-Dylan-
Finn. Nur ein Name, ein Name, der mein Leben und meine Gefühle auf den Kopf gestellt haben. Er war mir nie aufgefallen. Erst als er plötzlich vor meiner Zimmertür stand, hatte auch ich begriffen, das er nicht nur ein neuer Schüler war.
*Zwei Monate vorher*
"Dyyylaaaaaannn", schrie meine Schwester Ginny aus der Küche. "Waaaaas?", rief ich genervt und lief nach unten um nicht noch mehr schreien zu müssen. "Wir müssen langsam mal wieder einkaufen gehen.", meinte sie, während ihr Kopf suchend im Kühlschrank steckte. Ich fing an zu lachen. "Du bist dran." Verzweifelt sah sie mich an. "Ohje, das hab ich aber nicht in meinen Zeitplan miteingerechnet", stöhnte sie überfordert. "Ich war die letzten zweimal, langsam bist du mal dran.", grinste ich. Unsere Eltern waren öfter mal für längere Zeit weg. Beide waren hochangesehene Geschäftsleute und hatten eine eigene Agentur. "Versuchs irgendwie reinzuquetschen.", meinte ich und hüpfte wieder die Treppen nach oben. Die nächste Matheklausur stand bevor. Zu meinem Glück verstand ich dieses Fach ziemlich gut, wobei ich in Englisch eine absolute Niete war. Mein bestes Fach war aber immer noch Sport. Es lag mir einfach am besten. Ich ging auch jeden Tag joggen und ernährte mich oft gesund. Nachdem ich den ganzen Stoff einigermaßen im Kopf hatte ging ich laufen. "Ginn? Ich bin weg. Bis später.", schrie ich die Treppe nach oben und schloss dann die Tür. Schnell steckte ich mir noch Kopfhörer in die Ohren, dann lief ich los. Die Musik und die frische Luft beruhigten mich. Sie ließen mich entspannen und den Kopf frei kriegen. Keine Ahnung wie lange ich durch die Straßen oder den Park joggte. Jedenfalls war ich ziemlich verschwitzt und wollte nur noch duschen. Im Zimmer meiner Schwester brannte noch Licht. Vorsichtig spähte ich durch die Tür. Ginny schlief schon seelenruhig, in ihre Decke eingekuschelt. Schnell löschte ich das Licht und legte mich, nach einer schnellen Dusche, in mein Bett. Morgen war schließlich Schule. Die Nacht verlief ruhig. Ich träumte von einer der vielen Sleepover-partys, die meine Schwester oft mit ihren besten Freunden veranstaltete. Nur war sie wirklich langweilig, im Gegensatz zur Realität. Schließlich wachte ich dann doch auf, durch das klingeln meines ätzenden Handyweckers. Mit einem, ins Kissen gepresste stöhnen, schälte ich mich aus der Bettdecke und ging ins Bad. Morgen war Wochenende, wie ich diese zwei Tage in der Woche nur genoss. Auf dem Weg zur Schule traf ich einen meiner Kumpels. Danny war ein ganzes Jahr jünger und somit eine Stufe unter mir. "Morgen.", brummelte er leise. Er kam morgens überhaupt nicht gut aus dem Bett. "Guten Morgen.", lachte ich nur. Gemeinsam liefen wir ins Schulgebäude, ab da trennten sich unsere Wege. Sein Biologiekurs fand unten statt, ich hingegen hatte jetzt Kunst, im oberen Stockwerk. Die Zimmer waren nie verschlossen, so setzte ich mich auf meinen Platz und durchstöberte eins der vielen Collegeprospekte, die meine Mutter mir regelmäßig gab. Ich war im letzten Jahr und wollte danach unbedingt studieren. Nur die Frage nach dem was, stand im Raum. Wirtschaft lag mir gar nicht, von Naturwissenschaften hatte ich keine Ahnung und von Technik wollte ich gar nicht erst anfangen. Das einzige das mir gefiel war Sport. Nur ob man damit weit kam, bezweifelte ich. Plötzlich riss mich ein Poltern aus meinen Gedanken. Erschrocken hob ich meinen Blick. Einem Jungen waren die Bücher runtergefallen. Seine Wangen färbten sich zart rosa. "Entschuldigung.", murmelte er, während er seine Bücher aufsammelte und sich dann vor mich hinsetzte. "Kein Problem.", grinste ich. Der Junge war neu an unserer Schule. Da wir keine festen Klassen hatten, nur Kurse, wurde er uns auch nie vorgestellt. Zwischendurch fiel immer mal wieder sein Name, doch irgendwie blieb er einfach nicht hängen. Obwohl er echt gut aussah.
