Beobachter (Sandra+Hr. Schwarz)

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Ich sitze in der 2. Reihe und schaue in diese wunderschönen grasgrünen Augen, welche durch den Raum blicken. Sie funkeln, als sie auf jemanden Treffen, welcher das Funkeln erwiedert. Sie sehen sich an und obwohl es niemand außer mir sieht, sehe ich ihre Zuneigung zueinander. Ich schaue ihn immernoch an.

Er löst schwerenherzens seinen Blick, lässt ihn weiter durch die Klasse huschen, als er auf mich trifft. Ein Schmerz breitet sich aus, als er mich anlächelt, seinen Blick aber in sekundenschnelle weiter ziehen lässt. Ich senke den Blick. Meine Wangen sind bestimmt so rot wie der Sonnenuntergang. Ich schaue zu ihr hinüber. Sie ist auch rot, doch im Gegensatz zu mir, zeigt sie es offen. Sie lächelt über beide Ohren und sieht ihn an. Nun huscht mein Blick wieder zu ihm, wie er in seinem weißen Shirt aussieht wie ein durchtrainierter Gott, mit seinen blonden Locken und seinem strahlend weißen Lächeln. Er schreibt kurz etwas auf, wahrscheinlich um keine aufmerksamkeit zu erregen, doch ich merke wie er seine Blicke immer wieder zu ihr huschen lässt. Wie er sehnend ihr Haar betrachtet, ihre Lippen.

Ich atme schwer aus. Wenn ich so aussehen würde wie sie, wäre das besser? Würde er mich dann mehr wertschätzen? Würde er mich dann vielleicht so ansehen, wie er sie ansieht? Ich kritzele in mein Heft. In der Klasse ist es still. Jeder bearbeitet die Aufgaben, außer mir. Ich bemerke wie er aufsteht als sie sich meldet. Es scheint, als wäre er bloß ein aufmerksamer Lehrer, doch zeitgleich sehe ich die Blicke welche sie einander austauschen. Sie kichert, als er ihr etwas sagt, sodass nur sie beide es verstehen. Ihre Augen funkeln, als sie sich anschauen und ich fühle mich wie der perverse Beobachter, welcher aus dem Dunkeln zu ihnen schaut. Und als sie vielleicht die Blicke auf sich merkt, schaut sie mich aus ihrem Augenwinkel an, sodass ich mich wie ein Eindringling fühle. Schnell senke ich den Blick auf meine Kritzelein, male hektisch weiter um zu vermitteln: Ich habe nichts gesehen.

Ich fange gerade mit der ersten Aufgabe an, die anderen sind schon viel weiter. Ich verspanne mich, als ich merke wie er hinter mich tritt. Ich rieche seinen tollen Duft, welcher Stets um ihn ist und muss kurz meine Augen schließen um ihn zu genießen. Ich merke als er sich neben mich, auf den freien Platz sitzt und sich vorbeugt und auf mein Heft sieht. Herr Schwarz sieht mich von der Seite an, ich sehe nicht einmal von meinem Blatt auf, bis er fragt: "Du hast noch garnicht wirklich angefangen. Verstehst du alles?"

Ich weiß nicht woher mein plötzliches Selbstbewusstsein ihm gegenüber kam, da ich eigentlich immer sehr ruhig und schüchtern war wenn er um mich war, aber vielleicht war es die Eifersucht welche aus mir sprach. Ich versuche mich so gerade wie möglich aufzusetzen und sehe ihm direkt in die Augen als ich etwas zu harsch ihm entgegen sage: "Interessiert Sie das auch in irgendeiner Weise? Ich glaube nicht, sonst würden Sie ja nicht mit....", ich stocke für einen Moment. Mein Selbstbewusstsein verschwand, so wie meine Eifersucht es tat. "...Ach vergessen Sie es." Ich wende den Blick ab. Er weiß wovon ich sprach. Und jetzt wusste er nicht was zutun war. Er wusste nicht ob ich sicher war, ob ich dicht halten würde.

"Sarah, hör zu, du verstehst das falsch...", er hatte verzweifelt das Gesicht in die Hände gelegt. "Nein. Ich verstehe alles richtig.", antwortete ich trocken. Was schuldete ich ihm schon? Hatte er mich je beachtet? Es war ein Wunder, dass er sich immer noch nicht meinen Namen gemerkt hatte, nach all den Jahren. Ich hieß für ihn immer Sarah. Aber seit dem ersten Tag, hatte er sich ihren Namen gemerkt.

Verzweifelt beißt er seine Kiefer aufeinander und runzelt die Stirn. "Bitte bleib kurz nach der Stunde.", war das einzige was er sagt als er aufsteht. Was schuldete ich diesem Typen, den ich liebte auch wenn er mich Sarah nannte. In den ich mich verliebt hatte, er sich aber nicht in mich. Sondern in sie.

Die Stunde ist vorbei. Er hat keinen Ton mehr gesagt. Er hat sie kein einziges Mal mehr abgeschaut und ich merkte wie sie sich Sorgen um ihn machte. Sie wartete unauffällig darauf dass alle weg waren, so wie immer um mit ihm alleine zusein. "Entschuldige Fiona, heute kann ich deine Fragen nicht mit dir durchgehen. Bitte geh.", er sagte es ohne jegliches Gefühl. Und ich sah wie verletzt sie war. Nachdenklich, ob sie etwas falsch getan hatte, ging sie, verwirrt. Und tief im Inneren, wollte ich das. Ich wollte dass sie sich so fühlt.

Ich blieb sitzen. Er kam zu mir. "Sarah, das... scheiße. Ich... Fiona... das ist eben so entstanden. Wir beide können nichts für unsere Gefühle zueinander.", sagte er, verweifelt vielleicht auch erleichtert endlich mit jemandem darüber reden zukönnen. Ich schnaubte und somit zog ich seine Aufmerksamkeit erneut auf mich. So wie ich es immer wollte. Beachte mich, liebe mich, behandele mich nicht wie Luft. "Und?" Ich versuchte meine Gleichgültigkeit darzustellen, obwohl es mir nicht gleichgültig war. Ich war verletzt.

"Ich bitte dich, es niemandem zusagen. Bitte.", er schien wirklich verzweifelt. Liebt er sie wirklich so sehr, dass er seinen Beruf für sie aufgeben würde? "Sie selber haben sich da reingeritten.", sage ich. Seinen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. Es war Erkenntnis. Erkenntnis seines eigenen Handeln. Und diese spielte sich in Verzweiflung wieder. "W-wieso?", er war kurz davor in Tränen auszubrechen und ich hasse es ihn so zusehen. Ich hasse es der Grund zusein, für seine Sorgen, Traurigkeit, doch... ich war egoistisch. "Vielleicht sehen Sie mich als grausam an, da ich Ihnen Ihre kleine Affäre nicht zu vertuschen helfe. Doch auch ich habe meine Gründe, Herr Schwarz. Denn wenn Sie es noch nicht gemerkt haben, heiße ich Sandra. Ich war seit sie den ersten Schritt in dieses Gebäude gemacht haben, hin und weg von Ihnen." Ich fange an zu weinen. "Falls Sie es noch nicht gemerkt haben." Ich schnaube verächtlich. Er sieht mir in die Augen, Tränen laufen seine Wangen herunter und leise lacht er.

"Scheiße." Er zog die Nase hoch. "Sandra, scheiße." Er realisierte es erst jetzt. Wie lange lag ich in seinem Schatten? Nie hatte er mich bemerkt.

Ein letztes Mal sah ich mir ihn an und mit einem Loch in meinem Herzen, drehte ich mich um, um zu gehen. Vielleicht zum Direktor.

Doch bevor ich den Raum endgültig verlassen konnte, sagte er: "Und wenn wir beide es wären? Wenn wir uns lieben würden?" Ich machte halt. "Tun Sie das? Lieben Sie mich?", fragte ich. Ich erwartete keine Antwort, denn als ich mich umdrehte und seinen gesenkten Blick sah, war es mir Antwort genug. Mein Herz schmerzte und nun liefen mir unkontrolliert die Tränen herunter. Schnell öffnete ich die Tür, hinaus in den Gang um von hier zu verschwinden, als ich fast in sie hinein lief. Wortlos sahen wir uns, meine Tränen liefen immernoch an meinem Gesicht herunter, an. Ich sah ihr ihre Verwirrtheit an, als sie abwechselnd zu mir und der noch offenen Tür sah. Langsam erwachte ich aus meiner Starre und ging an ihr vorbei. Und ich wusste nicht was ich tun sollte. Weinen, oder lachen.

Ich schwöre euch, die nächsten Kapitel sind nicht so grottig wie das hier. Danke.
xx M.

A teacher's nobody (ONE SHOTS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt