Kapitel 1

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Yasmin

Ich lasse die Haustür hinter mir zufallen und atme die kühle Winterluft ein. Ich liebe den Winter. Der Schnee unter meinen braunen Boots knirscht und ein eisiger Windstoss weht mir entgegen. In einem zügigen Schrittempo setze ich meinen Schulweg fort und beobachte währenddessen die Umgebung. Alle Dächer der Häuser sind von einer dicken Schneeschicht geschmückt, was im Januar aber auch kein Wunder ist. 

Ich lasse meinen Blick auf die andere Strassenseite schweifen und blicke neugierig auf den Umzugswagen, welcher nur vier Häuserweiter weg von unserem Haus auf der gegenüberliegenden Seite steht. Sämtliche Umzugskartons stehen neben dem Wagen und die Haustür des Hauses steht offen. Ich verlangsame meine Schritte und versuche einen Blick hineinzuwerfen, doch die Tür wird schnell geschlossen. ''Dann werde ich es halt anders erfahren'', sage ich leise zu mir und setze meinen Weg fort.

An der Schule angekommen muss ich erst einmal meine Gruppe suchen. Da alle meine Freunde in einer anderen Stadt wohnen, muss ich immer alleine zur Schule laufen, was mich aber nicht besonders stört. Mit meinen Blicken scanne ich den ganzen Schulhof ab.

Bei uns hat es keine Nerd- und Bitchgruppen wie in den High School Filmen, sondern einmal die sogenannten Lehrerlieblinge, einmal die Gruppe mit den hübschen und beliebten Mädchen und zuletzt noch die humorvolle, bunt zusammengewürfelte Gruppe, zu welcher ich gehöre. Die Jungs sind entweder sportlich und beliebt, Computerfreaks oder unbeliebt.

Ich steuere auf meine Freunde zu und prompt komme ich an, spricht auch schon meine beste Freundin Leyla los: ''Yasmin, rate mal, wer die Schule heute schwänzt?'' ''Ehm... Keine Ahnung?'', fragend schaue ich sie an. ''Wie es aussieht musst du heute wohl auf deinen Loverboy Brian leider verzichten. Der zieht heute in sein neues Haus ein und hatte kein Bock auf Schule''

Schade. Aber was solls, dann verpasse ich wenigstens nicht so viel Schulstoff, denn bei seiner Präsenz würde ich ihn nur verträumt anstarren. Das läuft schon ganze 2 Jahre so. Beachtet hat er mich bisher noch nicht, aber dafür werde ich schon sorgen.

Die Schulklingel ertönt und ich laufe alleine in den Mathematikraum. Alle anderen aus meiner Gruppe haben jetzt Italienisch, das ist ja mal so was von unfair.

Ohne jegliche Motivation laufe ich den Gang entlang und bewege mich schnell zum Mathematikzimmer, um nicht angerempelt zu werden.

Ich setze mich wie gewöhnlich in die letzte Reihe und hole mein Material hervor. Ich hasse Mathe. Man muss zwar nichts für Prüfungen auswendig lernen, aber wenn man etwas nicht versteht, fühlt man sich dumm.

Die ganze Mathestunde verging wie im Fluge.

Spass.

Diese Zeit ging grauenvoll langsam zu Ende. Ich hatte einfach so getan, als würde ich aufpassen, was ich eigentlich tun sollte, da ich bei Mathe überhaupt nicht durchblicke.

Genauso vergingen auch die restlichen Schulstunden, nur dass mir Leyla Gesellschaft leistete, die mich mit ihren Neuigkeiten über unseren Lieblingssänger Shawn Mendes vollaberte. Klar, ich mag Shawn, aber ein totales Fangirl bin ich nun auch wieder nicht.

Mit Kopfhörern in den Ohren und dem Blick auf den Boden gerichtet biege ich in unsere Strasse ein. Ich hebe meinen Blick, damit ich nicht wie früher im Kindergarten gegen eine Ampel oder einen Pfosten laufe. Glaubt mir, das ist so schmerzhaft und vor allem peinlich.

In meinen Gedanken vertieft hole ich mein Handy hervor, um mir ein anderes Lied anzuhören. Ich gehe meine Playlist durch und merke, dass ich das neue Lied von Shawn nicht aufgeladen habe. Leider hebe ich meinen Kopf zu spät und knalle mit meinen Kopf gegen etwas Hartes. 

''Scheisse!'', fluche ich zischend und reibe mir meine Stirn. Ich spüre den langsam aufkommenden Schmerz an meiner Stirn und stöhne auf. Naja, wenigstens blieb meine Nase verschont.

Mein Handy hatte ich aus Schock fallen gelassen, was mich nur noch lauter vor mich hin fluchen lässt. Ich hebe meinen Kopf und sehe eine weisse Fläche.

Verdutzt gehe ich einen Schritt nach hinten und erkenne den Umzugswagen von heute wieder. Innerlich betend, dass mein Handy noch funktioniert, hebe ich es auf und seufze erleichtert, als das heile Display mir die Zeit anzeigt und nach dem Code fragt.

Ein raues, melodisches Lachen ertönt von der Seite und ich reisse meine Augen auf. Diese Stimme kenne ich nur zu gut. Nein, bitte nicht. Ich spüre, wie meine Wangen zu glühen beginnen und bin gerade so froh, dass dies durch meiner eher dunkleren Haut nicht zu sehen sein wird.

Langsam drehe ich meinen Kopf auf die rechte Seite und erblicke wie erwartet Brian. Seine wunderschönen haselnussbraunen Augen blitzen belustigt auf und seine verdammt weich aussehenden, rosa Lippen sind zu einem Grinsen verzogen. Und ich habe so das Gefühl, dass er ganz genau weiss, was er für eine Wirkung auf Mädchen wie mich hat. Er fährt sich mit seiner rechten Hand durch seine verwuschelten, braunen Haare, die ich so gerne mal anfassen würde.

''Vielleicht trägst du nächstes Mal besser einen Helm. Wir wollen ja nicht, dass du deswegen eine Platzwunde kriegst'', grinst er und lehnt sich an die Türschwelle an, was einfach nur verdammt gut aussieht. Mein Herz setzt kurz aus, nur um danach doppelt so schnell zu schlagen und ich spüre, wie meine Knie weich werden. Ich merke, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt. Laut schlucke ich und probiere meine schnellen Atemzüge wieder zu normalisieren.

Oh mein Gott.

Wow. Brian Smith hat tatsächlich mit mir gesprochen. Mit mir, Yasmin Bree. Noch nie habe ich mich so sehr auf die Aufmerksamkeit einer Person gefreut, wie bei ihm. Mein Kopf scheint wie leer gefegt zu sein.

Ich sammle mich nach einer kurzen Zeit wieder und antworte so cool, wie möglich: ''Klar, nächstes Mal werde ich daran denken.'' Dabei bin ich mir sicher, dass das gerade alles Andere als cool war, denn während dem Sprechen hatten sich meine Lippen automatisch zu einem Grinsen verzogen. Ich will gar nicht wissen, wie bescheuert ich dabei aussehe.

Ich drehe mich schnell um, damit er sich diese Katastrophe nicht mehr ansehen muss. Der würde mich allein schon wegen meinem Gedichtsausdruck als Psychopathin abstempeln. Mit schnellen Schritten wechsle ich die Strassenseite und schliesse mit einem strahlenden Gesicht die Haustüre auf.

Heute sollte ich wohl lieber nicht mehr in den Spiegel schauen.

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Traurig aber wahr:

Ich bin tatsächlich als Kindergartenkind in Ampeln reingerannt.

Not A Cliché StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt