„Sag's mir. Sag's mir jetzt!"
„Was meinst du?"
„Das, was du mir schon immer mal sagen wolltest!"
„Was? Warum?"
„Weil ich sterbe, Lena"
„Jetzt?"
„Jetzt."
„Ich liebe dich, Amber! Ich liebe dich über alles andere und ich würde so gern mit dir zusammen sein! Aber jetzt ist es wohl zu spät..."
Tränen laufen ihr über die Wangen und ich lächle, während mir ebenfalls heißes Salzwasser von den Wimpern tropft.
„Ich liebe dich auch, Lena, ich liebe dich auch! Und... in unserem nächsten Leben werden wir uns wiedersehen und dann können wir zusammen glücklich werden!"
Lena gibt mir mit tränenbenetzten Wangen einen Kuss und nimmt mein Gesicht in beide Hände.
„Ich wusste nicht, dass es so schwer wird, dich gehen zu lassen!"
„Du musst, Lena. Ohne mich kannst du glücklich werden!"
„Ich hasse das Leben! Ich hasse die Welt! Ich hasse alles, das dir diese beschissene Krankheit eingebracht hat! Und ich hasse mich, weil ich es nicht aufhalten kann. Verdammt, Amber, warum?"
Ich kann nicht mehr antworten. Ich bin schon auf dem Weg ins Elysium. Doch das letzte was ich sehe, bevor ich ihre grässliche Welt verlasse, ist das Gesicht der Liebe meines Lebens.Ich merke, dass ich weine. Kann man noch weinen, wenn man tot ist? Anscheinend. Kann man sich auch auf den Boden schmeißen und darauf einschlagen, bis die Hände bluten, weil man doch gerade gemerkt hat, wie viel besser das Leben wäre, wenn man geblieben wäre? Kann man in den Boden brüllen, weil man spürt, wie das Herz in eine Milliarden winzige Scherben zerspringt, weil man weiß, dass man jemandem, den man liebt, Schmerzen bereitet? Aber jetzt bin ich hier und eigentlich kann ich es nicht ändern. Ich sehe mich um und sehe Blumen. Hunderte, tausende von wunderschönen, bunten Blumen, die duften und blühen und Schmetterlinge und Insekten, die sich darauf setzen und dessen Brummen mich vollends ausfüllt. Ich gehe herum und das einzige was ich tue, ist fühlen. Den Schmerz, den Hass, die Ruhe, die Geborgenheit, die Wärme, die Einsamkeit, die Schönheit von allem um mich herum. Das konnte und durfte ich nie. Ich musste immer denken, immer geistig anwesend sein, immer abrufbereit sein.
Aber jetzt darf ich es.
Jetzt darf ich endlich einfach nur fühlen.
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Sterben
PoetryTod... ein Wort, vor dem sich fast jeder fürchtet. Aber ist es überhaupt etwas, vor dem man Angst haben muss? Das sterben? Ich werde hier von Kindern berichten. Von Menschen, die sterben und was sie sehen, denken, hören, während sie unser Leben verl...