Eine Verwarnung und ein Name

1.6K 136 12
                                    

Bakugou hatte den Kopf auf die Tischplatte gelegt und lauschte nur mit halbem Ohr dem Unterricht. Die letzte Nacht war unfassbar kurz gewesen. Nachdem er seinen eigenen Namen auf der Liste gefunden hatte, hatte er doch Name für Name die komplette Seite durchgelesen. Doch abgesehen von Kirishimas und seinem eigenen, kannte er tatsächlich keinen einzigen. Er hatte sich danach ins Bett gelegt und sich fest vorgenommen noch ein paar Stunden zu schlafen, bevor früh der Wecker klingelte. Aber immer wieder schweiften seine Gedanken zu dieser ominösen Liste zurück. Warum stand sein Name darauf und ausgerechnet neben Kirishimas? Und noch viel wichtiger: Wer hatte diese Liste geschrieben? Kurz hatte Bakugou überlegt, ob ein Schurke, vielleicht sogar die Schurkenliga dafür verantwortlich war. Aber wenn dies der Fall wäre, was war das dann für eine Liste? Eine Mitgliederliste? Eine Todesliste? Doch Bakugou wusste, dass es das nicht war. Es gab keinen Grund für die paarweise Anordnung der Namen und wenn jemand wirklich Böses mit diesen Personen vorhaben sollte, wäre er schön dumm alles säuberlich auf eine Liste zu schreiben. Abgesehen davon, dass man dafür normales Papier und Kugelschreiber hätte nehmen können. Bakugou wusste, dass es irgendetwas mit dieser Liste auf sich hatte, aber ihm fiel partout nicht ein, was es sein könnte. Lange hatte er sich gestern Nacht darüber den Kopf zerbrochen und war erst langsam weggedämmert, als der Morgen schon anbrach. Und kurz danach klingelte der Wecker, sodass der unfassbar müde zur Schule gekommen war.

Das Läuten verkündigte das Ende des Unterrichts. Bakugou verzog genervt das Gesicht. Nur noch zwei Unterrichtsstunden und er konnte sich zurück in sein Bett legen.

„Bakugou! Bleib doch bitte einen Moment hier!", hörte er Aizawa sagen.

Jetzt wollte auch noch Aizawa was von ihm? Na toll. Mit schlechter Laune ging er nach vorne zum Lehrerpult, während die anderen das Klassenzimmer für die Mittagspause verließen. Kirishima warf ihm kurz einen fragenden Blick zu, doch Bakugou zuckte nur mit den Schultern und der Rothaarige folgte Kaminari und Sero nach draußen.

„Was gibt's?", fragte Bakugou grantig.

Aizawa runzelte die Stirn, aufgrund des schroffen Tonfalls, den Bakugou an den Tag legte. Er betrachtete den unverbesserlichen Jungen und seufzte bevor er sprach. „Du weißt, dass alle hier an der UA seit dem Vorfall in Kamino in höchster Alarmbereitschaft sind. Wir haben euch hier ins Wohnheim geholt, damit wir euch beschützen können. Warum also hast du heute Nacht das Wohnheim verlassen?"

Bakugou erstarrte. Er hätte nicht gedacht, dass ein kurzes Verlassen des Gebäudes bei Nacht ein Problem darstellen würde und erst recht nicht, dass es jemand bemerkte.

„Überwachen Sie uns etwa?", fragte er stirnrunzelnd.

Aizawas Blick war streng. „Nicht direkt, aber es laufen nachts regelmäßig Patrouillen über das Gelände und jemand hat dich gesehen. Außerdem hat das System registriert, dass die Haustür mit deinem Schlüssel geöffnet wurde. Du kannst nicht erwarten, dass wir euch beschützen können, ohne euch im Auge zu behalten. Und ausgerechnet du solltest dich vorsehen, da die Schurkenliga offenes Interesse an dir gezeigt hat."

Bakugou starrte seinen Lehrer an. Aizawa hatte da durchaus einen Punkt, aber er hatte einfach nicht daran gedacht. Den Vorfall in Kamino hatte er natürlich nicht vergessen - er würde wohl nie vergessen, dass er das Ende der All Might Ära herbeigeführt hatte - aber all das lag jetzt schon eine Weile zurück und er hatte es verdrängt. Der Verräter war noch immer nicht gefunden und es war tatsächlich unvernünftig gewesen so unbedacht mitten in der Nacht herauszugehen.

