Kapitel Siebenunddreißig

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Am nächsten Morgen werde ich von Greys leisem Schnarchen geweckt. Meine Augen sind schwer und noch dazu liegt Grey mit seinem ganzen Oberkörper auf mir. Ich schaue ihn kurz an und fange an zu lächeln. Zufrieden schließe ich meine Augen und male mit meiner Hand kleine Kreise auf Greys Rücken. Der Laptop brummt leise auf dem Boden neben uns, weil ich ihn in der Nacht nicht ausgeschaltet habe. Die Erinnerung an den letzten Abend taucht vor meinem inneren Auge auf und lässt mich schmunzeln. Dass wir einfach auf meinem Bett lagen, einen Film geschaut haben, auch wenn er nicht gerade nach meinem Geschmack war, und ich seine Anwesenheit einfach genießen konnte, das hat sich so normal und aufregend zugleich angefühlt. Die meiste Zeit habe ich damit verbracht, Grey zu beobachten, wie er den Film geschaut und meine restlichen Chips aufgegessen hat. Aus irgendeinem Grund sind solche normalen Momente in unserer Beziehung selten. Viel zu selten kommen wir dazu, Normalität miteinander zu teilen.

Die Sonne scheint durch mein Fenster. Das tut sie selten in letzter Zeit und wer weiß, vielleicht ist es ein gutes Omen für den Tag. Die ersten fünf Minuten hätten zumindest nicht besser beginnen können. Ich fahre mit meiner Hand durch Greys Haare und beobachte ihn beim Schlafen. Seine Lippen sind leicht geöffnet, er schnarcht leise, aber immer noch zu laut, als dass ich es überhören könnte. Sein Gesicht wirkt so friedlich und sorglos, dass ich mir am liebsten ein Foto davon machen würde. Überlegend sehe ich zu meinem Nachttisch, auf dem Greys Handy liegt. Schneller als ich denken kann, greift mein freier Arm danach. Ich lächle verschlafen in die Frontkamera seines Handys und drücke den Auslöser. Es ist bei weitem kein perfektes Bild, ich sehe nicht toll oder frisch, geschweige denn wach aus, aber glücklich. Von Grey erkennt man nur den Oberkörper und seinen Hinterkopf. Und irgendwie macht es das aber zu dem perfekten Foto.

Ich kann es mir nicht verkneifen den komplett schwarzen Hintergrund seines Handys zu ändern und an dessen Stelle das geschossene Foto zu setzen. Danach schicke ich es mir noch auf mein eigens Telefon und lege das Handy wieder auf den kleinen Tisch. Das dümmliche Grinsen in meinem Gesicht will einfach nicht verschwinden, also lasse ich es dort.

Kurz darauf scheint Grey langsam wach zu werden. Er dreht seinen Kopf in die andere Richtung und umarmt mich noch fester, als er es eh schon getan hat. Ich ringe gespielt nach Luft und fange an zu kichern. Ein kleines Lächeln bildet sich auf seinen Lippen, trotzdem hat er seine Augen noch immer geschlossen.

„Guten Morgen", raunt er an meinem Ohr und fährt mit seiner Hand an meinem Bauch entlang.

„Ebenfalls", hauche ich zurück und grinse. Grey schlägt seine Augen auf. In ihnen brennt ein kleines Feuerwerk, mit so viel Intensität, dass ich Gänsehaupt bekomme. Er sieht verdammt gut aus mit diesem verschlafenen Blick. Er drückt seine Lippen auf meine und küsst mich fordernd. Ich grinse in unseren Kuss hinein und ziehe die Decke über uns beide.

***

„Es fühlt sich endlich Mal wie eine normale Beziehung an, weißt du?" Ich strahle Michelle an, die mit mir zusammen Schicht hat. Grey und ich haben zusammen gefrühstückt, die Blicke meiner Mutter sind mir dabei nicht entgangen, sind zusammen zur Arbeit gefahren und haben uns erst vor einer Stunde in der Pause gesehen, trotzdem vermisse ich ihn schon wieder. Am liebsten würde ich an ihm hängen wie eine Klette, aber das würde nicht nur meine, sondern auch seine Arbeit behindern.

Nichts an diesem Tag könnte perfekter sein. Auch Elaines Blick, als sie Grey und mich zusammen in der Küche gesehen hat, war unbezahlbar. Offensichtlich wusste sie nichts von uns beiden und so ist sie mit offenem Mund in ihrem Zimmer verschwunden. Grey fand mein gehässiges Grinsen wohl auch sehr amüsant.

„Dir kann heute nichts mehr die Laune verderben, oder?" Michelle grinst mich an und sortiert ein paar Unterlagen ein. Während ich die Rechnungen des letzten Monats fertigstelle, betreue ich auch gleichzeitig die Gäste, die sich an der Rezeption melden. Mittlerweile ist es Ende August. Der Sommer ist in Windeseilen an uns vorbeigezogen. Herbstliche Stimmung macht sich nicht nur draußen breit, sondern auch im Hotel. Die Frau des Chefs persönlich dekoriert zu jeder Jahreszeit die Räume neu.

GREYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt