geben konnte, machte er seine Worte wahr.
Ich wechselte zwischen seinen Augen hin und her und traf eine Entscheidung. Eine Entscheidung die ich hoffentlich nicht bereuen würde.
Langsam kam ich ihm entgegen, doch zögerte einen Moment. Aber, nein. Ich liebte ihn zu sehr dafür. Ich legte meine Lippen auf seine und besiegelte damit meine Entscheidung.
Sofort verstärkte er seine Griff und zog mich näher zu sich, um von mir Besitz zu ergreifen. Augenblicklich spürte ich seine Wärme um mich und fühlte mich wieder Zuhause in seinen Armen.
"Ich verspreche dir, ich werde immer bei dir sein, mich um dich kümmern, dich versorgen, dich lieben. Du bedeutest mir alles Venice, ich könnte mich nicht mal von dir fernhalten wenn ich es wollte. Ich liebe dich so sehr dass es wehtut.", sagte er und küsste mich danach wieder. Mir wurde warm ums Herz und ich konnte mich endlich fallen lassen, da ich wusste, dass er da sein wird, um mich aufzufangen.
Er hob mich leicht hoch, als würde ich nichts wiegen und trug mich zum Bett. In dieser Nacht liebten wir uns, langsam, keine Spielchen mehr, so oft bis wir beide völlig erschöpft und befriedigt zusammen einschliefen.
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Ich Hab Noch Nie
Romance"Na, hast du mich vermisst?", flüsterte er mir ins Ohr und ich zuckte leicht zusammen da seine Stimme tiefer und rauer war als erwartet. "Wieso sollte ich dich vermisst haben, ich kenne dich überhaupt nicht.", flüsterte ich leise ohne ihn anzusehen...