Abendröte

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Es fing alles an, als der Himmel im sanften rot erstrallte. Die Sonne ging hinunter und erfüllte den Himmel in ein zartes Lichtspiel aus rosa und rot. Es war einer der schönsten Zeiten, sie waren entspannt und immer schön anzusehen, so hatte sie jedenfalls immer gedacht. Jedes Mal wenn die Abendröte zu sehen war, saß sie da, ein Buch in der Hand, ihren zarten kleinen Körper in eine Wolldecke gesteckt, um sich vor der kälte zu schützen. Das Licht hielt sie extra etwas dunkler, um die Abendröte besser zu genießen. Diese Abende waren immer die schönsten gewesen, sie ließen sie die schlimmsten Dinge vergessen und in eine Welt hinabtauchen in der alles möglich war. Doch wenn sie sie heute sah, war alles anders. Es erinnerte sie an die Schmerzen, an das Blut, das langsam ihren Hals hinablief und an ihn, der ihr Blut genußvoll trank. Auch heute war das Lichtspiel wieder zu sehen, nur war es diesmal nur rot, so rot wie Blut. Er hatte sich einen Spaß daraus gemacht, sie zu ihrer liebsten Zeit zu besuchen. Eigentlich war er ziemlich spät, musste sie feststellen. Ein Windhauch erschien und wirbelte ihre langen Haare kurz auf. Er war da. Ihr Körper verspannte sich und sie zwang sich in der Position zu bleiben in der sie war. "Du versuchst immer noch dein Alltag zu bewahren" hauchte er ihr belustigt in's Ohr. Sofort überzog sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper und ließ sie wie ein verängstigtes Reh fühlen, das dem Jäger ausgesetzt war. "Wenn du nicht hier wärst, könnte ich es vielleicht auch" flüsterte sie leise, wusste aber, dass er sie gut hören konnte. Ein Lachen ertönte hinter ihr, doch sie wusste das es nicht echt war. Er fand es lustig sie so zu sehen, wie sie versuchte ihn aus ihrem Leben zu entfernen. Dabei wusste sie aber auch, dass sie es nicht mehr konnte und sich nur in ein Leben zu flüchten versuchte, dass es schon längst nicht mehr gab. Sie spürte seine Präsenz, wie er sich langsam runterbeugte, der heiße Atem auf ihrer Haut und die zarten Lippen von ihm hinterließen ein unangenehmen Schauern. Bald würde es soweit sein. Lange ließ er nicht auf sich warten. Die spitzen Zähne bohrten sich in ihre zarte Haut. Sofort fing er an zu schlucken und ignorierte dabei völlig die gequälten Geräusche die sie von sich gab. Es würde ihn auch nie interessieren, denn er war nun mal ein Monster. Ein blutrünstiges Monster, das den Menschen ihr Blut nahm. Ein Vampir, der durch die Nacht streifte und sie ausgewählt hatte sein Opfer zu werden. Während er trank, glitt ihr Blick langsam nach oben den Himmel hinauf. Das rot erstrallte in den kräftigsten Farben und lies es so wirken, als wollte es sie veralbern. Eine einzelne Träne rang ihr Gesicht runter. Würde sie es wohl jemals wieder als schön empfinden?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 06, 2019 ⏰

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