„Was haben wir nachher für ein Fach?" Eileen stopfte sich beim Reden eifrig weiter Rührei in den Mund. Auch Haylie hatte Hunger gehabt und einiges essen mögen, aber wie Eileen so vieles in ihren Bauch brachte, war ihr ein Rätsel.
„Verwandlung", meinte Phylis, die ihren Stundenplan hervorgezogen hatte, den sie so eben alle bekommen hatten.
„Ist das gut?", erkundigte Haylie sich.
Phylis zuckte mit den Schultern. „Ok... denke ich."
„Angeblich soll es recht schwer sein", erklärte Eileen. „Aber das kriegen wir schon hin", fügte sie rasch hinzu.
„Ja. Im letzten Jahr sind auch nur zwei Schüler sitzen geblieben."
Haylie verdrehte über Phylis Beteuerung die Augen. „Das ist keine Hilfe."
Aber sie lächelte dabei.
Phylis zuckte auch bloss lässig mit den Schultern. „Du weisst schon, was ich meine."
„Ich glaube, wir müssen langsam los", meinte Eileen und sah sich in der Halle um, in der einige Schüler langsam begannen, sich zu erheben. „Ich will nicht in die erste Stunde zu spät kommen, weil ich mich verirrt habe."
Phylis nickte. „Ja, da hast du allerdings recht. Auch wenn es eigentlich trotzdem noch zu früh ist."
Haylie runzelte die Stirn. „Ich denke, das passt schon."
Sie waren zu früh, beinahe eine Viertelstunde, aber als sie die Unmengen an Schülern sahen, die zu spät gekommen waren, waren sie über ihre Entscheidung doch ganz froh.
Sie hatten mit den Ravenclaws Unterricht und Haylie brauchte sich nur einmal umzusehen um zu wissen, dass sie Monate brauchen würde, um alle Namen zu lernen.
Während ihr Lehrer, Professor Prentiss, die Namensliste durch ging, versuchte sie aufzupassen, verlor aber bald den Überblick. Einzig Phylis' und Eileens Nachnamen konnte sie sich merken, Phylis Thackeray und Eileen Berhallen.
An jenem ersten Tag, auch wenn sie zwei Stunden Verwandlung hatten, machten sie noch nicht viel. Professor Prentiss erklärte ihnen hauptsächlich wie ihr Unterricht bei ihm in Zukunft ablaufen würde und liess sie erst in der letzten halben Stunde an ihrer ersten Transformation arbeiten. Haylie stellte schnell fest, dass der Unterricht wirklich nicht einfach werden würde, aber zu ihrer Überraschung freute sie sich dennoch darauf.
Sobald die Stunde aus war, begannen alle vielleicht siebzig Schüler ihre Unterlagen zusammen zu suchen und in Richtung Ausgang zu strömen. In dem Strom wurde Haylie von Phylis und Eileen getrennt. Sie warf einen unsicheren Blick über die Schulter, als sie sah, dass die beiden ihr nicht folgten, aber sie konnte nicht stehen bleiben, sondern wurde von den anderen mitgerissen.
Vor dem Klassenzimmer sah sie sich zögernd um. Sie hatte als nächstes Kräuterkunde, aber sie hatte keine Ahnung, wo sie dafür hin musste.
„Hey!", erklang plötzlich eine Stimme hinter ihr. Haylie drehte sich um. Der Junge, der ihr am Vortag geholfen hatte bugsierte sich mühsam einen Weg durch die Menge zu ihr.
„Hallo!", stellte er sich dann keuchend, aber strahlend vor, sowie er sie erreicht hatte. „Du bist Haylie, richtig?"
„Ja", gab sie überrascht zurück. „Und du bist..."
„Gus", erklärte er. „Gus Hillard."
Haylie merkte gleich, dass Gus ein aufgestellter Junge war, der nicht zu viel Zeit daran verschwendete, an Konsequenzen umher zu studieren, die eh nicht in seiner Macht lagen. Er nahm liebend gern Risiken und Konsequenzen auf sich, wenn eine Handlung dennoch mehr Positives als Negatives mit sich zu bringen versprach. Diese Eigenschaft hatte es ihm überhaupt erst möglich gemacht, Haylie einfach so anzusprechen.
Er sah sich um. „Ihr habt jetzt auch Kräuterkunde, oder? Ich weiss den Weg, ich kann dich begleiten!"
Haylie sah unsicher über ihre Schulter. „Ich sollte auf meine Freundinnen warten."
„Ach was." Gus sah sie bittend an. „Die finden den Weg schon selber. Komm doch mit!"
Und er lächelte sie so fröhlich an, dass Haylie schliesslich nicht widerstehen konnte.
Noch immer etwas zögernd setzte sie sich in Bewegung. Gus' Lächeln wurde noch strahlender. „Hier geht's lang."
Er zeigte ihr den Weg.
„Du hast gestern richtig nervös ausgesehen. Hattest du Angst?"
Haylie war froh, dass sie keiner der Menschen war, die leicht rot wurden. Aber sie gab es trotzdem zu.
„Ja", erklärte sie. „Ich komme aus einer Mugglefamilie und hatte einfach keine Ahnung, was da auf mich zukommen würde. Hattest du denn keine Angst?"
Gus schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Meine Eltern haben mir immer so viel von Hogwarts erzählt, dass ich es nicht abwarten konnte, das alles selber zu sehen und ich habe ja meinen Bruder."
„Ach, ja genau..."
„Noe", Gus nickte. „Ich denke, das hat es leichter gemacht."
„Ja, glaub ich auch." Haylie verstand ihn nur zu gut. „Mein Bruder ist leider erst neun."
Gus lächelte. „Unser jüngerer Bruder Theo ist gerade einmal vier. Der arme Kleine hatte einen Tobsuchtsanfall als er erfahren hat, das wir weggehen. Er hat erklärt, wenn wir gingen, esse er keinen Nachtisch mehr."
Bei diesem Gedanken musste Haylie losprusten und dann laut lachen und Gus lachte mit.
„Dann stammst du aus einer reinen Zaubererfamilie?", erkundigte sie sich als sie beide aufgehört hatten zu lachen.
Gus machte eine vage Handbewegung. „Mehr oder weniger. Meine nähere Familie besteht auf jeden Fall nur aus Hexen und Zauberern."
„Das muss cool sein..."
Er zuckte mit den Schultern. „Es ist nichts Besonderes, wenn du nichts anderes kennst."
„Da hast du wohl Recht." Sie erreichten die Gewächshäuser. Da sie zu den Ersten gehörten und die Tür noch nicht geöffnet worden war, stellten sie sich davor hin.
„Wie sollen denn da so viele Schüler reinpassen?", fragte sie sich laut und versuchte, durch die Scheibe des Gewächshauses nach innen zu sehen.
„Schon beim Klassenzimmer für Verwandlung habe ich mich das gefragt."
„Vergrösserungszauber, die das Innere grösser als das Äussere sein lassen", erklärte Gus ihr.
„Wieso das denn?", fragte Haylie verwirrt. „Das Schloss ist doch gross genug!"
„Ja, eigentlich schon", meinte er. „Aber Lehrer kosten eben auch und es ist anscheinend nicht sehr einfach überhaupt genügende zu finden."
„Woher weisst du das alles?", fragte Haylie überrascht.
„Du musst nicht so beeindruckt sein, Noe liest gerne Zeitung und braucht dann jemanden, dem er das alles erzählen kann. Mich würde das alles nie genug interessieren, um darüber zu recherchieren. Bist du eigentlich zufrieden mit deinem Haus?"
„Ja", sagte Haylie ohne zu zögern. „Ich meine... ich kenne den Unterschied ja noch gar nicht wirklich, aber ich habe bisher nichts als nette Leute kennen gelernt, also kann ich glücklich sein."
Gus lächelte. „Das ist die richtige Einstellung. Obwohl es in den meisten Häusern nette Menschen gibt."
So entstand eine lockere Konversation, die beide Beteiligten sehr genossen.
Langsam trudelte auch der Rest der Schüler ein, unter anderem auch Gus' Zwillingsbruder, der zu ihnen hinüber kam. Haylie lächelte ihm freundlich zu.
Noe nickte lediglich etwas unsicher zurück.
Noe war ganz anders als Gus. Noe war zurückhaltender, ruhiger. Er fand weniger schnell Freunde als Gus und er legte auch weniger Wert darauf.
Aber trotz ihres unterschiedlichen Wesens verstanden sich die beiden so gut, wie man nur konnte.
„Ich gehe dann mal zu meinen anderen Freunden", meinte Gus mit einem Blick auf Noe. „Wir sehen uns, Haylie!"
Er lächelte sie noch einmal an, dann gingen die beiden zu einer Gruppe Ravenclaws.
Auch Phylis und Eileen hatten inzwischen den Weg zu den Gewächshäusern gefunden.
„Wo warst du denn?", erkundigte sich Eileen.
Haylie lächelte. „Tut mir leid, dass ich schon vorausgegangen bin. Ich habe noch einen neuen Freund kennengelernt."
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Als du starbst, hörte ich Engel fluchen
FanfictionWährend der Hogwartsbrief für viele die Erfüllung aller Träume wäre, ist er für Haylie ein Schock. Plötzlich findet sie sich in mitten einer Welt voller Hexen, Zauberer und anderer magischen Wesen wieder. Doch zwischen verträumten Ravenclaws, hilfsb...