Nachdem alle ihren Nachtisch gegessen hatten, erhob sich der Mann wieder. „Ich möchte mich den Neuen von Ihnen offiziell vorstellen, ich bin Professor Hammond, Ihr Schulleiter." Haylie reckte ihren Kopf um an den anderen vorbei zu sehen. „Ich hoffe, Sie alle haben sieben wundervolle Jahre in Hogwarts und machen diese Schule durch Ihre Leistungen stolz. Bitte, nehmen Sie zur Kenntnis, dass der verbotene Wald, nun... verboten ist. Die Zentauren verstehen keinen Spass, wenn jemand ihr Gebiet betritt. Auch sonst seien Sie bitte vorsichtig, wir sprechen hier immerhin von Hogwarts."
Einige ältere Schüler lachten. „Zum Schluss freut es mich noch aussergewöhnlich Ihnen mitzuteilen, dass alle unsere letztjährigen Professoren hier geblieben sind und auch in diesem Jahr wieder unterrichten werden. Und jetzt gehen Sie ins Bett, Sie haben immerhin Unterricht morgen." Er setzte sich wieder.
Die Schüler klatschten, dann erhoben sie sich schnatternd von ihren Bänken und machten sich in ihre Zimmer auf.
Ein dunkelhaariger Vertrauensschüler winkte die neuen Schüler zu sich.
Haylie stand auf und folgte den anderen zu ihm. Die Stimmung um sie herum wirkte ausgelassen und fröhlich, sodass es einem warm ums Herz wurde.
Der Vertrauensschüler führte sie mehrere Gänge entlang und eine Treppe hinunter. Bald schon bemerkte Haylie, dass nur noch die Schüler mit den gelben Krawatten um sie herum waren. Die anderen Schüler hatten andere Wege eingeschlagen.
Sie gingen immer tiefer bis in den vermeintlichen Keller des Schlosses und hielten vor einem Stapel Fässer. Der Vertrauensschüler klopfte einen bestimmten Rhythmus auf eines davon und die Tür zu einem gemütlichen Raum öffnete sich. Die Schüler strömten hinein und zogen Haylie mit sich.
Unweigerlich neugierig sah sie sich um. Weiche Sofas standen da und ein warmes Feuer brannte im Kamin. Mehrere Schüler hatten sich bereits im Raum verteilt oder verschwanden gerade in den angrenzenden Räumen.
Eine weibliche Vertrauensschülerin gesellte sich inzwischen zum ersten.
„Die Mädchen folgen mir bitte", bat sie die Erstklässlerinnen und Haylie und die anderen etwa vierzehn oder fünfzehn Mädchen machten sich sogleich daran, ihr zu folgen. Die Vertrauensschülerin führte sie einen Gang entlang, bis sie schliesslich vor einer Tür hielt. „Ihr seid zu fünft pro Zimmer", erklärte sie ihnen. „Ihr werdet euer Gepäck bereits in dem Zimmer finden, in dem ihr schlafen könnt."
Sie zeigte auf die Tür hinter sich und auf die anderen beiden vor sich.
Haylie fand ihr Gepäck bereits im ersten Zimmer, in dem sie nachsah, neben einem gemütlichen Bett stehen.
Das Zimmer an sich sah ebenfalls warm und verlockend aus.
Ein Mädchen mit dunklen Haaren hatte schon mit dem Auspacken begonnen als Haylie den Raum betrat und lächelte sie freundlich an. „Hey! Ich bin Eileen. Wie heisst du?"
„Haylie", stellte Haylie sich schüchtern vor und erwiderte das Lächeln des Mädchens leicht.
„Ist das nicht aufregend?", Eileen sah sich strahlend um. „Das ist so viel besser, als ich es mir vorgestellt hatte!"
Haylie nickte. Ihr Unbehagen liess nach. „Es ist wirklich unglaublich!"
Ein weiteres Mädchen betrat den Raum, sah ihr Gepäck bei einem der Betten stehen und ging dann zögernd auf Haylie und Eileen zu. „Hallo! Kommt ihr auch in dieses Zimmer?" Die beiden nickten. Das Mädchen sah erleichtert aus. „Ich bin Phylis."
Haylie und Eileen stellten sich ihr vor.
Phylis liess sich sogleich seufzend auf ihr Bett fallen und setzte sich dann an die Kante. „Es fühlt sich so gut an, hier zu sein."
Haylie nickte. „Ich war so nervös vor der Einteilung. Ich bin froh, dass es jetzt vorbei ist."
Eileen sah sie neugierig an. „Hast du niemanden gekannt?"
Haylie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich stamme nicht von Zauberern ab."
„Ich kannte auch niemanden", warf Phylis ein, die begonnen hatte mit den Füssen zu schaukeln. „Die Kinder der Freunde meiner Eltern sind alle ein oder zwei Jahre jünger."
„Und meine Freunde sind alle in anderen Häusern gelandet. Wir sind also alle in der selben Lage." Eileen lächelte wieder und Phylis nickte aufmunternd. Haylie fiel auf, dass sie die beiden jetzt schon ins Herz geschlossen hatte.
„Dann sind eure Eltern auch Hexen und Zauberer?", hakte sie nach.
Eileen schüttelte ihren Kopf. „Mein Vater schon, meine Mutter nicht."
„Bei mir beide Eltern, aber nicht alle Grosseltern, deswegen bin ich auch halbblütig", erklärte Phylis. Haylie nickte etwas enttäuscht.
„Aber ich glaube, die meisten rein- und halbblütigen Kinder wissen nicht viel mehr von unserem zukünftigen Schulstoff als du jetzt", meinte Phylis rasch. „Ich zum Beispiel habe noch nie zuvor einen Zauberstab benutzen oder einen Besen fliegen dürfen. Klar kenne ich einiges vom Hörensagen, aber das hast du schnell aufgeholt." Haylie lächelte.
„Und wir helfen dir auch, wenn du magst", schloss Eileen sich Phylis an.
Zwei weitere Mädchen betraten das Zimmer und stellten sich kurz als Megan und Kamika vor, bevor sie wieder auf dem Flur verschwanden.
Haylie, Eileen und Phylis entschlossen sich daraufhin mit dem Auspacken zu beginnen.
Haylie öffnete ihren Koffer und begann ihre Kleider in den Schrank zu räumen. Phylis befreite inzwischen eine kleine Katze aus ihrem Käfig, die bereits unzufrieden zu miauen begonnen hatte. „Das ist Darky", sagte sie und drückte die blutrote Katze an ihre Brust. Darky sah Eileen und Haylie vorsichtig mit seinen grossen Augen an.
„Ist der süss!" Haylie blickte den Kleinen verzückt an.
Phylis nickte und küsste ihn auf sein Fell, bevor sie ihn auf ihrem Bett absetzte, wo er sich auch gleich zu einer Kugel zusammenrollte. „Meine Eltern haben ihn mir zum Schulanfang geschenkt."
Haylie erinnerte sich an das hübsche Kleid, das ihre Eltern ihr zum Eintritt in ihre alte Schule geschenkt hatten.
Beim Gedanken daran schmerzte ihr Herz ein wenig, aber Haylie nahm es hin.
Sie wusste, dass ihr Zuhause und ihr altes Leben ihr lange fehlen würden, vielleicht für immer.
Aber sie konnte trotzdem versuchen, sich hier wenigstens ein wenig heimisch zu fühlen. Haylie wusste, dass sie versuchen musste, ihr Heimweh besser wegzustecken. Sie wollte sich nicht selber in den Wahnsinn treiben.
Sie würde versuchen, sich zumindest Mühe zu geben. Was auch passierte, sie wollte sich auf jeden Fall nie mehr so verloren und alleine fühlen wie heute und nie mehr so sehr ihre eigenen Ängste und ihre Trauer an sich heranlassen.
„Was glaubt ihr, welches Fach wird am schwierigsten?", fragte sie die beiden anderen um ihren Vorsatz gleich in die Tat umzusetzen.
Eileen überlegte. „Ich habe einmal gehört, dass Geschichte der Zauberei recht mühsam sein soll... Aber ich glaube kein Fach wird besonders einfach."
Phylis begann zu strahlen: „Ich freue mich schon auf Kräuterkunde!"
„Weswegen?", Eileen runzelte die Stirn. „Freust du dich so auf den Dreck?"
„Nein. Aber ich möchte Heilerin werden. Das ist ein Beruf", erklärte sie auf Haylies fragenden Blick. „Sie helfen Hexen und Zauberer, denen es nicht gut geht. Und ich denke, Kräuterkunde ist dafür sehr wichtig."
„Ah, danke! Und was möchtest du einmal machen, Eileen?"
Diese zuckte mit den Schultern. „Ich weiss noch nicht... Quidditch vielleicht, oder so... Aber das ist ja noch ewig hin!" Sie schnappte sich eine Packung Süssigkeiten aus ihrem fast leeren Koffer. „Hat jemand Lust auf Kürbiskuchen?"
So sassen sie zu dritt auf dem Boden, assen Süssigkeiten und unterhielten sich, bis sie schliesslich, trotz mangelnder Müdigkeit, beschlossen, dass es Zeit fürs Bett wurde und schlafen gingen. Auch Megan und Kamika waren inzwischen ins Zimmer zurückgekehrt. Sie schienen ebenfalls ganz nett zu sein.
Und als Haylie ins Bett klettere und sich auf die Seite drehte, war sie trotz allem nicht unzufrieden mit ihrem ersten Tag in Hogwarts.
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Als du starbst, hörte ich Engel fluchen
FanfictionWährend der Hogwartsbrief für viele die Erfüllung aller Träume wäre, ist er für Haylie ein Schock. Plötzlich findet sie sich in mitten einer Welt voller Hexen, Zauberer und anderer magischen Wesen wieder. Doch zwischen verträumten Ravenclaws, hilfsb...