Ab in die Nacht.

5 1 0
                                    

"...you know you like it, but it drives you insane,
you know you like it but it drives you insane,
you know you like it, but you're scared of the shame.
What you want?
What you're gonna do.
You know you like it but it drives you insane,
follow me because you know you want to feel the same.
You know you like it but it drives you insane.
What you want?
What you're gonna do?..."

Das ohrenbetäubende Geräusch der Gitarre und des Schlagzeugs verfliegt. Alles was übrig bleibt, ist die Stille. Und das leise Piepen in meinem rechten Ohr. Vielleicht habe ich die Lautstärke doch noch viel zu hoch gestellt. Wie dem auch sei, fieses Piepen übertönt die Stille ein wenig. Aber nichts hält ewig. Und dieses Piepen beweist es. 5 Minuten vergehen, während ich einfach da sitze und langsam dem Piepen beim Verschwinden zuhöre. Und dann war sie auch wieder zurück. Die Stille. Ich seufzte und stehe mit einem Ruck aus dem Bett auf. Der leichte Schwindel, der meinen Kopf erfüllt, zeugt davon, dass mein Körper wohl gerne länger im Bett bleiben würde. Aber ich könnte es nicht. Komisch. Nicht mal mein eigener Körper ist der selben Meinung wie ich. Haha. Toll.

Und so stand ich gefühlt ne halbe Minute einfach nur neben meinem Bett rum, während ich darüber nachgedacht habe, ob mein eigener Körper auf meiner Seite ist oder nicht. Aber letzendlich wurde mir das scheißegal. Hauptsache ich laufe. Hauptsache ich lebe.

Willst du denn leben?

Ich seufze und geh zum Fenster. Immerhin kommen die Gedanken langsam in meinen Kopf zurück. Zwar ist bis jetzt keiner einzelne von denen angenehm, aber sowas ist leider verdammt selten geworden. Meistens schwebe ich in einer Wolke aus Trauer und Selbsthass. Meine eigene, wunderschöne, schwarze Wolke. Fast wie so eine Regenwolke über meinem Kopf, die mich ab und zu mal mit Blitzschlägen in die Knie zwingt. Genau. Ich sehe aus dem Fenster. Noch ist es recht dunkel, aber der feine, weißliche Streifen am Horizont kündigt den Sonnenaufgang an. Und plötzlich erinnere ich mich. Heute ist Schule. Bald ist Schule. Sehr bald. Viel zu bald. Ich will nicht. Hilfe.

Wer soll dir bitteschön helfen?

Ich lehne meinen Kopf sanft an die Fensterscheibe und glotze diesen verdammten Streifen Licht an. Soll sich doch verpissen, der Bastard. Ich will nicht zurück in dieses Höllenloch. Menschen. Ich hasse Menschen. Menschen sind böse. Menschen sind scheiße.

Oder ich bin zu scheiße für Menschen.

Ich geh von der Fensterscheibe weg und setze mich auf die Kante meines Tisches. Nun, es ist kurz vor 3. Frühs. Die Schule beginnt wie gewohnt um 8. Immernoch frühs. Ich habe also noch 3 Stunden Zeit, bis ich daran denken kann, mich langsam fertig zu machen. Und genau diese 3 Stunden muss ich jetzt irgendwie hinter mich bringen. Irgendwie. Überleben. Nun, was machst man den am besten?

Mach nicht. Wie du immer tust.

Nichts zu tun war eigentlich ein sehr guter Vorschlag. Einfach hunlegen und hoffen, dass man stirbt. Wie schön das doch wäre. Aber nein. Ich kann nicht. Ich muss hier einfach weg. Ich muss weg. Ich weiß wirklich nicht, wovor ich fliehe. Wohin ich fliehe. Ob ich überhaupt fliehe kann. Aber versuchen kann ich es ja. Muss ich ja. Soll ich ja.

Und so hebe ich meinen Arsch von der Tischplatte und schleppe mich zu dem Kleiderschrank in der anderen Ecke des Zimmers. Nun. Viel Auswahl gibt es nicht. Schwarzes T-Shirt. Graues T-Shirt. Weißes T-Shirt.

Schwarz klingt gut. Schwarz klingt immer gut. Schwarzes T-Shirt. Schwarze Hose. Schwarze Schuhe. Perfektion.

Das Outfit. Nicht du.

Nun. Ist mir irgendwie egal. Ich vergesse es fast, den Schlüssel für die Wohnung zu nehmen. Das wäre scheiße gewesen. Ich will meinen Eltern nicht erzählen, wieso zum Teufel ich so früh schon unterwegs bin. Das wäre wirklich das letzte, was ich noch brauche. Und so öffne ich die Tür zu dem Flur. Schließe die wieder. Öffne die Wohnungstür. Schließe die wieder. Treppe nach unten. Noch eine. Noch 5 weitere verdammte Treppen. Haustür auf. Haustür zu.

Glückwunsch. Sie befinden sich jetzt draußen.

Draußen war es noch kälter, als ich es eigentlich vermutet habe. Die eisige Kälte kroch innerhalb weniger Momente unter meine Haut und nistet dort wie ein hässlicher Parasit. Es fing also schon mal ganz toll an. Ich seufzte eine weiße Wolke aus meinem Mund und sah zu, wie schnell sich diese in der kalten Luft auflöste. So klein und unbedeutend. Und keinen interessiert es, ob diese Wolke da ist oder nicht. Es hätte nicht ein Mal einen Unterschied gemacht, ob sie da war oder nicht. Für diese Welt iwar diese kleine Wolke Wasserdampf ein wahres Nichts. Eine Kreation ohne jeglichen schöpferischen Wert. Und mit genau dieser Überlegung zog ich los.

Hatte ich denn ein Ziel? Ja, das hatte ich sogar. Ein Ziel, welches mittlerweile zu einem Ort der innere Ruhe für mich wurde. Ein Ort, der mich immer wieder in seine Bahn zog und mich stundenlang bei sich behielt. Und was war das für ein magischer Ort?

Nun...ein Teich mitten im Nirgendwo.

Genau. Ich schleppte meinen Arsch durch diese gottverdammte Kälte wegen irgendeinem Teich komischen Teich. Klingt doch verdammt logisch, oder?

Ich weiß leider auch nicht mehr, wie es dazu gekommen ist, dass es mich nach dorthin verschlug. Es war doch eigentlich ein ganz normaler Tag. Naja, in meinem Leben ist gefühlt jeder Tag ein ganz normaler Tag. Denn wenn nichts interessantes passiert, ist auch nichts außergewöhnliches zu erwarten. Und was tat ich denn an so einem normalen Tag? Ich schweifte wie immer komplett verwirrt durch die Gegend, ohne etwas nützliches zu bewirken. Irgendwie besitze ich nur drei verschiedene Formen:

Verwirrt herumschweifen
Verwirrt rumsitzen.
Schlafen.

Naja, und irgendwann fand ich mich in diesem Dorf am ende der Welt wieder. Den Namen vergesse ich andauernd, aber der Name spielt manchmal keine Rolle. Die zum Beispiel war der Fall. Und dann saß ich verwirrt an diesem Teich und sah den Seerosen zu. Und ich war endlich mal ruhig. Die Gedanken schwiegen, ohne dass ich mich einsam fühlte. Die Zeit verging, ohne dass mir langweilig wurde. Die Welt schien für ein paar Momente wieder ganz normal zu sein.

Das war scheinbar der Ort, wo ich meine Ruhe fand. Und genau dahin ging meine Reise nun. Das bedeutete, eine ganze Stunde durch diese eisige Kälte trotten. In einem T-shirt. Was solls, habe schon schlimmere Sachen hinter mir.

Jaja, bestimmt.

Ich hasse meine Gedanken.

Ich dich doch auch.

Toll. Dankeschön.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 15, 2018 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Will I rise?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt