Nun stand sie da, kreidebleich. Starr vor Schreck, konnte sich kaum rühren. Schaute in Richtung des Fitnessstudio, direkt auf die Eingangstür. Dort stand Timo und seine kleinen rattigen Mitläufer. Geradewegs gingen sie ins Fitnessstudio. Scheinbar schwänzten sie wieder, wäre nichts neues bei Timo und seiner Truppe.
Marina überlegte wild hin und her, ob sie nun auch reingeht oder doch lieber heimkehrt.
Doch sie hatte auf dem Weg zum Fitnessstudio einen kleinen Apfel gegessen und der Gedanke daran ohne Training mit Apfel im Magen nach Hause zu gehen war schrecklicher, als der Gedanke wieder erniedrigt zu werden.
Denn sie tut ja schließlich was dafür, nicht mehr die ekelhafte Pummel Qualle zu sein. Also ging sie, leicht zögernd auch ins Fitnessstudio. Direkt zum Thresen, um sich ihren Schlüssel fürs Schließfach zu holen. Eilte schnell Richtung Umkleide und zog sich ihre Sportkleidung an. Ein schlabbriges olive farbenes Shirt plus ihre graue Lieblings Leggings mit knall pinken Streifen rechts und links an der Seite. Schnell noch die blau lila Sportschuhe an, Wasserflasche mitnehmen und die Tasche im Schließfach verstauen. Gerade bog sie um die Ecke und stieß, wie sollte es auch anders sein, direkt in Timo rein.
Timo war ein recht großer Junge, um die 1,90 Meter, aber durch seine Muskeln wirkte er nicht schlaksig sondern eher wie ein Brecher.
Marina brachte ein kleines
>> Tschuldigung << raus und wollte schnell weiter Richtung Laufbänder, doch Timo hielt sie an ihrem schlabbrigen Shirt und zog sie zu sich.
>> Naa dass ich dich mal an solch einem Ort sehe hätte ich nicht gedacht, dachte du stopft dich wieder mit Eis voll, so wie du vorhin aus der Schule gerannt bist. Standest wohl auf Zucker Entzug <<, Timo lachte gehässig und seine Truppe gröhlte laut mit.
Marina, gekränkt und wütend von seiner Aussage, holte aus und *KLATSCH*
Blankes entsetzen war in den Blicken der Truppe und Timo zu sehen.
Sie konnte nicht glauben was gerade passiert war, hat sie ernsthaft dem coolsten und beliebtesten Jungen der Schule eine Backpfeife gegeben?
Im selben Moment merkte sie jedoch, dass es überhaupt nicht gut gewesen war, denn Timo zog sie an ihrem Zopf Richtung Klo. Drückte ihr Gesicht in ein Pissoir und sagte merklich angepisst zu ihr >> Meine Kollegen müssen bestimmt mal Wasser
lassen << und fordete zwei von ihnen, Marko und Julian, auf die Toilette zu benutzen mit Marinas Kopf drin. Nach einer gefühlten halben Stunde ließen sie von ihr ab. Nun saß sie da, zitternd und wimmern am Boden. Rappelte sich langsam auf, Kopf nach unten Richtung Dusche, um sich sauber zu machen. Gott sei Dank haben sie nicht ihre Kleidung getroffen sondern "nur" den Kopf.
Eigentlich wollte sie nur noch in ihr Bett und heulen, doch sie musste noch trainieren. Es war ein Zwang. Also quälte sie sich noch eine Stunde aufs Laufband, um bloß diesen Scheiß Apfel abzutrainieren. Ihr graute es schon vor Zuhause ihre Mutter wollte bestimmt, dass sie noch was von dem Auflauf isst. Ihr Training war für heute erstmal genug, sie war auch sehr geschafft. Holte sich schnell ihre Tasche, legte den Schlüssel auf den Thresen und wünschte der Mitarbeiterin noch einen schönen Tag. Sie schlenderte an dem herbstlichen Nachmittag nach Hause, leichter Regen glitt ihr übers Gesicht. So konnte man wenigstens nicht ihre glasigen Augen erkennen.
Vor der Haustür atmete sie tief durch und setzte ihr Fake lächeln auf und tat so, als sei der Vorfall im Fitnessstudio nie geschehen.
Marina schrie >> Bin wieder da
Mom <<
Ihre Mutter kam die Treppe runter und telefonierte offensichtlich mit Marinas Erzeuger. Scheinbar ging es wieder um sie. Wie immer, schließlich ist Marina der Versager hier.
Sie kam um den Auflauf drumherum, rannte in ihr Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Zog eine Kiste unter ihrem Bett hervor, eine pinke Kiste mit Hello Kitty drauf. Öffnete sie und zum Vorschein kamen einige Süßigkeiten, Chips und Energy Drinks und eine kleine extra Schatulle mit einer Klinge drin und ein wenig Verbandsmaterial.
Sie stopfte sich voll, leise wimmernd und hasste sich und ihren Körper abgrundtief. Einfach ein fetter hässlicher Wal mehr bin ich nicht.
Eine Aufmerksamkeitsgeile Schlampe.
Sie nahm die Schatulle mit ins Bad und schloss sich ein.
Machte die Dusche an, die aber nur nebenbei läuft.
Brach letztendlich heulend vor der Toilette zusammen, auf den kalten Fliesenboden. Klappte zögernd den Klodeckel hoch, überlegte noch ein paar mal hin und her und steckte sich den Finger in den Hals. Versuchte so gut wie alles aus dem Magen zu bekommen, denn noch mehr Speckrollen konnte sie echt nicht gebrauchen. Das wäre gefundenes fressen für Timo und seine Ratten.
Als sie kraftlos, mit gequollenen Augen und Bäckchen da saß, griff sie zur Klinge in der Schatulle und setzte sich ein paar Schnitte. Diesemal "nur" kleine, da sie keine Kraft mehr hatte aber der Druck war einfach so immens. Sie wusste einfach nicht anders damit umzugehen und an einem hässlichen fetten Wal ist es eh egal, dachte sie. Packte sie weinend wieder weg, klebte sich schnell ein großes Pflaster drauf und räumte alles weg. Machte die Dusche aus wickelte sich Handtuch um Kopf und Körper sodass es aussah, sie komme aus der Dusche.
Stolperte leicht benommen von diesem doch heftigen Rückfall in ihr Zimmer, schlüpfte in ihren Snoopy Schlafanzug und kauerte sich mit den Plüschtier ins Bett, heulend. Arm, Hals und Magen schmerzend vom erbrechen und schneiden.
>> Warum bin ich nur so ein nutzloser, fetter, kotzender Klumpen Scheiße? Warum kann man mich nicht auch mal liebhaben und lässt mich immer sitzen und macht mich fertig? Fällt doch eh keinem auf, wenn ich dann dran verrecke... <<
dachte sie und schlief mit Tränen in den Augen ein und hoffte, der nächste Tag würde besser werden.
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Marina - das Pummelchen von nebenan
KurzgeschichtenMarina, ein 15 jähriges Mädchen, hat schon so einiges erlebt. Obgleich Gutes, aber auch Böses. Begleite dieses junge Mädchen auf ihren Höhen und auch Tiefen. Wie sie sich durch ihre psychischen Krisen kämpft, neues an sich und ihrer Persönlichkeit e...