Das ich auf Jungs stand war kein Geheimnis und gespürt hatte ich es schon vor ein paar Jahren. Anfangs dachte ich wirklich ich bilde mir das ein, doch immer wenn ein Junge in meiner Nähe war, wurde ich nervös und verlegen. Danny erzählte mir das er das nur bei Mädchen spürte. Ab da wurde ich mir dessen immer mehr bewusst, ich war schwul und würde mich damit nicht verstecken. In meinem Umfeld kamen alle damit klar, obwohl ich mir auch nie Gedanken machte, was passiert wäre wenn meine Eltern oder meine Freunde es nicht akzeptiert hätten. Alleine dastehen war schließlich nicht das schönste auf der Welt, doch darüber nachzudenken kam mir nicht in den Sinn. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade mal 14 Jahre alt. Der Junge vor mir kramte in seiner Tasche und zog ein Buch heraus. Es hatte einen blauen Einband. Nur schwer konnte ich lesen was geschrieben stand, doch ich glaubte, "Radioactive Strahlungen" und Rechnungen, erkennen zu können. Ich vermutete Physik, obwohl mir das Buch nicht bekannt vorkam. Es war keins unserer Unterrichtbücher. "Hey, wie gehts dir?", fragte Olivia, die durch die Tür gesprungen kam und mich somit voll aus meiner Starre riss. "Hi, ganz gut und dir?", beantwortete er Olivias Frage. Sie besuchte mehrere Kurse mit mir. "Gut, danke der Nachfrage." Die beiden unterhielten sich noch eine Weile, während der Raum immer voller wurde. Die Hefte stopfte ich wieder zurück in meinen Rucksack und zog meine Bücher raus, um mich dem Unterricht zu widmen. Die Pausen verbrachte ich mit Danny. Ansonsten lief alles wie immer. Nachmittags ging ich entspannt und machte meine Hausaufgaben. "Am Samstag kommen ein paar Freunde, ok?" Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage von meiner Schwester, aber da ich es nicht anders kannte stimmte ich zu. Ginny war schließlich immer vorsichtig und auch ihre Freundinnen waren alle super nett. Den restlichen Tag verbrachte ich auf der Veranda. Die Sonne schien warm vom Himmel herab. "Dylan? Ich bin wieder da.", meldete sich Ginny, die im Türrahmen stand. "Wo warst du?", wollte ich interessiert wissen. "Ein paar Sachen für morgen einkaufen. Ich hab dir Eistee mitgebracht.", sagte sie und hielt mir das große Tetrapack hin. "Danke, lieb von dir." Ich sprang auf, knuffte ihr in die Wange und machte mir dann ein Glas mit viel Eiswürfeln und Pfirsicheistee. "Mama hat vorhin angerufen.", teilte sie mir schlicht mit, während sie die Einkäufe verstaute. "Und? Was interessantes aus China?" "Korea und nein, sie wollte nur mal hören wie's uns geht.", informierte mich meine Schwester, bevor sie nach oben hüpfte, um wahrscheinlich den Rest in ihr Zimmer zu packen. Ich hingegen machte mich wieder auf die Terrasse und genoss den restlichen Mittag. Auch der Nächste Schultag verlief schnell, worüber ich mehr als froh war. Kaum zuhause, sprang mir schon Ginny entgegen. "Kannst du mir helfen biiiiiitttteeee?" "Ehm..ja?", verblüfft sah ich sie an. "Danke!", rief sie und drückte mir einen dicken Kuss auf die Wange. "Hier!", kannst du bitte das Badezimmer putzen? Ich muss das Essen noch machen." Ginny schien wirklich leicht überfordert zu sein und knallte mir einen Eimer gegen den Bauch. Mit meinem Mund formte ich ein "Au", bevor ich ihn entgegen nahm und ins Bad stolzierte. Sie hingegen sprang schon wieder in die Küche. Kopf schüttelnd fing ich an. Zuerst stellte ich den Tragbaren CD-Player meiner Schwester zu mir, um mir mit Musik die Arbeit zu versüßen. Endlich fertig damit gönnte ich mir eine Dusche und setzte mich in meinem Zimmer an die Schularbeiten. Lernen stand ganz oben auf der Liste, aber lange würde ich diesen Plan nicht durchhalten, das wusste ich. Kurz darauf hörte ich wie die Freundinnen von Ginny, lachend die Treppe nach oben polterten. Wie immer würden sie gerade ihre Kissen auf dem Boden ausbreiten. Eine halbe Stunde später unterbrach mich die Musik und ich gab das lernen für den Tag auf. Schließlich war es auch schon spät. Auf dem Flur waren Schritte zu hören, nichts neues, weswegen ich einfach nach draußen ging und jemanden volle Kanne die Tür gehen die Stirn knallte. Eigentlich wollte ich mir nur etwas zu trinken holen. "Au", fluchte der Junge. Junge?! Seit wann läd Ginny Jungs ein? Als er aufsah konnte ich kaum glauben wer vor mir stand.
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Wherever I Go
RomanceFinn. Nur ein Name, ein Name, der mein Leben und meine Gefühle auf den Kopf gestellt hat. Er war mir nie besonders aufgefallen. Erst als er plötzlich vor meiner Zimmertür stand, hatte auch ich begriffen, das er nicht nur ein neuer Schüler war. Link...