Epilog

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Zac ächzte, als er seine schwere Tasche aus dem gestohlenen Glider hob und mit dem Fuß die Klappe der Ladefläche zudrückte.

Er hatte wirklich nur das Nötigste eingepackt, für mehr war keine Zeit gewesen. Die Flucht aus der Arena war chaotisch, aber natürlich nicht unmöglich gewesen. Als er jedoch an dem vereinbarten Treffpunkt auf Ace und Macey gewartet hatte und selbst dann niemand von den beiden erschienen war, als die ersten von Blackwells Männern auch die unmittelbare Umgebung der Arena durchkämmt hatten, war ihm klar geworden, dass sie nicht mehr auftauchen würden.

Diese Erkenntnis hatte ihn für einen winzigen Moment gelähmt. Dann war er geflohen.

Er war sich relativ sicher, dass Macey noch lebte. Er hatte Blackwells Gesichtsausdruck beobachtet, als er sie hatte kämpfen sehen. Er wollte sie. Sie war ihm zu ähnlich. Zac fuhr sich durch die mittlerweile zu langen Locken, die ihm vom Kopf abstanden. Aber Ace... was war mit Ace geschehen?

Er seufzte.

Manchmal ließ er sich von seinen Gefühlen ablenken. Er wusste, dass das falsch war. Meist konnte er vergessen, dass er welche besaß. Aber nicht bei Ace. Umso wichtiger war daher, dass er sich zusammenriss und sich darauf konzentrierte, was vor ihm lag. Und das war ein ziemlich unschönes Treffen mit dem unangenehmsten Teil der drei Perez-Geschwister.

Der Gedanke daran ließ ihn seine Umgebung unter die Lupe nehmen. Die Spiegelnde Stadt, die die Bewohner der umliegenden Länder auch gern als Nidus bezeichneten, war im Vergleich zu New Port ein Dorf. Zerfallen und doch florierend wie ein Wochenmarkt waren die Straßen gefüllt von Sterlings. Die teils betonierte, teils gepflasterte Straße stand stellenweise unter Wasser und so schmatzten seine Stiefel bei jedem Schritt. Eine Schar Kinder rannte ihm schreiend entgegen, ein kleiner Junge voran und der Rest jagte ihm hinterher. Das Wasser der Pfützen spritzte ihm bis ans Hosenbein, als sie an ihm vorbeirannten.

Die Straße, die ihn direkt ins Zentrum dieses Schmelztiegels für allerhand Gesindel führte, war erfüllt von Stimmen, Musik und Gelächter. Sterlings priesen ihre Waren an, Sterlings betranken sich, Sterlings unterhielten sich lautstark. An jeder Ecke wartete eine Prostituierte und zog Passanten in die eng aneinandergedrängten, teils schiefen Häuschen, deren Mauerwerk an allen Seiten behelfsmäßig geflickt worden war. Es roch nach Schweiß, Alkohol und gebratenem Fleisch, dazwischen schwang immer der Geruch von Pisse und Erbrochenem mit. Irgendwo schrie ein Kind und als Zac weiterging, erkannte er, dass es von einem Erwachsenen festgehalten wurde, weil es allem Anschein nach gestohlen hatte.

Sogar Tiere gab es hier, wenn sich auch die Zucht aufgebaut hatte aus einer Mischung aus Domestizierung wilder Tiere und Diebstählen fremder Bestände. Er passierte eine dieser unsäglichen Wettkammern und wurde von einer jungen Frau angerempelt, die ihm schöne Augen machte. Wie immer um keinen Flirt verlegen, sah er ihr nach und sie lächelte, wobei sie ihre schwarzen Zähne entblößte. Zac zuckte zusammen und wandte das Gesicht schnell wieder geradeaus.

So war das hier wohl. Man wusste nie, was man bekam.

Er ließ die Hauptstraße hinter sich und bog in die der Wäscher ein. Hier vermengte sich das Potpourri aus Gerüchen mit dem scharfen Dunst der Seife, die die Sterlings verwendeten. Er gab Acht darauf, die Pfützen hier zu meiden, da die Bleiche allem die Farbe entzog, womit sie in Berührung kam.

Die Wäscher und Wäscherinnen beugten sich aus ihren Fenstern. Davor befanden sich Rinnen, in denen das Waschwasser stand, das regelmäßig abgelassen wurde. Sie waren allesamt hässlich wie die Nacht, weil die giftigen Dämpfe ihnen die Gesichter entstellten. Deshalb waren sie meist nicht begeistert, wenn sich jemand in die einsame Gasse verirrte. Zac kannten sie allerdings schon. Nur wenige hoben in geringem Interesse den Kopf, keiner sagte etwas. Zac nutzte die Straße öfter, um in das Zentrum der Banditenstadt zu gelangen, den fünf Kesseln. Der Weg war kürzer als über die Hauptstraße, aber das wussten die wenigsten. Doch selbst, wenn es anders gewesen wäre, so hätte sich hier trotzdem kaum einer blicken lassen.

Haut aus SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt