Kapitel 6 - Kompetente Hilfe

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Mit quietschenden Reifen kam Kathy im Hinterhof zum Stehen und sprang aus dem Wagen. Sekunden später hatte sie die Tür aufgerissen und betrat das Haus.

„Mom!", rief Kathy. „Scarlet!"

„Kathy?", kam es aus dem Wohnzimmer, kurz darauf tauchte ihre Großtante auf. Sie trug einen seidenen Hausmantel, hatte die silbergrauen Haare ausnahmsweise zu einem Dutt zusammengefasst und rauchte Pfeife. Kathy war wahrscheinlich noch nie so glücklich gewesen sie zu sehen.

„Scarlet, ist Mom da?"

„Nein, sie ist mit deinem Vater unterwegs. Was ist denn los?"

„Ich brauch dringend deine Hilfe, komm mit." Damit drehte sie sich um und rannte wieder aus der Hintertür hinaus in den Hof. Sie liebte ihre Großtante noch viel mehr, dass sie ihr ohne zu fragen folgte.

Kathy trat an ihr Auto und öffnete die Beifahrertür, währenddessen erklärte sie: „Joshua ist von einem Fluch getroffen worden. Du musst ihm helfen!"

„Ein Fluch?", fragte Scarlet, ihre dunklen Augen wurden hart. „Erzähl mir alle Einzelheiten."

Das tat Kathy, ratterte alle Details herunter an die sie sich erinnern konnte, während ihre Tante den mittlerweile bewusstlosen Hexer mit Hilfe eines Zauberspruchs ins Haus schweben ließ. Auf dem großen Esstisch in der Küche legten sie ihn ab.

„Warum seid ihr nicht ins Krankenhaus gefahren?"

„Joshua wollte nicht und ich hatte Angst mit ihm zu diskutieren, während er vor meinen Augen verblutet."

„Männer", schnaubte die alte Frau. Sie rollte die Ärmel ihres Hausmantels hoch, ehe sie Kathy ansah. „Du gehst hoch in mein Zimmer und holst die große braune Ledertasche neben meinem Schreibtisch. Du weißt welche?"

Hektisch nickte Kathy und rannte los. Sie brauchte keine zwei Minuten, bevor sie schwer atmend und mit der Tasche in der Hand zurück in der Küche war. In der Zwischenzeit hatte Scarlet mit einer Schere das T-Shirt von Joshuas Oberkörper entfernt.

Der Anblick der Verletzung war nicht schön. Das Fleisch an seiner Schulter sah aus, als wäre es aufgeplatzt. Blut sickerte aus der Wunde und verschmierte seinen Oberarm sowie die halbe Brust.

Scarlets zierliche Hände, die mit Falten und Altersflecken überzogen waren, bewegten sich in grazilen Schleifen über der Verletzung. Dabei hatte sie die Augen halb geschlossen, ihre Lippen bewegten sich, aber man konnte nichts hören.

„Sehr ungewöhnlich", sagte sie schließlich. Mit einer ungeduldigen Handbewegung deutet sie auf ihre Tasche. „Ich brauche Salbei, Rosmarin, Lotuswurzel und Melisse. Und hol den Mörser und das Leinöl aus der Speisekammer."

Eilig suchte Kathy alles zusammen. Dabei konnte sie sich nicht davon abhalten immer wieder zu Joshua zu blicken. Seine Haut schien immer blasser zu werden. Sie musste sich extrem zusammenreißen um ihre Großtante nicht zur Eile anzutreiben.

Scarlet war eine erfahrene Kräuterhexe, sie kannte sich mit Heilsprüchen aus. Es würde schon alles wieder gut werden. Ganz sicher. Wie ein Mantra kreisten diese Worte durch Kathys Kopf.

Sie beobachtete Scarlet dabei, wie sie die Kräuter eins nach dem anderen in den Mörser gab, sie zerrieb und dabei das Öl hineintropfen ließ. Dabei murmelte sie einen Zauberspruch, immer wieder. Kathy kannte ihn, er diente zur Reinigung vom Bösen und zur Heilung. Mit jeder Silbe konnte Kathy spüren, wie die Mixtur an Kraft gewann.

Weil es sicher nicht schaden konnte, stellte sie sich neben Scarlet und begann die Worte zu wiederholen – der Effekt war erstaunlich: Die Paste im Mörser begann sanft grün zu glühen, die Magie darin potenzierte sich um ein Vielfaches.

Magical Stories - Zauberhafte Kurzgeschichten (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt