Kapitel 3

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Die Minuten vergingen wie Stunden und ich wurde immer nervöser mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich. Man konnte jetzt die Abstände zwischen den Erstütterungen des Flugzeugs genau abzählen. Genau 3 Sekunden. Und in diesen 3 Sekunden rüttelte das Flugzeug ununterbrochen.  1 2 3. Wieder das Rucken. Bloß stärker als alle anderen davor. Trotz des Sicherheitsgurtes wurde ich nach vorne geschleudert. Zum Glück rastete (schreibt/nennt man das so?) der Anschnaller kurz vor dem vorderen Sitz ein und ich wurde wieder nach hinten in das kalte Leder gedrückt.

Mein Herz pochte wie verrückt.

"Liebe Gäste wir werden in ungefähr 5 Minuten den Flughafen von Paris erreicht ha......", die Durchsage ging in ein Rauschen über, das dem eines alten Kastenfernsehers nicht unähnlich war.

Aufeinmal ging alles ganz schnell. Das Flugzeug drehte sich auf den Kopf und das Blut rauschte in meinen Ohren. Wie durch einen Schleier nahm ich die anderen Menschen und deren erschrockene Gesichter war. Das Gepäck, das oben in den Leisten lag rutschte zu Boden, welcher ja eigentlich die Decke war und ich hob leicht von meinem Platz ab. Nur meine verkrampften Hände an der Armlehne und der Anschnallgurt verhinderten, dass ich auch nach unten fiel. In meine Augen traten die Tränen und ich musste ein Schluchzen unterdrücken. Mein ganzer Körper war wie betäubt und ich nahm nur noch diese elende Angst in meinen Adern war. Das Atmen fiel mir schwer und ich hatte mittlerweile wahrscheinlich schon ein hochroten Kopf , den man leicht mit einem Feuerlöscher oder einer Tomate verwechseln könnte. "FEUER!",brūllte eine viel zu hohe weibliche Stimme und die Person der die Stimme gehörte zeigte panisch aus dem Fenster. Immernoch in Trance folgte mein Blick der Hand der Frau und was ich dort sah verbesserte die Lage nicht.

Das Triebwerk auf der linken Seite hatte Feuer gefangen und die Flammen breiteten sich  rasendschnell auch über den Flügel aus. Mich wunderte es, dass ich noch die Orientierung behalten hatte, wobei ich sonst eher eine verlorene Person war, dennoch konnte ich nicht verhindern, dass mir nun doch eine Träne aus dem Augenwinkel tropfte. Es sah nicht danach aus, dass der Flieger demnächst wieder normal fliegen würde. Auch das Rütteln hörte nicht auf. Wie wollten die Piloten bitte das Teil heil auf die Landebahn buchsieren? Nagut unbeschadet ging es eh nicht mehr. Wie immer in gefährlichen Situationen machte sich dieser blöde Sarkasmus bemerkbar. Die Lautsprecher gaben nun zischende Geräusche von sich, trotzdem konnte man einzelne Worte heraus hören.

"Im.......... Anflug

Landebahn.............. gefährlich *raschel*  Feuer *raschel* ausweglos  .............alle festhalten *raschel* versuchen alles in Macht stehende .............sichere Landung."

Man merkte, dass sich selbst die Piloten ihrer Sache und dem bevorstehenden Chaos und der Notlandung,  die wohl eher eine Bruchlandung werden würde, in diesem Moment nicht sicher waren. Sie versuchten wahrscheinlich den Fluggästen ihre Unsicherheit nicht Preis zu geben, doch das schafften sie nicht sonderlich gut. Durch einen Blick, vorbei an dem endlich aufgewachten Kerl zu meiner Rechten, sah ich, dass wir immer weiter abstiegen. Und das viel zu schnell und falsch herum. Mein Oberkörper pochte. Das Blut, welches durch meine Adern gepumpt wurde, ließ meine Gliedmaßen schmerzen und meinen Herzschlag beschleunigen.  Ich nahm vage den Geruch von verbranntem Metall war und solangsam drang der Rauch in den Passagierraum. Die Leute auf der linken Seite des Ganges mussten Husten und wie als wäre es eine hochansteckende Krankheit fingen die anderen auf meiner Seite auch an. So auch ich. Ich konnte nicht mehr aufhören. Wie bei einem Reizhusten. Der zu uns hinuberkommende Rauch brannte in meiner Lunge und meine Augenlider flimmerten verdächtig. "Dad", flüsterte ich.  Hoffentlich ging es ihm nicht so dreckig wie mir und wenn einer von uns das hier überleben sollte, dann war es wohl er. Er hatte so viel für mich getan und war immer für mich da gewesen. Er hatte sich rürend um mich gekümmert, wenn ich krank war. Als ich traurig war. Und als Mum aufgehört hat sich an meinem Leben zu beteiligen. Als sie angefangen hat mich zu vernachlässigen und als sie letzt endlich gegangen war und uns zurück gelassen hat. Er hatte es verdient zu Leben. Er hatte in seinem Leben noch so viel was er machen wollte, nicht so wie ich. Ich lief planlos und ohne irgenwelche guten Vorsätze durchs Leben und hatte auch nicht irgendwas weltbewegendes in der Tasche, wie ein weiteres Heilmittel gegen tödliche Krankheiten. Im Grunde genommen, war ich ein unwichtiger kleiner Mensch, der auf dieser Erde wandelte. Jemand den niemand brauchte, oder jemals lieben würde und könnte. Das Einzige was ich mir im Augenblick wünschte war, dass Dad überlebte.

I think it's called love (on hold)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt