AMORS LISTE (Kirishima x Bakugou)

Pikachus Rat

Zwei Tage war es her, dass Bakugou Kirishima geküsst hatte und dieser aus dem Zimmer gestürmt war. Es war Freitag morgen und sie hatten Unterricht. Present Mic stand hinter dem Lehrerpult und unterrichtete Englisch, wie gewöhnlich in etwas zu hoher Lautstärke. Im Ernst, Bakugou würde nach dem Unterricht erst einmal eine Tablette gegen das Dröhnen in seinem Kopf nehmen müssen.

Bakugous ertappte sich dabei, wie er immer wieder zu dem Rothaarigen blickte. Kirishima hatte ihn die letzten Tage ignoriert. Er sah nicht gut aus. Er hatte tiefe Ringe unter den Augen und seine Haare fielen ihm ungestylt auf die Schultern – was Bakugou eigentlich gar nicht schlecht fand, wenn Kirishima dabei nicht so traurig dreingeblickt hätte. Kirishima hatte den Kopf auf den Tisch gelegt und schien dem Unterricht nicht annähernd zu folgen.

Auch wenn Kirishima seinen Blickkontakt wie schon die letzten Tage tunlichst vermied, spürte er das ein anderes Augenpaar immer wieder auf ihn fiel. Genervt drehte er sich um und sah in die nachdenklichen gelben Augen Kaminaris.

Bakugou zog fragend eine Augenbraue nach oben. Was hatte er für ein Problem? Kaminari wandte seinen Blick ab und sah herüber zu Kirishima. Bakugou schaute schnell weg. Anscheinend wusste Pikachu Bescheid und er spürte, wie sich seine Wangen erhitzten. Verdammt, wurde er gerade tatsächlich rot?

Der Blondschopf versuchte sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht. Ging es Kirishima wegen seinem Vater so schlecht oder war es seine Schuld? Wahrscheinlich war es beides. Aber den Rothaarigen in einer solchen Verfassung zu sehen, brach Bakugou das Herz, von dem er nicht einmal wusste, dass er es besaß. Er musste irgendetwas tun und gleichzeitig hatte er Angst alles nur noch schlimmer zu machen. Schon in dieser kurzen Zeit vermisste er Kirishimas aufdringliche Einladungen und sein ständiges fröhliches Grinsen. Momentan sah er eher so als würde er von der nächsten Brücke springen.

Das Blut gefror in seinen Adern, als er an den Selbstmordfall dachte, auf den er während seinen Recherchen gestoßen war. Er atmete scharf ein, was ihm einen verwunderten Blick von Deku einbrachte. Bakugou schenkte ihm einen Todesblick.

Kirishima war stark und nicht so feige um so etwas zu tun! So zumindest dachte er so über ihn, aber wie gut kannte er ihn wirklich? Er hätte von einem so offenen Menschen auch nicht erwartet, dass er solche Angelegenheiten wie die Krankheit seines Vaters vor seinen besten Freunden geheim hielt. Nervös trommelte er mit dem Stift auf sein Heft. Er musste irgendetwas unternehmen! Und sei es nur sich zu einfach zu entschuldigen.

Dann dachte er an Amors Liste. Wie war diese Liste in seine Hände gekommen? Offensichtlich war dem Liebesgott ein Fehler unterlaufen. Er mochte Kirishima gerne und die Vorstellung, dass ihm etwas zustoßen könnte war schrecklich, aber wie auch immer Amors Zauber funktionierte, schien er nicht davon betroffen zu sein.

Fast wünschte er sich, er würde sich einfach in Kirishima verlieben. Wäre nicht alles anders gelaufen, wenn ihn dieser verfluchte Liebespfeil auch getroffen hätte?

Es klingelte und Bakugou atmete erleichtert aus. Present Mic verkündete noch die Hausaufgaben, dann konnten sie endlich gehen.

Er war gerade dabei den Raum zu verlassen, als ihn jemand zurückhielt. Genervt schüttelte Bakugou die Hand auf seiner Schulter ab ehe er sich umdrehte. Vor ihm stand Kaminari.

„Ich muss mit dir reden.", sagte dieser bestimmt. In seinen gold-gelben Augen spiegelte sich eine ungewohnte Ernsthaftigkeit.

Bakugou zuckte mit den Schultern und folgte ihm. Kaminari ging nicht weit, nur in den nächsten Flur, um mit ihm ungestört zu sein.

„Was hast du mit Kirishima gemacht?", fragte er. Anklagend sah er ihn an. „Er ist nicht mehr er selbst, so habe ich ihn noch nie erlebt!"

Bakugou verschränkte die Arme. Der schroffe Tonfall Kaminaris gefiel ihm gar nicht und erst recht nicht, dass er sich in seine Angelegenheiten einmischte. Zumal es Kirishima sicherlich nicht nur wegen ihm so schlecht ging. Schließlich war sein Vater im Krankenhaus. Aber das konnte er Kaminari schlecht sagen, schließlich hatte Kirishima ihm das nicht anvertraut.

„Wie kommst du darauf, dass ich daran schuld bin?"

Kaminari verschränkte ebenfalls die Arme und musterte den Blonden. „Kirishima hat eine Andeutung gemacht."

Bakugou Herz sank ihm in den Magen. War es tatsächlich alles wegen ihm? „Ach ja, was hat er denn gesagt?"

Kaminaris Augen verengten sich zu Schlitzen. „Er wollte es mir nicht genau sagen, aber was es auch war, entschuldige dich! Du bist ihm wichtig, und er ist mein Freund. Ich kann ihn so nicht sehen!"

Bakugou biss sich auf die Zunge, um nicht ungehalten zu antworten. Kaminari, der ihm sagte, was er zu tun hatte, war etwas was ihm gehörig gegen den Strich ging. Dennoch wusste er, dass er recht hatte.

„Denkst du, mir geht es anders?", fragte er stattdessen. Seine Stimme hatte seinen harten Klang verloren.

Kaminaris öffnete verblüfft den Mund. Wahrscheinlich hatte er nicht gedacht heil aus diesem Gespräch herauszukommen. Er räusperte sich. „Im Ernst man, was hast du gemacht?"

„Wenn Kiri es dir nicht gesagt hat, werde ich es auch nicht tun."

„Kiri, ja? Nicht Shitty Hair?"

„Klappe Pikachu!"

Kaminari fasste sich ans Herz, als hätte ihn das tief getroffen, aber auf seinem Gesicht spiegelte sich ein verschmitztes Grinsen. Bakugou runzelte genervt die Stirn. Was sollte dieses Grinsen?

„Wie auch immer, ich wollte sichergehen, dass du das wieder gerade biegst.", sagte er. „Er kommt morgen früh wieder."

Bakugou hob fragend eine Augenbraue.

„Er fährt heute zu seinen Eltern.", erklärte Kaminari.

Ins Krankenhaus, korrigierte ihn Bakugou in Gedanken. Er nickte dem anderen kurz zu und ging dann kommentarlos in Richtung Wohnheim. Er würde sich an Pikachus Rat halten, auch wenn er ihn natürlich gar nicht gebraucht hätte, und alles bei der nächstbesten Gelegenheit in Ordnung bringen. Nichts wollte er im Moment lieber, als Kirishima so schnell wie nur möglich wieder glücklich zu sehen. Dennoch war er froh, dass er jetzt ein wenig Zeit hatte darüber nachzudenken, was er zu ihm sagen könnte.