Ich steckte das letzte Fünkchen Liebe in die Umarmung, das ich noch übrig hatte. Ein letztes Lächeln, dann ließ ich dich gehen. Ich war alleine, aber das war nichts schlechtes. Denke ich zumindest. Ich umklammerte die Riemen meiner Schultasche und begann den Weg nachhause zu bestreiten.
Die kalte Herbstsonne erleuchtete den Himmel. Ich war völlig ausgelaugt und konnte kaum erwarten mir gemütlichere Kleidung anzuziehen. Meine Schritte beschleunigten sich. Vielleicht konnte ich dann auch noch ein bisschen Klavierspielen und Zeichnen. Ich hatte mir doch vor Kurzem die erweiterte Version von Star Wars besorgt, die würde ich heute auf jeden Fall beginnen! Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Solche Tage sollte es öfter geben.
Plötzlich vibrierte mein Handy. Er war es schon wieder. Zögernd hob ich ab. Natürlich würde ich mich mit ihm treffen. Was denn auch sonst. Wann konnte ich denn jemals Nein sagen?
Nachdem wir uns begrüßt hatten ging es los. Maske auf, Lächeln an! Sich über belangloses Zeug unterhalten, dass uns beide eigentlich nicht interessierte und ja nicht schlecht gelaunt oder müde rüberkommen. Sonst könnte er ja womöglich denken, dass ich nicht so perfekt war, wie ich vorgab zu sein.
Dann kam der schlimmste Teil: die Verabschiedung. Nur nicht zu abweisend, aber auch nicht hoffnungserweckend. Ich konnte in seinen Augen erkennen, dass er bereit war etwas äußerst Dummes zu tun. Wie ich es befürchtet hatte nahm er meine Hände in seine und begann zu reden.
Wenn du eine Person liebst sind ihre Berührungen wie eine Droge: Du kannst nie genug bekommen. Wenn du es allerdings nicht tust, ist es eines der unangenehmsten Dinge, die du erleben kannst.
"Wurdest du schon jemals von jemanden geküsst?"
Ich wusste genau worauf diese Frage hinauslaufen würde. Das unangenehme Gefühl in meiner Magengegend verstärkte sich immer mehr. Ich wollte hier weg.
"Nein, aber das muss in nächster Zukunft auch nicht sein!", antwortete ich mit einem Lächeln. Verzweifelt versuchte ich die Situation zu entschärfen. In seinen Augen suchte ich nach einem Zeichen dafür, dass er die Bedeutung meiner Aussage verstanden hatte.
Ich hasste diesen Gesichtsausdruck. Er nutze mein Mitgefühl aus um meine Zuneigung zu gewinnen. In diesen Momenten würde ich ihn am Liebsten anschreien. Dennoch tat ich das genaue Gegenteil. Warum? Wenn ihr eine Antwort habt, sagt sie mir bitte.
Ich redete ihm gut zu und wir Beide spielten noch kurz auf manipulative Art mit den Gefühlen des jeweils anderen. So war jedes Treffen und so würde jedes Weitere verlaufen, das wusste ich. Nichts was ich ihm sagte, kam von Herzen. Das tat weh.
Manchmal wünschte ich wir hätten uns nicht kennengelernt. Langsam und müde ging ich nachhause. Die Sonne war bereits untergegangen.