Bakugou schnaubte, zu stur für eine Entschuldigung.

„Du erhältst eine Verwarnung.", sagte Aizawa, „Mach es einfach nicht wieder. Und jetzt geh, bevor die Pause zu Ende ist!"

Bakugou zuckte mit den Schultern und ging Richtung Cafeteria.

Die anderen waren größtenteils schon fertig, als er sich ein Tablett nahm um sich sein Mittagessen zu holen. Immerhin war jetzt die Schlage nicht so lang. Schnell bekam er seine Mahlzeit und schaute sich nach einem freien Platz um. Kirishima winkte und zog damit die Aufmerksamkeit des Blondschopfes auf sich.

„Hey Bakugou!", empfing ihn Kirishima freudestrahlend. Sein breites Lächeln zeigte seine spitzen Zähne und seine roten Haare waren wie üblich in wilden Spitzen nach oben gegelt.

„Shitty Hair.", sagte der Blonde nur, nickte ihm aber grüßend zu, während er den anderen am Tisch keine Beachtung schenkte.

Er aß stillschweigend sein Essen, in dem Bemühen möglichst schnell fertig zu werden, da sein Pause durch Aizawas Besprechung ziemlich kurz geworden war. Kirishima schaute immer wieder zu ihm, einen fragenden Ausdruck auf dem Gesicht.

„Warum musstest du bleiben?", fragte schließlich, als er sah, dass Bakugou mit dem Essen fertig war.

Bakugou zuckte mit den Schultern. Er wollte nicht erzählen, was er heute Nacht gemacht hatte.

„Hat ihm wohl nicht gefallen, dass ich im Unterricht geschlafen habe.", log er. Vielleicht sollte er Kirishima doch davon erzählen, schließlich stand sein Name auch auf der Liste. Aber nicht während der Mittagspause, wo jeder mithören konnte.

Kirishima runzelte die Stirn. Er spürte, dass er nicht die Wahrheit sagte, aber er wollte den Blonden nicht drängen. Er schien ziemlich müde, was hatte er wohl die Nacht gemacht?
Das Vorklingeln verkündete das Ende der Pause und alle standen auf, um ihre Tabletts wegzubringen.

Bakugou seufzte ehe er sich auf seinen Platz im Klassenzimmer setzte. Nur noch zwei Stunden, dachte er. Nur noch zwei Stunden und dann hätte er es geschafft.

---

Bakugou zählte die Minuten bis zum Unterrichtsende. Als dann schließlich das erlösende Klingeln kam stöhnte er erleichtert und schulterte schnell seine Tasche, um sich schnell auf den Rückweg zum Wohnheim zu machen. Kirishima sah ihn zügig den Raum verlassen und lief ihm hinterher.

„Bakugou!", rief er, während er zu dem Blonden aufschloss.

Dieser antwortete nicht, verlangsamte seinen Schritt jedoch etwas, sodass der Rothaarige aufholen konnte.

„Hast du zufällig Lust mit auf ein Konzert zu kommen? Kaminari hat Karten übrig."

Bakugou unterdrückte den Drang sofort abzulehnen.

„Was für'n Konzert?", brummte er.

„Ähm ehrlich gesagt kenne ich die auch nicht, scheint wohl irgendetwas Richtung Indie zu sein. Die Säng-"

„Nicht mein Fall.", unterbrach Bakugou ihn.

Kirishima blickte enttäuscht, nickte aber. „Wenn du es dir anders überlegst, sag Bescheid. Die Sängerin heißt Suzuki Touru und das Konzert ist in zwei Wochen."

Bakugou erstarrte. „Wie heißt die?"

„Suzuki Touru.", antwortete Kirishima, überrascht von Bakugous plötzlichem Interesse. „Wieso? Kennst du sie?"

Bakugou schüttelte den Kopf. Nein, er kannte nur ihren Namen. Er hatte ihn gestern Nacht auf der Liste gelesen.

AMORS LISTE (Kirishima x Bakugou)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt